Nur 1036 Tage war er im Amt, als er am 22. November 1963 in Dallas erschossen und damit zum Mythos wurde und zur ewigen Gallionsfigur eines guten Amerika. Als John F. Kennedy im Herbst 1960 die Präsidentschaftswahl gegen den Republikaner Richard Nixon mit nur 113.238 Stimmen Vorsprung gewinnt, ist
er der jüngste gewählte amerikanische Präsident aller Zeiten. Während in Europa die alten Herren…mehrNur 1036 Tage war er im Amt, als er am 22. November 1963 in Dallas erschossen und damit zum Mythos wurde und zur ewigen Gallionsfigur eines guten Amerika. Als John F. Kennedy im Herbst 1960 die Präsidentschaftswahl gegen den Republikaner Richard Nixon mit nur 113.238 Stimmen Vorsprung gewinnt, ist er der jüngste gewählte amerikanische Präsident aller Zeiten. Während in Europa die alten Herren Chruschtschow, de Gaulle, McMillan und Adenauer regieren, wird er zum Symbol für Jugend und den Aufbruch in eine bessere Zukunft.
Den „Mythos Kennedy“ hat aber John F. nicht allein geprägt, sondern die Kennedys, eine der bemerkenswertesten Familien der nordamerikanischen Geschichte. Gero von Boehm vermittelt in seinem neuen Bildband einen faszinierenden Einblick in diesen wohl berühmtesten Familien-Clan. In dieser Familie ist alles dramatisch und tragisch. Den Familiengeist hatte bereits der Vater Joseph (Joe) geformt: „Wir wollen keine Verlierer unter uns haben, werdet nicht Zweiter oder Dritter – das zählt nicht. Ihr müsst gewinnen!“ – das war sein Motto.
Fünf der wichtigsten Familienmitglieder der Kennedys werden von Gero von Boehm vorgestellt. Den Anfang macht natürlich John Fitzgerald (Jack) Kennedy, der während seiner kurzen Amtszeit drei weltpolitische Krisen schwerster Art zu bestehen hatte: die Berlin-Krise mit dem Mauerbau im August 1961, die Kuba-Krise 1962 mit der Stationierung sowjetischer Raketen quasi vor der Haustür der Vereinigten Staaten und den eskalierenden Dauerkonflikt in Vietnam. In der Innenpolitik wollte Kennedy zahlreiche Sozialreformen und die Gleichberechtigung der Schwarzen durchsetzen - er war von einem Idealismus geprägt, der die Amerikaner Mut schöpfen ließ. Ausführlich beschreibt von Boehm den Werdegang vom schlaksigen Jüngling bis zum ersten Mann einer Weltmacht, veranschaulicht die ewigen Gesundheitsprobleme und den Familienalltag im Weißen Haus.
Das nächste und umfangreichste Kapitel ist Jacqueline, genannt Jackie, Kennedy-Onassis gewidmet. Sie zählte zu den schillerndsten Persönlichkeiten der amerikanischen Politikgeschichte. Als First Lady des Landes hatte sie großen Anteil an der Popularität ihres Mannes. Durch ihr Gespür für Dinge und Mode beeinflusste sie den Zeitgeist wie kaum eine andere. Jack und Jackie Kennedy verstanden sich darauf, die Präsidentschaft zu inszenieren. Sie repräsentierten ein junges, dynamisches Amerika: weltoffen und kulturell interessiert, elegant und strahlend, dabei zugleich familiär und privat.
Robert („Bobby“) Kennedy war ein jüngerer Bruder des US-Präsidenten, der ihm im Alter von 35 Jahren zum Justizminister ernannte. Der liberale Politiker hatte sich in der Bürger-rechtsbewegung einen Namen gemacht und setzte die Beendigung der Rassendiskrimi-nierung in öffentlichen Verkehrsmitteln durch. Einfühlsam zeichnet der Autor ein Bild von dem Freundlichsten und Scheuesten in der mächtigen Familie, vom Knaben über den Vater von elf Kindern bis zum Präsidentschaftskandidaten, der 1968 auf einer Wahlveranstaltung ermordet wurde.
Im letzten Kapitel finden Joe und Rose Kennedy, die Eltern von John F., eine Würdigung. Beide sind Kinder mächtiger irischer Familien, die mit der großen Einwanderungswelle nach Amerika gekommen waren. Ihre Ehe schaffte einen Clan, der heute noch als das „amerikanische Königshaus“ bezeichnet wird. Auf knapp dreißig Seiten werden ihr Leben, jene Verbindung aus Charme und stählerner Härte, und ihr Verhältnis zu den Kindern geschildert. Rose, die 104 Jahre alt wurde, war die leidende Königinmutter, denn die Kette der Familientragödien riss nie ab. Gerade das ist jedoch ihr Mythos: Im Schmerz sind alle Menschen gleich, ob Fließbandarbeiterin oder Präsidentenmutter.
Gero von Boehm gehört zu den angesehensten deutschen Journalisten. Er ist vor allem bekannt durch seine Portraitdokumentationen im Fernsehen und so ist dieser Bildband ebenfalls eine lebendige, fesselnde Biographie.