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So sehr scheint den Portugiesen das Lebensgefühl der Saudade eigen zu sein, daß es für ihre Definition bislang keine Notwendigkeit gab. Im Gegenteil: Indem sie diese besondere Art glückvoller Melancholie zum Kern ihrer Existenz und damit zu ihrem Geheimnis erklären, stricken sie weiter an einem portugiesischen Mythos. Es ist diese Mystifikation eines universellen Gefühls, die jener Schwermut ohne wahre Tragödie ihre kulturelle Bedeutsamkeit verleiht - sei es in der Literatur Fernando Pessoas oder in den Gesängen des Fado - und aus der Saudade das Kennzeichen portugiesischer Sensibilität macht.…mehr

Produktbeschreibung
So sehr scheint den Portugiesen das Lebensgefühl der Saudade eigen zu sein, daß es für ihre Definition bislang keine Notwendigkeit gab. Im Gegenteil: Indem sie diese besondere Art glückvoller Melancholie zum Kern ihrer Existenz und damit zu ihrem Geheimnis erklären, stricken sie weiter an einem portugiesischen Mythos. Es ist diese Mystifikation eines universellen Gefühls, die jener Schwermut ohne wahre Tragödie ihre kulturelle Bedeutsamkeit verleiht - sei es in der Literatur Fernando Pessoas oder in den Gesängen des Fado - und aus der Saudade das Kennzeichen portugiesischer Sensibilität macht. Lourenços philosophische und literaturwissenschaftliche Essays suchen nach einer Antwort auf die Frage, warum sich ein ganzes Volk mit Genuß zur Saudade bekennt.
Autorenporträt
Der Essayist und Literaturkritiker wurde 1923 in San Pedro do Rio Seco in der portugiesischen Provinz Almeida geboren. Nach dem Abschluß seines Geschichts- und Philosophiestudiums in Coimbra 1946 war Eduardo Lourenço als Dozent der Philosophie einige Jahre an der dortigen Universität tätig. 1954 verließ er Portugal und lehrte portugiesische Sprache und Kultur an verschiedenen ausländischen Universitäten.
Fünf Jahre später bekam er einen Lehrstuhl an der Universidade da Bahia in Salvador/Brasilien. Seit 1959 lebte Lourenço in Frankreich, wo er bis 1988 an unterschiedlichen Universitäten lehrte.
Mit dem geschärften Blick desjenigen, der nicht im eigenen Land lebt, betrachtete er Kultur, Geschichte und Politik Portugals. Er schrieb für unterschiedliche Zeitungen und Zeitschriften und war seit 1988 der Direktor der portugiesischen Zeitschrift Finisterra.
Seine Schriften wurden durch zahlreiche Auszeichnungen honoriert; 1996 erhielt er den bedeutendsten Preis der portugiesischsprachigen Welt, den Premio Camões. Eduardo Lourenço starb am 1. Dezember 2020 in Lissabon.

Ulrich Kunzmann, geboren 1943, studierte Romanistik und arbeitete zunächst 20 Jahre lang als Dramaturg. Seit 1969 übersetzt er literarische Texte und Sachbücher aus dem Spanischen, Französischen und Portugiesischen ins Deutsche. Er starb am 13. September 2023 im Alter von 79 Jahren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.08.2001

Europa

"Mythologie der Saudade" von Eduardo Lourenço. Erschienen in der Reihe: "edition suhrkamp", Band 2180. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 2001. 220 Seiten. Broschiert, 21,90 Mark. ISBN 3-518-12180-4.

Der portugiesische Literaturwissenschaftler Eduardo Lorenço legt mit den elf Essays zur portugiesischen Melancholie kein Reisebuch vor. Und doch muß die "Mythologie der Saudade" allen Portugal-Besuchern zur Vor- oder Nachbereitung ihrer Reise empfohlen werden. Von allen Seiten betrachtet Lorenço das Rätsel der portugiesischen Seele, das mit dem unübersetzbaren Begriff der "Saudade" umschrieben wird. Vor allem befragt er die großen portugiesischen Dichter, die Portugal "auf mythische Weise zum Land der Saudade" gemacht hätten. Dabei spielt die Liebeslyrik mit ihren Widersprüchen von Lust und Leid, von Dauer und Vergänglichkeit eine besondere Rolle. Diese Zerrissenheit des Menschen offenbart sich noch stärker in den politischen Gedichten, die die Geschichte Portugals als einen Verlust vergangener glorreicher Größe beklagen und ein dauerndes Streben und "ewiges Sehnen" nach einem Paradies auf Erden besingen. Eindrucksvoll schildert der Autor, wie Portugal im Laufe der Geschichte aufgrund dieser Weltsicht die politische Wirklichkeit negiert, sich aber zugleich die "transzendente Mission als messianisches Volk" erhalten hat. Besonders bei der Beurteilung der jüngsten Geschichte Portugals erweist sich der linksintellektuelle Autor selbst als ein Vertreter dieser "hochherzigen Leidenschaft". Selbst Salazar, dessen Politik er keineswegs beschönigt, läßt er an der beschriebenen Gemütsstimmung teilhaben, aus der heraus der Diktator eine messianische "Erneuerung der Präsenz in Afrika" versucht habe. Auch die nach der Revolution sich etablierende Kultur, die von den alten Zeiten nichts habe wissen wollen, habe durch Mangel an Erinnerung einen Zustand in Portugal geschaffen, in dem sich alles "nur der Zerstreuung", dem Spaß unterordne; man habe verlernt, den Dingen auf den Grund zu gehen. Eduardo Lorenço freilich wäre nicht der Verkünder der Saudade, wenn er sich mit diesem Ergebnis zufriedengäbe. Überzeugt davon, daß Saudade das erlebte Bewußtsein der unvollkommenen Wirklichkeit und der paradiesischen Zukunft ist, fordert er seine Landsleute auf, "eine neue, radikal verschiedene Kultur" zu finden, in der sich die Portugiesen als ein Volk unter anderen Völkern akzeptieren. Unterscheiden wird es sich ohnedies von allen anderen, weil es auf den Weltumseglungen "seine wunderbare Unvollkommenheit" bereits ermessen und erfahren hat. Unter diesem Aspekt wird "Mythologie der Saudade" sogar doch noch zu einem Reisebuch. (A.W.)

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Eigentlich ist dies kein Reisebuch, stellt der Rezensent mit dem Kürzel "A.W." fest. Dennoch kann er es allen Portugal-Reisenden empfehlen. Lorenco, so erfährt der Leser, hat hier elf Essays geschrieben, die sich mit der portugiesischen Seele, der "Saudade" befassen. Und dazu untersuche der Autor portugiesische Dichter, die dazu möglicherweise Aufschluss geben. "Saudade" ist nicht wirklich zu übersetzen, meint "A.W.", es geht um Leidenschaft, portugiesisches Selbstverständnis, aber auch um "Widersprüche von Lust und Leid, von Dauer und Vergänglichkeit". Auch werde darauf eingegangen, was die Portugiesen in dieser Hinsicht von anderen Völkern unterscheidet, denn schließlich hätten sie "auf den Weltumsegelungen" viel Gelegenheit gehabt, ihre 'wunderbare Unvollkommenheit' zu erfahren. Und so gesehen ist es also doch ein Reisebuch geworden, findet "A.W.", der sich mit einem dezidierten Urteil zwar zurückhält, für diesen Band jedoch spürbare Sympathie durchblicken lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH"