Das letzte Jahr hat gezeigt, daß die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenpolitik ausgedient hat: In Pittsburgh berieten die G20-Staaten über die Finanzkrise, in Kopenhagen rangen die Vereinten Nationen um ein Konzept zur Abwendung des Klimawandels, in London suchte man nach Lösungen für den Konflikt in Afghanistan. In diesem Jahr der verschwimmenden Grenzen hat Ulrich Beck notiert, was im auffiel: in den Medien und in der Wirklichkeit, global und lokal. In seinen Kolumnen, die u. a. in der Frankfurter Rundschau erschienen, bringt er Ordnung ins diskursive Durcheinander. Wir brauchen, so Beck, endliche eine Weltinnenpolitik.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.01.2011Und heute?!
Die geforderte Leistung war herkulisch: "Ich denke an einen monatlichen Bericht zur Lage des Globus", trug Arno Widmann im Juni 2009 eine Idee an Ulrich Beck heran. Was der Feuilleton-Chef der "Frankfurter Rundschau" von dem Soziologen wollte, waren aktuelle Analysen, "die uns klarmachen, wohin die Weltgeschichte geht". Die resultierende Kolumne "Weltinnenpolitik" ist nun als Buch in der Edition Suhrkamp erschienen. Die dort gesammelten Texte lösen die gestellte Aufgabe zwar nicht (das ist schon angesichts des gewährten Umfangs schlicht unmöglich), bereiten aber mit viel Sinn für gesellschaftliche Weichenstellungen Zusammenhänge ansehnlich, verständlich und verdichtet auf. Wer glaube, so Beck, in einer vernetzten Welt noch in Kategorien wie "Die" und "Wir" denken zu können, sei blind für die zentralen Herausforderungen der Gegenwart. Angesichts globaler Risiken wie Klimawandel, Atomwaffen in den Händen von Terroristen oder der Weltwirtschaftskrise beschwört er den "Imperativ der Prävention" - gemeinsames Handeln, bevor es zu spät ist. Das gerät analytisch hie und da erwartbar oberflächlich, ist dafür aber sehr meinungsstark und trägt etwas in sich, das sich als intellektuelle Wut bezeichnen ließe: "Unseren Eltern haben wir vorgehalten: Wie konntet ihr nur von den Greueltaten der Nationalsozialisten nichts wissen?! Und heute? Tausende Weltbürger sterben an den Seegrenzen der EU, Millionen Kinder verhungern Tag für Tag. Aber wir gucken weg. Das ist trivial und zutiefst empörend zugleich." (Ulrich Beck: "Nachrichten aus der Weltinnenpolitik". Edition Suhrkamp, Berlin 2010. 150 S., br., 10,- [Euro].) azza
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Die geforderte Leistung war herkulisch: "Ich denke an einen monatlichen Bericht zur Lage des Globus", trug Arno Widmann im Juni 2009 eine Idee an Ulrich Beck heran. Was der Feuilleton-Chef der "Frankfurter Rundschau" von dem Soziologen wollte, waren aktuelle Analysen, "die uns klarmachen, wohin die Weltgeschichte geht". Die resultierende Kolumne "Weltinnenpolitik" ist nun als Buch in der Edition Suhrkamp erschienen. Die dort gesammelten Texte lösen die gestellte Aufgabe zwar nicht (das ist schon angesichts des gewährten Umfangs schlicht unmöglich), bereiten aber mit viel Sinn für gesellschaftliche Weichenstellungen Zusammenhänge ansehnlich, verständlich und verdichtet auf. Wer glaube, so Beck, in einer vernetzten Welt noch in Kategorien wie "Die" und "Wir" denken zu können, sei blind für die zentralen Herausforderungen der Gegenwart. Angesichts globaler Risiken wie Klimawandel, Atomwaffen in den Händen von Terroristen oder der Weltwirtschaftskrise beschwört er den "Imperativ der Prävention" - gemeinsames Handeln, bevor es zu spät ist. Das gerät analytisch hie und da erwartbar oberflächlich, ist dafür aber sehr meinungsstark und trägt etwas in sich, das sich als intellektuelle Wut bezeichnen ließe: "Unseren Eltern haben wir vorgehalten: Wie konntet ihr nur von den Greueltaten der Nationalsozialisten nichts wissen?! Und heute? Tausende Weltbürger sterben an den Seegrenzen der EU, Millionen Kinder verhungern Tag für Tag. Aber wir gucken weg. Das ist trivial und zutiefst empörend zugleich." (Ulrich Beck: "Nachrichten aus der Weltinnenpolitik". Edition Suhrkamp, Berlin 2010. 150 S., br., 10,- [Euro].) azza
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