Die zerstörten Synagogen der "Kristallnacht" sind für uns meist das Sinnbild der Verfolgung der Juden während des Nationalsozialismus. Als Synonym für ihre Ermordung folgt unvermittelt das Stichwort "Auschwitz". Was aber geschah konkret in den Jahren "nach der Kristallnacht" in der deutschen Gesellschaft, in Städten und Gemeinden? Am Beispiel von Frankfurt am Main - der Stadt Deutschlands mit dem größten jüdischen Bevölkerungsanteil - dokumentiert der Band diese Jahre. Er beleuchtet die Rolle der Gestapo und der städtischen Behörden im Wechselspiel mit dem Reich, vor allem aber den bedrohten Alltag der verfolgten jüdischen Menschen angesichts ihrer Vernichtung.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.11.1999Nach dem Anfang vom Ende
Ein Buch über jüdisches Leben in Frankfurt von 1938 bis 1945
mak. Mit dem Leben der Juden in Frankfurt in den Jahren zwischen den Pogromen im November 1938 und dem Kriegsende 1945 befasst sich ein Sammelband, den das Fritz-Bauer-Institut gestern gemeinsam mit dem Jüdischen Museum und dem Institut für Stadtgeschichte vorgestellt hat. Das von Monica Kingreen herausgegebene Buch ist aus einer Tagung des Fritz-Bauer-Instituts im Jahr 1996 hervorgegangen und enthält 15 Aufsätze, die sich mit speziellen Aspekten jener Zeit beschäftigen; der 16. Beitrag behandelt die Gedenkstätte am Börneplatz sowie die Datenbank zur jüdischen Geschichte im Museum Judengasse.
Kulturdezernent Hans-Bernhard Nordhoff (SPD) äußerte sich bei der Präsentation des Buchs dankbar über die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, strich jedoch zugleich heraus, dass es nach wie vor Aspekte der Judenverfolgung gebe, die nicht aufgearbeitet seien. Sowohl Hanno Loewy, Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, als auch Georg Heuberger, Leiter des Jüdischen Museums, nannten als Beispiel die Geschichte der städtischen Museen in jener Zeit, der sich allerdings nunmehr eine Arbeitsgruppe angenommen habe. Loewy fügte hinzu, die Museen hätten seinerzeit von der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung profitiert, sei ihnen doch so die Möglichkeit gegeben worden, preiswert ihre Sammlungen zu ergänzen.
Wie Kingreen hervorhob, lebten auch nach der "Reichskristallnacht", dem "Anfang vom Ende", noch viele jener 26 000 Juden, die 1933 in Frankfurt gezählt worden waren, in der Stadt. Dann jedoch habe eine massive Auswanderung eingesetzt. In einem der Aufsätze ist nachzulesen, dass beim Beginn der Deportationen im Oktober 1941 noch ungefähr 10 000 Juden in Frankfurt wohnten, ein Jahr darauf kaum mehr als 1000. Die Autoren beschäftigen sich unter anderem mit der Rettung von Kindern durch organisierte Flucht ins Ausland, mit dem "Judenreferat" der Gestapo, mit der Zwangsarbeit von Juden in den Jahren bis 1942 und mit der Situation der wenigen Menschen jüdischen Glaubens, die 1945 in Frankfurt lebten.
Die Vorstellung des Buchs fand in der Rotunde der Festhalle statt - ein historischer Ort: In die Festhalle waren im November 1938 zahlreiche jüdische Männer verschleppt worden, um nach Tagen der Schikanierung in Konzentrationslager gebracht zu werden. Die Namen jener 534, die nach Dachau kamen, sind in dem Buch abgedruckt.
Monica Kingreen (Hrsg.), "Nach der Kristallnacht". Jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938-1945, Campus Verlag, Frankfurt/New York 1999, 48 Mark.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Buch über jüdisches Leben in Frankfurt von 1938 bis 1945
mak. Mit dem Leben der Juden in Frankfurt in den Jahren zwischen den Pogromen im November 1938 und dem Kriegsende 1945 befasst sich ein Sammelband, den das Fritz-Bauer-Institut gestern gemeinsam mit dem Jüdischen Museum und dem Institut für Stadtgeschichte vorgestellt hat. Das von Monica Kingreen herausgegebene Buch ist aus einer Tagung des Fritz-Bauer-Instituts im Jahr 1996 hervorgegangen und enthält 15 Aufsätze, die sich mit speziellen Aspekten jener Zeit beschäftigen; der 16. Beitrag behandelt die Gedenkstätte am Börneplatz sowie die Datenbank zur jüdischen Geschichte im Museum Judengasse.
Kulturdezernent Hans-Bernhard Nordhoff (SPD) äußerte sich bei der Präsentation des Buchs dankbar über die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, strich jedoch zugleich heraus, dass es nach wie vor Aspekte der Judenverfolgung gebe, die nicht aufgearbeitet seien. Sowohl Hanno Loewy, Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, als auch Georg Heuberger, Leiter des Jüdischen Museums, nannten als Beispiel die Geschichte der städtischen Museen in jener Zeit, der sich allerdings nunmehr eine Arbeitsgruppe angenommen habe. Loewy fügte hinzu, die Museen hätten seinerzeit von der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung profitiert, sei ihnen doch so die Möglichkeit gegeben worden, preiswert ihre Sammlungen zu ergänzen.
Wie Kingreen hervorhob, lebten auch nach der "Reichskristallnacht", dem "Anfang vom Ende", noch viele jener 26 000 Juden, die 1933 in Frankfurt gezählt worden waren, in der Stadt. Dann jedoch habe eine massive Auswanderung eingesetzt. In einem der Aufsätze ist nachzulesen, dass beim Beginn der Deportationen im Oktober 1941 noch ungefähr 10 000 Juden in Frankfurt wohnten, ein Jahr darauf kaum mehr als 1000. Die Autoren beschäftigen sich unter anderem mit der Rettung von Kindern durch organisierte Flucht ins Ausland, mit dem "Judenreferat" der Gestapo, mit der Zwangsarbeit von Juden in den Jahren bis 1942 und mit der Situation der wenigen Menschen jüdischen Glaubens, die 1945 in Frankfurt lebten.
Die Vorstellung des Buchs fand in der Rotunde der Festhalle statt - ein historischer Ort: In die Festhalle waren im November 1938 zahlreiche jüdische Männer verschleppt worden, um nach Tagen der Schikanierung in Konzentrationslager gebracht zu werden. Die Namen jener 534, die nach Dachau kamen, sind in dem Buch abgedruckt.
Monica Kingreen (Hrsg.), "Nach der Kristallnacht". Jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938-1945, Campus Verlag, Frankfurt/New York 1999, 48 Mark.
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11.11.1999, Frankfurter Rundschau :"Nach der Kristallnacht"
"Ein Buch, das den Fakten der Zerstörung der deutsch- jüdischen Lebenswelt Name und Stimme gibt."
"Ein Buch, das den Fakten der Zerstörung der deutsch- jüdischen Lebenswelt Name und Stimme gibt."
"Nach der Kristallnacht"
"Ein Buch, das den Fakten der Zerstörung der deutsch- jüdischen Lebenswelt Name und Stimme gibt." (Frankfurter Rundschau, 11.11.1999)
"Ein Buch, das den Fakten der Zerstörung der deutsch- jüdischen Lebenswelt Name und Stimme gibt." (Frankfurter Rundschau, 11.11.1999)