Kunststücke zaubert Nora Gomringer - sprachliche Kunststücke. Ihr Können auf dem Feld der Dichtkunst hat die preisgekrönte Lyrikerin bereits in den zwei Gedichtbänden "Sag doch mal was zur Nacht" und "Klimaforschung" bewiesen, nun schickt Nora Gomringer in ihrem dritten Werk Nachrichten aus der Luft: Reisegedichte, Nahgedichte und Gedichte von Ferne, also Liebes- und Aus-Schluss-vorbei-Gedichte. Denn was geliebt und beschrieben wird, muss aus der Nähe betrachtet werden.
Auf der CD zum Buch trägt Nora Gomringer einige der Gedichte aus dem Buch vor.
Neu herausgegeben im Sammelband "Mein Gedicht fragt nicht lange reloaded".
Auf der CD zum Buch trägt Nora Gomringer einige der Gedichte aus dem Buch vor.
Neu herausgegeben im Sammelband "Mein Gedicht fragt nicht lange reloaded".
Wer beim Lesen des Wortes "Lyrik" für gewöhnlich zum nächsten Artikel übergeht, sollte jetzt trotzdem weiterlesen. Denn Nora Gomringer überbringt mit "Nachrichten aus der Luft" geistreiche und vitale Verse, die dazu geeignet sind, Lyrikhemmschwellen einzuebnen. In drei Teilen, "Luftbrücke", "Luftwege" und "Luftspiegelung", umkreisen die Gedichte Alltagserfahrungen der Liebe, in fremden Ländern und Erfahrungen der Dichterin in der Rolle als Frau. Als Gomringer Ende August den Nachfolger von "Klimaforschung" (2008) beim Erlanger Poetenfest vorstellte, klang sie selbst noch etwas skeptisch: Nun sei es da, das neue Kind mit den Eigenheiten, die es noch lieben zu lernen gelte. Die Autorin sei beruhigt: Liebenswert ist schon die ideenreiche typographische Gestalt des Bandes, erst recht dessen Inhalt. Eindrücke und Gedanken sind überzeugend verdichtet. So steht man längst im Bann der Worte, ehe man merkt, dass hier sprachlich und emotional durchaus vertracktes Terrain betreten wird. "Sex.doc" etwa verhandelt nicht nur das komikträchtige Problem, wie sich zwei Körper am besten aneinander anpassen lassen. Zur Sprache kommt in diesem Gedicht auch, welche emotionalen und kommunikativen Klippen beim Sex womöglich umschifft werden müssen. Spielerisch und feinfühlig entfaltet und verschiebt Gomringer Wortbedeutungen und schärft so die Wahrnehmung des Lesenden. (Nora Gomringer: "Nachrichten aus der Luft". Voland & Quist Verlag, Leipzig 2010. 80 S., CD, geb., 15,90 [Euro].) btro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Als Luftgeist der Lesebühne ist die Autorin der Rezensentin in toller Erinnerung. Dass dem Band eine CD mit dem Original-Atem der Dichterin beigegeben ist, ist für Angelika Overath also ein zusätzlicher Gewinn. Die Texte sind es ohnehin. Overath bewundert ihre Schwerelosigkeit, ihre Klassikerkompatibilität andererseits. Ob Nora Gomringer also Reisen, die Liebe oder das Selbst behandelt, immer wohnt Overath der Magie der Verwandlung "ungelöster" Erfahrung in Sprache bei, dem genuin dichterischen Akt. Bei Gomringer mit prägnanten Ergebnissen, wie Overath uns versichert, und in diesem Band sogar mit wechselnden Schrifttypen und variierender Placierung, die das Buch auch schon mal auf den Kopf stellt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH