Was ist Militarismus? Die Antwort auf diese Frage erscheint zunächst recht intuitiv, hat doch so gut wie jeder Mensch spontan ein Bild dessen vor Augen, wie Militarismus in der Praxis ausschaut. Besonders gilt dies für das späte 19. Jahrhundert. Denkt man an diese Epoche, so denkt man - in Frankreich nicht weniger als in Deutschland - unweigerlich an den "preußischen Leutnant" mit seinem Monokel, dem ständigen Bemühen um "standesgemäßes Auftreten" sowie der gesellschaftlich hervorgehobenen Stellung all dessen, was mit der Armee in Verbindung gebracht wurde. Aber reicht dies wirklich aus, um eine Epoche oder einen Staat als militaristisch bezeichnen zu können? Eine Antwort auf ebendiese Frage zu finden ist das Hauptanliegen des vorliegenden Werkes. Sein Ziel ist es, in deutsch-französischer Perspektive den Begriff des Militarismus über ein rein kulturelles Phänomen hinaus zu definieren und zu fragen, wie groß der tatsächliche, der alltägliche Einfluss des Militärs auf die Entscheidungen der Politik - etwa in der Budget- und Außenpolitik - in den drei Jahren zwischen 1911 und 1914 wirklich war.