Der bizarrste und ungewöhnlichste Krimi des Jahres.
Die Menschheit hat sich selbst nahezu ausgerottet. Nur auf den abgelegenen Falklandinseln geht der Alltag weiter - bis der Gouverneur mit einer Churchill-Büste erschlagen wird ... Hannes Steins skurriler Weltuntergangskrimi ist ein philosophisch-postapokalyptisches Vergnügen.
Eines gleich vorweg: Vom Weltuntergang sprechen die Figuren dieses Buches nicht. Nein, die Apokalypse, die auch ein überforderter US-Präsident mit eigenartiger Frisur nicht verhindern konnte, wird von den Bewohnern der Falklands mit dem der Insel eigenen Understatement nur mit »die betrüblichen Ereignisse, über die wir ungern reden« umschrieben.
Das gemütliche Leben in der britischen Enklave (denn diese Inseln sind britisch, und wie!) hat sich seither aber ohnehin kaum verändert: Man geht weiterhin in den Pub, schert die Schafe und geniest die gute Meeresluft. Na gut, die Kinderlosigkeit ist schon seltsam. Und die Tatsache, dass mangefährliche Expeditionen aufs argentinische Festland wagen muss, um Vorräte anzulegen, macht den Menschen auch zu schaffen. Außerdem gibt es da noch das vollbesetzte Kreuzfahrtschiff, das vor der Küste liegt und dessen Passagiere nur zu gerne ihre Kabinen verlassen und sich auf der Insel ansiedeln wurden.
Als dann plötzlich der allseits beliebte Gouverneur erschlagen wird - in einem Raum, dessen Türen und Fenster von innen verriegelt waren -, geraten die Dinge aus den Fugen.
Wer steckt hinter dem heimtückischen Mord? Und was ist das Tatmotiv? Joshua Feldenkrais, Moderator des Inselradios, ermittelt auf eigene Faust - und gerat dabei immer tiefer in einen Strudel aus Verschwörungen, finsteren Machenschaften und Pinguinen ...
Die Menschheit hat sich selbst nahezu ausgerottet. Nur auf den abgelegenen Falklandinseln geht der Alltag weiter - bis der Gouverneur mit einer Churchill-Büste erschlagen wird ... Hannes Steins skurriler Weltuntergangskrimi ist ein philosophisch-postapokalyptisches Vergnügen.
Eines gleich vorweg: Vom Weltuntergang sprechen die Figuren dieses Buches nicht. Nein, die Apokalypse, die auch ein überforderter US-Präsident mit eigenartiger Frisur nicht verhindern konnte, wird von den Bewohnern der Falklands mit dem der Insel eigenen Understatement nur mit »die betrüblichen Ereignisse, über die wir ungern reden« umschrieben.
Das gemütliche Leben in der britischen Enklave (denn diese Inseln sind britisch, und wie!) hat sich seither aber ohnehin kaum verändert: Man geht weiterhin in den Pub, schert die Schafe und geniest die gute Meeresluft. Na gut, die Kinderlosigkeit ist schon seltsam. Und die Tatsache, dass mangefährliche Expeditionen aufs argentinische Festland wagen muss, um Vorräte anzulegen, macht den Menschen auch zu schaffen. Außerdem gibt es da noch das vollbesetzte Kreuzfahrtschiff, das vor der Küste liegt und dessen Passagiere nur zu gerne ihre Kabinen verlassen und sich auf der Insel ansiedeln wurden.
Als dann plötzlich der allseits beliebte Gouverneur erschlagen wird - in einem Raum, dessen Türen und Fenster von innen verriegelt waren -, geraten die Dinge aus den Fugen.
Wer steckt hinter dem heimtückischen Mord? Und was ist das Tatmotiv? Joshua Feldenkrais, Moderator des Inselradios, ermittelt auf eigene Faust - und gerat dabei immer tiefer in einen Strudel aus Verschwörungen, finsteren Machenschaften und Pinguinen ...
buecher-magazin.deDie Welt ist vor einiger Zeit untergegangen - aber keiner redet darüber. Auf den Falklandinseln erwähnt man "die betrüblichen Ereignisse, über die wir ungern reden", ähnlich selten wie den Unaussprechlichen in "Harry Potter". Auf der von der atomaren Apokalypse verschonten Inselgruppe im Südatlantik ist Hannes Steins zweiter Roman angesiedelt. Nach der Utopie eines heutigen, liberalen Habsburgerreiches in "Der Komet" widmet sich der in Brooklyn lebende Journalist nun einer heiteren Dystopie. Kein Widerspruch und erneut unterhaltsam zu lesen. Auf den zu Großbritannien gehörenden Falklands behält man die typisch "stiff upper lip", bewahrt also Haltung. Die vielfältigen Typen, die Stein entwirft, kümmern sich lieber ums normale Leben, scheren ihre Schafe, gehen in den Pub oder bereiten sich aufs Weihnachtsfest vor. Nur die Tatsache, dass auf den kleinen Inseln seit Jahren keine Kinder mehr auf die Welt gekommen sind und wohl nur die titelgebenden Pinguine auf Dauer überleben werden, trübt die Beschaulichkeit. Und der Mord am Gouverneur, der mit einer Churchill-Büste erschlagen wurde. Unfreiwilliger Ermittler wird Joshua Feldenkrais, schwuler Radiomoderator des Inselsenders und zum Mormonen konvertierter Jude, der immer noch an die große Liebe glaubt. Klingt schwierig? Ist es aber nicht.
© BÜCHERmagazin, Michael Pöppl (mpö)
© BÜCHERmagazin, Michael Pöppl (mpö)
Mit großer Verve und brillant-schwarzem Humor erzählt Hannes Stein die Geschichte von Joshua Feldenkrais, die uns in die Abgründe der Weltgeschichte führt und in der es um Euthanasie und Weltkriege geht, Fish and Chips, britische Königstreue, das Überleben der Israelis und die Geschichte des Krimis. Vor allem aber ist die Handlung auch eine Parodie auf die »Locked-Room-Mysteries«. (...) Ernste Themen, aber schön verpackt in einem ironischen und spannenden Roman. Georg Patzer Jüdische Allgemeine
Die Menschheit ist ein dummes Tier
Postapokalypse auf den Falkland-Inseln: Hannes Steins neuer Roman „Nach uns die Pinguine“
Hannes Stein hat ein Faible für Weltuntergänge. In „Der Komet“ (2013), seinem Debütroman, erzählte der aus München stammende, inzwischen in New York lebende Autor von einem Europa, in dem der Erste Weltkrieg und alles ihm folgende politische Unheil nie stattgefunden haben. Tiefer Friede seit Jahrzehnten, ein kluger k. u. k. Monarch auf einem unangefochtenen Thron, Wien als kultureller Mittelpunkt der Welt – schöner könnte es nicht sein. Dann aber droht plötzlich der titelgebende Himmelskörper alles zu vernichten.
In „Der Komet“ bleibt die Katastrophe in letzter Minute aus, in „Nach uns die Pinguine“ ist schon am Anfang alles maximal schiefgegangen. Mehrere nuklear und chemisch ausgetragene Konflikte haben fast die gesamte Menschheit ausgelöscht. Nur auf den vor der Küste Argentiniens gelegenen, zu Großbritannien gehörigen Falklands hat sich eine Zivilisation erhalten, die ihren Namen verdient. Ausgerechnet hier aber ereignet sich eine furchtbare Untat: Ralph MacNaughtan, der Gouverneur, wird mit einer Churchill-Büste erschlagen. Die Tat ist rätselhaft, war MacNaughtan doch nicht nur, wie allgemein bekannt, wegen einer Krebserkrankung todgeweiht, sondern zudem überaus beliebt.
Das Vorbild von „Nach uns die Pinguine“ ist, trotz des postapokalyptischen Settings, die klassische englische detective novel. Schon damit, dass er den Mord in einem von innen verschlossenen Zimmer passieren lässt, greift Stein ein vertrautes Motiv auf. Die Handlung spielt zudem auf dem Land, es gibt eine Galerie farbig-biederer Nebenfiguren. Der Ich-Erzähler Joshua Feldenkrais, der sich um die Aufklärung des Falls bemüht, ist kein schneidiger Profi, sondern ein eher schüchterner Radiomoderator. Die beiden tölpelhaften Inselpolizisten sind Wiedergänger von Oliver Hardy und Stan Laurel. Einerseits gibt es hier also die leicht verschrobene Gemütlichkeit eines Hercule-Poirot- oder Miss-Marple-Romans. Andererseits ist, wie schon in „Der Komet“, das Satyrspiel, das hier stattfindet, eine ironisch-melancholische Replik auf reale politische Tragödien. Als „hochkomplizierte Höllenmaschine“ bezeichnet Joshua einmal die verhängnisvolle Verkettung von Ereignissen, die „gewöhnlich Geschichte genannt wird“.
Im Plauderton werden nebenbei einige Grausamkeiten und Absurditäten referiert: die blutigen Zerwürfnisse zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik, zwischen den indischen Hindus und Muslimen, der bizarre, vom argentinischen Militär angezettelte Krieg um die Falklands im Jahr 1982. In der Zukunftswelt des Romans sieht es nicht viel besser aus; die einzigen anderen Überlebenden, die den Inselbewohnern bekannt sind, haben sich in zwei irrwitzigen, mörderischen Sekten-Staaten zusammengeschlossen. „Die Menschheit ist ein dummes Tier. Die Menschheit lernt nicht“, stellt der Freund des Ich-Erzählers daher resignativ fest.
Aber das ist dann doch nicht das letzte Wort. In einem schwungvollen, mehrfach gestaffelten Finale schafft Stein den kühnen Sprung vom geschichtsphilosophisch finster grundierten Kriminalroman zum biblisch-erotisch aufgeladenen Spiel mit den Inselutopien der Aufklärung. Alles wird gut – und doch bleibt in der wunschtraumhaften Lösung der Konflikte die Erinnerung an deren realweltliche Virulenz bewahrt. In der letzten Szene küssen sich ein Jude und ein Muslim unter einem zu Weihnachten aufgehängten Mistelzweig liebevoll auf den Mund.
CHRISTOPH HAAS
Hannes Stein: Nach uns die Pinguine. Ein Weltuntergangskrimi. Galiani Verlag, Berlin 2017. 208 Seiten, 19 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Die einzigen Überlebenden haben
sich in mörderischen Sekten-
Staaten zusammengeschlossen
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Postapokalypse auf den Falkland-Inseln: Hannes Steins neuer Roman „Nach uns die Pinguine“
Hannes Stein hat ein Faible für Weltuntergänge. In „Der Komet“ (2013), seinem Debütroman, erzählte der aus München stammende, inzwischen in New York lebende Autor von einem Europa, in dem der Erste Weltkrieg und alles ihm folgende politische Unheil nie stattgefunden haben. Tiefer Friede seit Jahrzehnten, ein kluger k. u. k. Monarch auf einem unangefochtenen Thron, Wien als kultureller Mittelpunkt der Welt – schöner könnte es nicht sein. Dann aber droht plötzlich der titelgebende Himmelskörper alles zu vernichten.
In „Der Komet“ bleibt die Katastrophe in letzter Minute aus, in „Nach uns die Pinguine“ ist schon am Anfang alles maximal schiefgegangen. Mehrere nuklear und chemisch ausgetragene Konflikte haben fast die gesamte Menschheit ausgelöscht. Nur auf den vor der Küste Argentiniens gelegenen, zu Großbritannien gehörigen Falklands hat sich eine Zivilisation erhalten, die ihren Namen verdient. Ausgerechnet hier aber ereignet sich eine furchtbare Untat: Ralph MacNaughtan, der Gouverneur, wird mit einer Churchill-Büste erschlagen. Die Tat ist rätselhaft, war MacNaughtan doch nicht nur, wie allgemein bekannt, wegen einer Krebserkrankung todgeweiht, sondern zudem überaus beliebt.
Das Vorbild von „Nach uns die Pinguine“ ist, trotz des postapokalyptischen Settings, die klassische englische detective novel. Schon damit, dass er den Mord in einem von innen verschlossenen Zimmer passieren lässt, greift Stein ein vertrautes Motiv auf. Die Handlung spielt zudem auf dem Land, es gibt eine Galerie farbig-biederer Nebenfiguren. Der Ich-Erzähler Joshua Feldenkrais, der sich um die Aufklärung des Falls bemüht, ist kein schneidiger Profi, sondern ein eher schüchterner Radiomoderator. Die beiden tölpelhaften Inselpolizisten sind Wiedergänger von Oliver Hardy und Stan Laurel. Einerseits gibt es hier also die leicht verschrobene Gemütlichkeit eines Hercule-Poirot- oder Miss-Marple-Romans. Andererseits ist, wie schon in „Der Komet“, das Satyrspiel, das hier stattfindet, eine ironisch-melancholische Replik auf reale politische Tragödien. Als „hochkomplizierte Höllenmaschine“ bezeichnet Joshua einmal die verhängnisvolle Verkettung von Ereignissen, die „gewöhnlich Geschichte genannt wird“.
Im Plauderton werden nebenbei einige Grausamkeiten und Absurditäten referiert: die blutigen Zerwürfnisse zwischen Haiti und der Dominikanischen Republik, zwischen den indischen Hindus und Muslimen, der bizarre, vom argentinischen Militär angezettelte Krieg um die Falklands im Jahr 1982. In der Zukunftswelt des Romans sieht es nicht viel besser aus; die einzigen anderen Überlebenden, die den Inselbewohnern bekannt sind, haben sich in zwei irrwitzigen, mörderischen Sekten-Staaten zusammengeschlossen. „Die Menschheit ist ein dummes Tier. Die Menschheit lernt nicht“, stellt der Freund des Ich-Erzählers daher resignativ fest.
Aber das ist dann doch nicht das letzte Wort. In einem schwungvollen, mehrfach gestaffelten Finale schafft Stein den kühnen Sprung vom geschichtsphilosophisch finster grundierten Kriminalroman zum biblisch-erotisch aufgeladenen Spiel mit den Inselutopien der Aufklärung. Alles wird gut – und doch bleibt in der wunschtraumhaften Lösung der Konflikte die Erinnerung an deren realweltliche Virulenz bewahrt. In der letzten Szene küssen sich ein Jude und ein Muslim unter einem zu Weihnachten aufgehängten Mistelzweig liebevoll auf den Mund.
CHRISTOPH HAAS
Hannes Stein: Nach uns die Pinguine. Ein Weltuntergangskrimi. Galiani Verlag, Berlin 2017. 208 Seiten, 19 Euro. E-Book 16,99 Euro.
Die einzigen Überlebenden haben
sich in mörderischen Sekten-
Staaten zusammengeschlossen
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