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Benito Mussolini gründete seine Diktatur auf Gewalt und Propaganda. Zur Selbststilisierung gehörten die fast täglichen Audienzen, über die man bisher wenig weiß. Auch viele Deutsche bemühten sich zwischen 1923 und 1943 um einen Empfang beim Duce, wie Wolfgang Schieder anhand der vollständig erhaltenen Audienzlisten nachweist. Die hier vorgelegten Berichte über ihre Gespräche mit Mussolini lassen zweierlei erkennen: Mussolini inszenierte seine Audienzen minutiös und hatte damit auch erstaunlich großen Erfolg. Die Audienz als Propagandainstrument und Mittel zur Herrschaftsstabilisierung wird…mehr

Produktbeschreibung
Benito Mussolini gründete seine Diktatur auf Gewalt und Propaganda. Zur Selbststilisierung gehörten die fast täglichen Audienzen, über die man bisher wenig weiß. Auch viele Deutsche bemühten sich zwischen 1923 und 1943 um einen Empfang beim Duce, wie Wolfgang Schieder anhand der vollständig erhaltenen Audienzlisten nachweist. Die hier vorgelegten Berichte über ihre Gespräche mit Mussolini lassen zweierlei erkennen: Mussolini inszenierte seine Audienzen minutiös und hatte damit auch erstaunlich großen Erfolg. Die Audienz als Propagandainstrument und Mittel zur Herrschaftsstabilisierung wird damit erstmals in den Mittelpunkt gerückt. Deutlich wird darüber hinaus der hochgespannte Erwartungshorizont der deutschen Mussolinisympathisanten, wobei hier das Jahr 1933 eine Grenze markiert. Die Besucher aus der Zeit der Weimarer Republik sahen im Faschismus vor allem eine Alternative zum Nationalsozialismus, der ihnen mitnichten geheuer war, während die Führungskader des NS-Regimes dem Duce als ihrem Mentor huldigten und seinen Segen empfangen wollten. Viele Nationalsozialisten pilgerten selbst dann noch nach Rom, als die Schwäche des Faschismus längst offenbar geworden war.

Wolfgang Schieders äußerst aufschlussreiche Untersuchung weist neue Wege einer kulturwissenschaftlich orientierten Politikgeschichte.

Wolfgang Schieder, geboren 1935, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte (em.) an der Universität zu Köln.
Zur Selbststilisierung Mussolinis gehörten die fast täglichen Audienzen. Auch viele Deutsche bemühten sich zwischen 1923 und 1943 um einen Empfang beim Duce, wie W. Schieder anhand der vollständig erhaltenen Audienzlisten nachweist. Die hier zum Teil erstmals veröffentlichten Berichte und Erinnerungen deutscher Rompilger lassen erkennen: Mussolini inszenierte seine Audienzen minutiös und hatte damit auch erstaunlich großen Erfolg.

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Autorenporträt
Wolfgang Schieder, Universität zu Köln.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.10.2013

Das „Genie des Chefs“: Wie der Duce verklärt wurde
Eine Audienz bei Mussolini war seit dessen Machtergreifung das begehrte Ziel vieler Deutscher – auch weil sie in ihm eine Alternative zu Hitler sahen
Man kann – nein: Wir Deutsche können nicht von Mussolini reden, ohne an Hitler zu denken. Der Nationalsozialismus hat uns den unbefangenen Blick auf den italienischen Faschismus unmöglich gemacht. Das erklärt auch den Bogen, den die bundesdeutsche Historikerzunft jahrzehntelang um den Mussolini-Faschismus machte – mit der großen Ausnahme Ernst Nolte.
  Ausgerechnet der Mann, dessen Zweifel an der Nicht-Relativierbarkeit der Naziverbrechen 1986 den deutschen Historikerstreit auslöste, hatte ein Vierteljahrhundert zuvor die länderübergreifende Untersuchung „Der Faschismus in seiner Epoche“ vorgelegt. Immerhin hatte er darin den direkten Vergleich Hitlers mit Mussolini weitgehend vermieden; auch in Noltes Buch ist das tiefe Unbehagen spürbar, dessen Ursache Rudolf Augstein 1982 im Spiegel auf den Punkt brachte: „Die Verkennung des Mannes Hitler und seiner Bewegung hatte mehrere Ursachen, darunter eine, die sich am ehesten ausmachen läßt: Hitler genoß den Vorzug eines um sechs Jahre älteren Kollegen in Rom, des Benito Mussolini.“
  Diese Formulierung impliziert durchaus, dass der Verkennung Hitlers in Deutschland eine andere vorausging: die Verkennung Mussolinis, keineswegs nur durch die Deutschen. Auch „Charles de Gaulle, selbst kein Faschist, sondern nur Autokrat, bewunderte den Mussolini, von Churchill wird ähnliches behauptet“, schrieb Augstein, um dann lapidar festzustellen: „Der Begriff des Faschismus ist dehnbar.“
  „Mythos Mussolini“ nennt Wolfgang Schieder seine Untersuchung über die knapp zweihundert Deutschen, die der Diktator zwischen 1923 und 1943 empfing. Der Buchtitel macht Schieders Leitinteresse klar: Der Autor beschreibt und kommentiert Mussolinis Audienzen für deutsche Besucher stets im Zusammenhang mit der Mythisierung des Duce. Dass die offenkundig auch das Resultat einer geschickten – in den ersten Kapiteln des Buchs beschriebenen – Selbstmythisierung war, hat die Audienzgäste wenig gestört: Eben die aus dem Kaiserreich gewohnte politische Inszenierung von „Größe“ und das darin liegende Identifikationsangebot waren es ja, die viele Deutsche in der Weimarer Epoche vermissten.
  Selbst Besucher, die Mussolini zunächst neutral oder gar skeptisch gegenüberstanden, mutierten so zu Bewunderern. Das extreme Beispiel dafür ist die Beziehung der vormals liberalen Frauenrechtlerin Louise Diehl zu Mussolini, die sich von ersten neugierigen Recherchen im Jahr 1933 zu einer Art platonischem Groupie-Verhältnis mit am Ende stalkingartigen Zügen steigerte. einundzwanzig Mal – weit öfter als jeder andere deutsche Besucher – ist Diehl von Mussolini empfangen worden.
  Die Geschichte dieser Begegnungen liest sich wie die Stoffsammlung zu einem Roman, der nicht nur die Abgründe einer verirrten Seele schildern, sondern auch viel über die psychoanalytischen Aspekte der Faszination durch sich vorführende Macht und deren politische Implikationen verraten könnte.
  In Diehls Schwärmerei ballen sich Projektionen, die auch rationaler orientierten Mussolini-Besuchern wie – unter vielen anderen Intellektuellen und Künstlern – den Schriftstellern Emil Ludwig, Gerhart Hauptmann und Rudolf Borchardt nicht fremd waren. Dass sie damit daheim in Deutschland Propaganda für den Faschismus betrieben, hieß aber keineswegs, dass sie Reklame für Hitlers Nazis machen wollten.
  Vielen seiner deutschen Besucher erschien das faschistische Modell als Alternative nicht nur zur Weimarer Republik, sondern auch zur drohenden Naziherrschaft. Der nicht bloß als neuer Caesar posierende, sondern sich auch gern als charmant und kulturell interessiert gebende Mussolini erschien im Vergleich zu Hitler nachgerade als Lichtgestalt.
  Selbst Theodor Wolff, der sonst so hellsichtige jüdische Chefredakteur des Berliner Tageblatts , erlag dieser Illusion – und der eigenen Eitelkeit: Wer vom Duce empfangen wurde, konnte sich für privilegiert halten.
  So ist Wolff nicht der erste und nicht der letzte Journalist, der sich und seinem Publikum einredet, mit seinem prominenten Gesprächspartner verbände ihn über das professionelle Interesse hinaus ein persönliches Vertrauensverhältnis. Wolff zu Mussolini: „Auch wenn man kein Anhänger des faschistischen Prinzips ist, so muss man konzedieren, dass der italienische Faschismus, trotz seiner Schärfe, auf einer Tradition der allgemeinen Menschheitsideen fußt. Er ist auf einem anderen Boden gewachsen als die deutschen Nachahmungen.“ Wolff bekommt darauf zu hören, was er hören will: „Mussolini gab sehr entschieden seine Zustimmung zu erkennen.“ 
  Erfreut konstatiert der Besucher noch im Mai 1930, dass „Mussolini selber keine Verbindungen mit deutschen ,Faschisten’ unterhält oder wünscht“, anders als „manche hohen oder niederen Vertreter des Faschismus“, denen, so Wolff, „das Genie ihres Chefs“ fehle und die sich wohl vor allem aus „italienischer Gastfreundlichkeit“ heraus auf Gespräche mit deutschen Nazis einließen.
  Wahr ist, dass Mussolini – nicht wegen irgendwelcher „Menschheitsideen“, sondern aus nationalistischem Kalkül – enge Kontakte mit deutschen Nationalsozialisten lange vermied; sogar und gerade Hitler mochte er vor 1932 partout nicht empfangen. Im Übrigen ist das politische Auf und Ab der Beziehungen zwischen dem Nationalsozialismus und dem italienischen Faschismus (wie die persönliche Bindung Hitlers an Mussolini) mittlerweile breit erforscht. Schieder kann hier kaum Neues zutage fördern, zumal seine Stärken generell eher in der sorgsamen Dokumentation und deren archivarischer Einordnung liegen als in der stringenten Analyse.
  So bleibt das Buch auch da merkwürdig vage, wo es um die historischen und soziologischen Rahmenbedingungen für die Mythisierung Mussolinis vor 1933 geht. Die im zweiten Teil gesammelten, von deutschen Mussolini-Besuchern selbst verfassten Audienzberichte stellen zweifellos eine außerordentlich bedeutende Quellensammlung dar. Doch was genau sie bedeuten, was sie über die spezifisch deutsche Anfälligkeit für Mussolini aussagen, muss der Leser am Ende selbst herausfinden.
RAINER STEPHAN
Wolfgang Schieder: Mythos Mussolini. Deutsche in Audienz beim Duce. Oldenbourg Verlag, München 2013. 404 Seiten, 39,80 Euro.
Im Vergleich zu Hitler erschien
Mussolini vielen
Deutschen als Lichtgestalt
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rainer Stephan findet in Wolfgang Schieders Buch über Mussolini nichts wirklich Neues. Er ist zwar beeindruckt von der im Buch enthaltenen Quellensammlung, die fast 200 Audienzberichte deutscher Besuche bei Mussolini enthält, merkt aber an, dass gerade die Wechselwirkung zwischen dem deutschen Nationalsozialismus und dem italienischen Faschismus bereits sehr ausführlich erforscht worden sei. Ihm fehlt eine genaue Analyse der vorliegenden, wie Stephan findet, sehr wertvollen, Quellen und eine Beantwortung der Frage, worin die Geheimnisse des Mythos Mussolini nun liegen. Wie also sogar Gegner des faschistischen Gedankenguts wie die Frauenrechtlerin Louise Diehl zu glühenden Verehrern des Duce werden konnten, dazu liefert Schieder nach Ansicht des Rezensenten keine wirklichen Klärungsversuche.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Es gelingt Wolfgang Schieder zweifellos einen weiteren Mosaikstein zur Erklärung der `Duce-Religion´". Gerulf Hirt, H-Soz-u-Kult, 2.8.2013

"vorzügliche Studie", geschichte& wissen, Nr. 21 (2013)