Die Zeiten der poststrukturalistischen »maîtres penseurs«, der klar identifizierbaren Denkschulen und großen Theorie-Positionen sind vorbei. Der Band versammelt eine Reihe von Essays zu französischen Debatten und zu Autoren der 1990er und 2000er Jahre, die in Deutschland entweder gar nicht (Maurice G. Dantec, Mara Goyet, Gilles Châtelet) oder nur einem kleineren Fachpublikum (Olivier Rolin, Pierre Legendre, Claude Lefort, Alain Supiot) bekannt sind. Zum einen geht es in ihnen um eine kritische Diagnose der französischen Gesellschaft (Demokratie, Bildung, Laïzität, Filiation, Totalitarismus der Märkte), zum anderen um das zwiespältige Erbe des linken Denkens der 1960er und 1970er Jahre. In Frage stehen damit rückblickend auch die eingefrorenen deutschen Frankreichvorstellungen und Paris-Clichés, die unter dem Titel »Poststrukturalismus« in Umlauf sind. Was sich auch aus den jüngsten französischen Debatten noch lernen lässt, ist eine Praxis öffentlicher Rede und öffentlichen Handelns, in der es um die dissensuelle, polemische Gestaltung des Mit-Seins geht. Sarkasmus, Übertreibungen und Boshaftigkeiten sind nicht das Andere der öffentlichen Diskussion, sondern gehören wesentlich zu ihr. Allein schon um dieser Lust am politischen Streit willen haben auch die französischen Debatten »nach dem Poststrukturalismus« Aufmerksamkeit verdient.
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