Heimgesucht von Bildern aus der frühen Kindheit nach dem Zweiten Weltkrieg, begibt sich eine Frau auf eine Erinnerungsreise in die Vergangenheit ihrer beschädigten Familie. Sie konfrontiert sich mit ihrer nicht nur lieblosen, sondern als vernichtend erlebten Mutter, einem Vater, der im Krieg geblieben ist und den sie nie hat kennenlernen können, und einer fast unsichtbaren älteren Schwester, die in ihrem Leiden ebenso isoliert ist wie sie selbst. Die Erinnerungen bleiben Bruchstücke, bilden eindrückliche Szenen kindlicher Einsamkeit und psychischer wie physischer Gewalt - den buntschillernden, losen Splittern eines Kaleidoskops gleich, die sich dennoch zu immer neuen Wahrnehmungsmustern zusammensetzen lassen und einen Kreis bilden wie sie. Es entsteht ein Kindheits-Kosmos aus Erinnerungen, der auch, aus der Perspektive der erwachsenen Erzählerin, die Erinnerung selbst reflektiert und auf den Prüfstein stellt. Und der, einzigartig in seiner subjektiven Erlebniswelt, ähnlich leidvolle Welten anderer Kinder und anderer Kriege assoziieren lässt.
"Bärbel Lücke gelingt es in ihrem Kindheits-Kaleidoskop, die eigene Vergangenheit emotional spürbar zu machen, ohne die erzählerische Distanz zu verlieren, mit der sie ihre Erinnerungen gestaltet. In theoretischer Analyse geschult, fügt die Autorin durch ihre eigene gestalterische Kraft dem von Autoren wie Ernaux und Eribon bearbeiteten Feld der Autofiktion einen neuen und unverwechselbaren Aspekt hinzu." - Frank Witzel