Die Corona-Krise ist weder der verheißungsvolle Beginn eines gesellschaftlichen Umbruchs noch etwas prinzipiell Neues. Aber sie verweist auf die Dringlichkeit eines radikalen Wandels im politischen Denken und Handeln. Für Alain Badiou offenbart die aktuelle Krise in aller Deutlichkeit den Widerspruch, der heute zwischen der globalisierten Wirtschaft und der weitgehend national orientierten Politik besteht. Auch wenn die Staaten in der Krise gezwungen sind, die Imperative der kapitalistischen Profitmaximierung temporär zurückzustellen, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten, bedeutet das nicht, dass dadurch das Primat der kapitalistischen Wirtschaft gebrochen wird. Wie kann dieser Widerspruch langfristig aufgehoben werden? Die Antwort liegt für Badiou in einer dritten Etappe des Kommunismus: Nach seiner glorreichen Erfindung und dem tragischen Scheitern des ersten Versuchs seiner Implementierung muss nun ein globaler Kommunismus entwickelt werden, der der Situation er heutigen Welt angemessen ist und dessen revolutionäres Subjekt nur das nomadische Proletariat sein kann: die Flüchtlinge und Migranten auf der ganzen Welt, die heute die Hauptlast der kapitalistischen Ausbeutung tragen.