Schatten der Vergangenheit nehmen Fleisch und Blut an. Hauptdarsteller dieses Schattentheaters ist der Tod. Alle sind ihm ausgeliefert. Ob sie sich noch so sehr tarnen, spalten, verdoppeln die Dramaturgie ist vorgezeichnet. Der Tod verleiht ihren Rollen im Leben erst den wahren Sinn. "Einmal gewesen zu sein ? scheint nicht widerrufbar", heißt es in der Neunten Duineser Elegie Rilkes. Theater dagegen ist widerrufbar. Anekdoten lösen sich auf, das Gelächter des Zufalls verklingt, die Grimassen der Betroffenheit sind bald entlarvt. Große Gebärden, eitle Klänge, fadenscheinige Kostüme. Und doch…mehr
Schatten der Vergangenheit nehmen Fleisch und Blut an. Hauptdarsteller dieses Schattentheaters ist der Tod. Alle sind ihm ausgeliefert. Ob sie sich noch so sehr tarnen, spalten, verdoppeln die Dramaturgie ist vorgezeichnet. Der Tod verleiht ihren Rollen im Leben erst den wahren Sinn. "Einmal gewesen zu sein ? scheint nicht widerrufbar", heißt es in der Neunten Duineser Elegie Rilkes. Theater dagegen ist widerrufbar. Anekdoten lösen sich auf, das Gelächter des Zufalls verklingt, die Grimassen der Betroffenheit sind bald entlarvt. Große Gebärden, eitle Klänge, fadenscheinige Kostüme. Und doch müssen wir immer wieder in den Spiegel schauen, nach der Wahrheit suchen hinter dem Schein der Masken. Wir brauchen das Theater, aber welches Theater? Verspielen wir nicht unser Spiel? Aus Träumen können Albträume werden. Die Personen, die durch diese Tagträume geistern, haben gelebt; aber nicht so, wie sie hier erscheinen. Sie haben sich verwandelt, vermischt, dramatisiert. Wenn jemand trotzdem ihre Spuren und Konturen erkennen sollte, wird er enttäuscht: die Ähnlichkeit mit realen Personen oder Ereignissen ist rein zufällig. Das ist literarisches Gesetz. Sonst würde die Phantasie darben. Und Phantasie ist das einzige Mittel, mit dem wir unsere grausame Wirklichkeit verändern und verbessern können.
Claus Helmut Drese wurde 1922 in Aachen geboren. Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Köln, Bonn und Marburg. Promotion, dann Dramaturg in Marburg, Engagements in Osnabrück (1950-52), am Nationaltheater Mannheim (1952-59), als Intendant in Heidelberg (1959-63), in Wiesbaden (1962-68), als Generalintendant in Köln (1968-75), als Direktor des Opernhauses Zürich (1975-86). 1984 Berufung zum Direktor der Wiener Staatsoper (bis 1991). Künstlerischer Berater und Regisseur in Athen (1991-96). Etwa 70 Opern- und Schauspiel-Inszenierungen.
Rezensionen
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Der Theaterintendant Claus Helmut Drese hat hier "fünf flüssig und spannend geschriebene" Erzählungen veröffentlicht, lobt Rezensentin Marianne Zelger-Vogt. In diesen gehe es um die Kunst, in Form von Künstlerschicksalen, die teils real, teils fiktiv seien. Die Erzählungen findet Zelger-Vorgt relativ unterschiedlich, sowohl in der Kunstrichtung, um die es darin gehe, als auch im Hinblick auf die autobiografischen Anklänge und den historischen Hintergrund. Eines jedoch, meint sie, haben sie gemeinsam: "der aufklärerische Glaube an Vernunft und Verständigung und an jene Werte der Kunst" für die Drese "in seiner ganzen Laufbahn eingetreten ist".