Das Leben Helmuth Plessners - Zeugnis einer Geistesgeschichte zwischen Exil und Remigration.Helmuth Plessner ist einer der interessantesten deutschen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. In der Weimarer Republik wies der Mitbegründer der philosophischen Anthropologie radikale Ideologien zurück. Als »Halbjude« 1933 von der Universität Köln entlassen, emigrierte er in die Niederlande und lehrte an der Universität Groningen, bis er 1943 von der deutschen Besatzungsmacht erneut relegiert wurde. Die letzten Kriegsjahre überlebte er im Untergrund. Nach dem Krieg erhielt er seine Groninger Professur zurück und nahm 1951 einen Ruf nach Göttingen an. Plessner wirkte entscheidend am Wiederaufbau der Philosophie an den deutschen Universitäten nach 1945 mit und gehört zu den Gründungsvätern der bundesdeutschen Soziologie. Bekannt wurde er vor allem mit seiner im Exil entstandenen Deutschlandstudie »Die verspätete Nation«.Carola Dietze legt die erste Biographie Helmuth Plessners vor, die aufArchivquellen basiert. Sie führt in Plessners Philosophie ein und analysiert, welchen Einfluß die Erfahrung der Emigration auf sein Denken hatte. Exemplarisch werden der Verlauf eines Wissenschaftsexils in den Niederlanden, die Gründe für eine Rückkehr nach Deutschland und die Situation eines Remigranten in der Bundesrepublik der fünfziger Jahre untersucht.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ohne Abstriche lobt Gangolf Hübinger Carola Dietzes "historische Biografie" über den Gelehrten Helmuth Plessner. War Plessner ein Grenzgänger zwischen Philosophie und Soziologie, so gelinge es Dietze in ihrer Dissertation nun, Kulturwissenschaft und Biografik fruchtbar zu verbinden. Dass sich die Autorin mehr für das soziale Umfeld Plessners und weniger für eine Neubewertung von dessen Schriften interessiert, kann der Rezensent nur gutheißen. Als "Musterbeispiel universitärer Feldforschung" preist er das Kapitel über die Rückkehr Plessners ins Nachkriegsdeutschland und das verbliebene akademische Milieu. Das Fazit "schlüssig", die Studie insgesamt "quellengründlich" und souverän geschrieben: Hübinger kann einzig und allein den "trübbraunen" Schutzumschlag der inhaltlich so attraktiven Studie monieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH