Martin Gaedt zeigt in seinem Buch schonungslos, was auf dem deutschen Arbeitsmarkt schiefläuft. Er spricht Klartext zu Fachkräftemangel und BrainDrain. Er entlarvt das Versagen der Arbeitsagenturen. Das Grundproblem: Arbeitsuchende und Arbeitgeber finden einfach nicht zusammen.
Fachkräftemangel auf der einen und hohe Arbeitslosenzahlen auf der anderen Seite - irgendetwas läuft gewaltig schief auf Deutschlands Arbeitsmarkt. Was, das zeigt Martin Gaedt in diesem Buch: Schonungslos bringt er die Arroganz der Unternehmen bei Bewerbungsverfahren ans Licht und spricht Klartext in Sachen Fachkräftemangel und BrainDrain. Gaedt offenbart an Beispielen, wie Arbeitsagenturen auf Versagen programmiert sind und wie hilflos die Politik wirklich ist. Wenn die Konjunktur den Arbeitsmarkt belebt, mag das vielleicht oberflächlich beruhigen - doch das verhindert nicht, dass Regionen endgültig ausbluten und hochqualifizierte Arbeiter zu Firmen im Ausland abwandern.
Mit seinem Buch nimmt Martin Gaedt das Grundproblem ins Visier: Arbeitsuchende und Arbeitgeber finden einfach nicht zusammen. Und Wirtschaft und Gesellschaft biegen auf die Verliererstraße.
Ein Buch, das Unternehmen die Leviten liest und Politiker aus dem Dornröschenschlaf holt.
Fachkräftemangel auf der einen und hohe Arbeitslosenzahlen auf der anderen Seite - irgendetwas läuft gewaltig schief auf Deutschlands Arbeitsmarkt. Was, das zeigt Martin Gaedt in diesem Buch: Schonungslos bringt er die Arroganz der Unternehmen bei Bewerbungsverfahren ans Licht und spricht Klartext in Sachen Fachkräftemangel und BrainDrain. Gaedt offenbart an Beispielen, wie Arbeitsagenturen auf Versagen programmiert sind und wie hilflos die Politik wirklich ist. Wenn die Konjunktur den Arbeitsmarkt belebt, mag das vielleicht oberflächlich beruhigen - doch das verhindert nicht, dass Regionen endgültig ausbluten und hochqualifizierte Arbeiter zu Firmen im Ausland abwandern.
Mit seinem Buch nimmt Martin Gaedt das Grundproblem ins Visier: Arbeitsuchende und Arbeitgeber finden einfach nicht zusammen. Und Wirtschaft und Gesellschaft biegen auf die Verliererstraße.
Ein Buch, das Unternehmen die Leviten liest und Politiker aus dem Dornröschenschlaf holt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2015Mythos Fachkräftemangel
Bessere Verfahren zur Personalsuche sind notwendig
Landauf, landab wird über den Fachkräftemangel lamentiert. Der Begriff wird von Politikern und Verbandsfunktionären in den Medien breitgetreten. Erst jüngst fand das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Auftrag gegebenen Studie heraus, dass es in 139 von 615 analysierten Berufen Engpässe gibt. Martin Gaedt, Geschäftsführer eines Berliner Start-up-Unternehmens, der sich seit Jahren mit innovativen, nicht zuletzt IT-gestützten Lösungen für die Personalgewinnung befasst, entlarvt in der vorliegenden Schrift den Fachkräftemangel als Mythos.
Dieser sei - wenn man denn neue Wege bei der Organisation des Arbeitsmarktes gehen würde - in der suggerierten Ausweglosigkeit gar nicht existent. Er konzediert, dass es temporäre und regionale Engpässe gebe. Von einem flächendeckenden Fachkräftemangel könne keine Rede sein. Die veritable Situation am deutschen Arbeitsmarkt stelle sich wie folgt dar: Auf der Angebotsseite gebe es 900 000 Schulabgänger pro Jahr, drei Millionen Arbeitssuchende, 14 Millionen Berufstätige, die einem Stellenwechsel nicht abgeneigt seien. Diesem Potential stünden auf der Nachfrageseite 3,6 Millionen Unternehmen, darunter insbesondere wenig bekannte kleine und mittlere Unternehmen, gegenüber. Arbeitssuchende und Arbeitgeber fänden aber nicht den Weg zueinander. Da helfe auch die gut gedachte, aber schlecht gemachte Agentur für Arbeit nicht weiter, denn ihr mangele es - abgesehen von einzelnen hochmotivierten Mitarbeitern - an Kundenorientierung. Arbeitssuchende und Arbeitgeber erinnern den Autor an die zwei Königskinder, die nicht zusammenkommen.
In der Manier eines "Agent provocateur" spricht Gaedt die hausgemachten Defizite schonungslos und mit deutlichen Worten an. Er fordert neue Ansätze bei der Personalgewinnung jenseits des Umgangs mit Jobsuchenden nach Gutsherrenart. Seine Empfehlungen an die Arbeitgeber lauten: den Bewerbern mehr Wertschätzung entgegenbringen und die Attraktivität der Arbeitgeber besser kommunizieren. Hier hätten insbesondere die vielen deutschen "Hidden Champions" noch Nachholbedarf. So müssten die Stellenangebote konkreter, informativer und punktgenauer abgefasst werden. Die Firmen müssten ihre Sichtbarkeit als gute Arbeitgeber mit Hilfe der digitalen Medien steigern und vor allem erkennen, dass man Bewerber wie Kunden behandeln müsse. Nur so könne die derzeitige eklatante Potentialverschwendung, die sich in frustrierten Bewerbern und genervten Personalmanagern manifestiere, bekämpft werden. Schön wäre es gewesen, wenn er noch etwas mehr auf erfolgversprechende Bewerbungsstrategien der Jobsuchenden eingegangen wäre.
Trotz aller Missstände bleibt der Autor Optimist: Die Königskinder müssten nicht ertrinken; es gebe Brücken für sie. So könnten mit Hilfe der modernen Technik branchenbezogen oder auch regional firmenübergreifende Netzwerke zur Personalgewinnung entwickelt werden, über die zweit- und drittplazierte Bewerber an die Netzwerkpartner weitergeleitet würden. Es bedürfe zudem eines intelligenten Personalmarketings und einer systematischen Nutzung vonEmpfehlungen. Dies alles ziele darauf ab, den Pool der Fachkräfte systematisch zu vergrößern und bisher ausgegrenzte Arbeitskräfte einzubeziehen. Gerade für Letzteres gebe es bereits Positivbeispiele wie etwa das Programm "Chance plus" der Deutschen Bahn, das mit gutem Erfolg junge Erwachsene adressiert, die sonst nirgendwo einen Ausbildungsplatz fänden. Die Bahn jammere nicht über unbrauchbare Haupt- und Realschüler, sondern verhelfe diesen zum Einstieg.
Martin Gaedt hat ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit vorgelegt. Seinen Weckruf sollten Personalmanager ernst nehmen. Die Unternehmen sollten aus der Jammerecke herauskommen und ihre Personalbeschaffungsstrategien neu aufsetzen. In Zeiten der digitalen Transformation sollten sie die Chancen der digitalen Kommunikation und Interaktion effektiver als bisher nutzen. So könnten die Königskinder zusammenkommen.
ROBERT FIETEN
Martin Gaedt: Mythos Fachkräftemangel. Was auf Deutschlands Arbeitsmarkt gewaltig schiefläuft. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2014, 240 Seiten, 19,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bessere Verfahren zur Personalsuche sind notwendig
Landauf, landab wird über den Fachkräftemangel lamentiert. Der Begriff wird von Politikern und Verbandsfunktionären in den Medien breitgetreten. Erst jüngst fand das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Auftrag gegebenen Studie heraus, dass es in 139 von 615 analysierten Berufen Engpässe gibt. Martin Gaedt, Geschäftsführer eines Berliner Start-up-Unternehmens, der sich seit Jahren mit innovativen, nicht zuletzt IT-gestützten Lösungen für die Personalgewinnung befasst, entlarvt in der vorliegenden Schrift den Fachkräftemangel als Mythos.
Dieser sei - wenn man denn neue Wege bei der Organisation des Arbeitsmarktes gehen würde - in der suggerierten Ausweglosigkeit gar nicht existent. Er konzediert, dass es temporäre und regionale Engpässe gebe. Von einem flächendeckenden Fachkräftemangel könne keine Rede sein. Die veritable Situation am deutschen Arbeitsmarkt stelle sich wie folgt dar: Auf der Angebotsseite gebe es 900 000 Schulabgänger pro Jahr, drei Millionen Arbeitssuchende, 14 Millionen Berufstätige, die einem Stellenwechsel nicht abgeneigt seien. Diesem Potential stünden auf der Nachfrageseite 3,6 Millionen Unternehmen, darunter insbesondere wenig bekannte kleine und mittlere Unternehmen, gegenüber. Arbeitssuchende und Arbeitgeber fänden aber nicht den Weg zueinander. Da helfe auch die gut gedachte, aber schlecht gemachte Agentur für Arbeit nicht weiter, denn ihr mangele es - abgesehen von einzelnen hochmotivierten Mitarbeitern - an Kundenorientierung. Arbeitssuchende und Arbeitgeber erinnern den Autor an die zwei Königskinder, die nicht zusammenkommen.
In der Manier eines "Agent provocateur" spricht Gaedt die hausgemachten Defizite schonungslos und mit deutlichen Worten an. Er fordert neue Ansätze bei der Personalgewinnung jenseits des Umgangs mit Jobsuchenden nach Gutsherrenart. Seine Empfehlungen an die Arbeitgeber lauten: den Bewerbern mehr Wertschätzung entgegenbringen und die Attraktivität der Arbeitgeber besser kommunizieren. Hier hätten insbesondere die vielen deutschen "Hidden Champions" noch Nachholbedarf. So müssten die Stellenangebote konkreter, informativer und punktgenauer abgefasst werden. Die Firmen müssten ihre Sichtbarkeit als gute Arbeitgeber mit Hilfe der digitalen Medien steigern und vor allem erkennen, dass man Bewerber wie Kunden behandeln müsse. Nur so könne die derzeitige eklatante Potentialverschwendung, die sich in frustrierten Bewerbern und genervten Personalmanagern manifestiere, bekämpft werden. Schön wäre es gewesen, wenn er noch etwas mehr auf erfolgversprechende Bewerbungsstrategien der Jobsuchenden eingegangen wäre.
Trotz aller Missstände bleibt der Autor Optimist: Die Königskinder müssten nicht ertrinken; es gebe Brücken für sie. So könnten mit Hilfe der modernen Technik branchenbezogen oder auch regional firmenübergreifende Netzwerke zur Personalgewinnung entwickelt werden, über die zweit- und drittplazierte Bewerber an die Netzwerkpartner weitergeleitet würden. Es bedürfe zudem eines intelligenten Personalmarketings und einer systematischen Nutzung vonEmpfehlungen. Dies alles ziele darauf ab, den Pool der Fachkräfte systematisch zu vergrößern und bisher ausgegrenzte Arbeitskräfte einzubeziehen. Gerade für Letzteres gebe es bereits Positivbeispiele wie etwa das Programm "Chance plus" der Deutschen Bahn, das mit gutem Erfolg junge Erwachsene adressiert, die sonst nirgendwo einen Ausbildungsplatz fänden. Die Bahn jammere nicht über unbrauchbare Haupt- und Realschüler, sondern verhelfe diesen zum Einstieg.
Martin Gaedt hat ein wichtiges Buch zur richtigen Zeit vorgelegt. Seinen Weckruf sollten Personalmanager ernst nehmen. Die Unternehmen sollten aus der Jammerecke herauskommen und ihre Personalbeschaffungsstrategien neu aufsetzen. In Zeiten der digitalen Transformation sollten sie die Chancen der digitalen Kommunikation und Interaktion effektiver als bisher nutzen. So könnten die Königskinder zusammenkommen.
ROBERT FIETEN
Martin Gaedt: Mythos Fachkräftemangel. Was auf Deutschlands Arbeitsmarkt gewaltig schiefläuft. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2014, 240 Seiten, 19,99 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main