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In einem kleinen Dorf tief in der russischen Provinz eine zweite Heimat zu finden, das war der Traum. Dann kam der Angriff auf die Ukraine. Von den Abenteuern und Skurrilitäten des russischen Landlebens erzählt Lutz Dursthoff mit Leichtigkeit und Humor. Und er hält mit Wehmut und Zorn fest, was dieser Krieg alles zerstört hat.
»Seit Jahren hatten mir Freunde gesagt, 'schreib das doch auf', wenn ich berichtete, auf welch abenteuerlichen Wegen meine Frau und ich es, trotz pandemiebedingt geschlossener Grenzen, auf unsere Datscha geschafft hatten. Oder was die Wölfe im Winter wieder angestellt
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Produktbeschreibung
In einem kleinen Dorf tief in der russischen Provinz eine zweite Heimat zu finden, das war der Traum. Dann kam der Angriff auf die Ukraine. Von den Abenteuern und Skurrilitäten des russischen Landlebens erzählt Lutz Dursthoff mit Leichtigkeit und Humor. Und er hält mit Wehmut und Zorn fest, was dieser Krieg alles zerstört hat.

»Seit Jahren hatten mir Freunde gesagt, 'schreib das doch auf', wenn ich berichtete, auf welch abenteuerlichen Wegen meine Frau und ich es, trotz pandemiebedingt geschlossener Grenzen, auf unsere Datscha geschafft hatten. Oder was die Wölfe im Winter wieder angestellt hatten.« Endlich hatte Lutz Dursthoff, langjähriger Sachbuchlektor im Verlag Kiepenheuer & Witsch, mit dem Schreiben begonnen. Doch dann der Bruch. Die Ungeheuerlichkeit eines brutalen Angriffskrieges, geführt von dem Land, das ihm mit den Jahren so vertraut geworden war. Wie weitererzählen? Am Ende ist ein berührender Abgesang entstanden, eine nostalgische Erzählung von einer versunkenen, idyllischen Welt, die seine aus Russland stammende Frau und er sich in der ländlichen Abgeschiedenheit erobert und erarbeitet hatten, ganz buchstäblich auf den Äckern, Beeten und in den Treibhäusern ihrer Datscha. Sowie ein subjektives Zeugnis der Zeit, als der Krieg wieder Einzug in Europa hielt.
Autorenporträt
Lutz Dursthoff, geboren 1953, war nach dem Studium der Germanistik und Philosophie in Verlagen in Frankfurt am Main und Düsseldorf tätig, bevor er zu Kiepenheuer & Witsch in Köln kam, wo er zuletzt als Cheflektor Sachbuch gearbeitet hat. Bei KiWi, in langen Raucherpausen mit Kolleginnen, entstand die erste Idee für dieses Buch. 
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.2024

Von der Bruchbude zur Villa Kunterbunt
Und dann kam der Krieg: Lutz Dursthoff schildert die Kuriositäten des russischen Landlebens

Jetzt bitte kein Wohlstandsgejammer angesichts großer Not. Das könnte man zumindest denken, wenn man den Titel von Lutz Dursthoffs Buch liest: "Nachruf aufs Paradies. Meine Frau, unsere russische Datscha und ich". Tatsächlich ist der frühere Cheflektor des Sachbuchs bei Kiepenheuer & Witsch klug genug, nicht sehenden Auges in diese Falle zu tappen. Stattdessen betont er immer wieder, wie banal die eigenen Sehnsüchte vor dem Hintergrund des Angriffskrieges sind. Und er schildert die zwiespältigen Empfindungen zwischen der Abscheu vor einem diktatorischen Regime und der über Jahrzehnte gewachsenen Verbundenheit zu einem entlegenen Ort und den Eigenheiten seiner Bewohner - immer geknüpft an die Frage, inwiefern das überhaupt zu trennen ist.

Entstanden ist dieser Bezug vor allem durch Dursthoffs Frau Galina, die er 1990 auf einer Dienstreise in das Russland der Perestroika kennenlernte, worauf schon bald die Hochzeit und damit die Beschäftigung mit der Kultur des Landes folgten. Die Idee, seine Erlebnisse aus der Zeit in Russland zu einem heiteren Buch zu verschriftlichen, trug der Autor seit geraumer Zeit mit sich herum. Dann griff, kaum dass er die Umsetzung begonnen hatte, Russland die Ukraine an.

Doch Dursthoff dachte nicht daran, das Projekt ad acta zu legen. Stattdessen erweiterte er seine Erinnerungen um jene unter dem Eindruck des Kriegs entstandenen Erfahrungen. So verkauft der Titel das Buch etwas unter Wert, immerhin leuchtet Dursthoff die Familiengeschichte seiner Frau, wie auch zahlreiche Innenansichten der russischen Gesellschaft aus - wobei er zwischen augenzwinkernden Kuriositäten und beinahe soziologischen Befunden wechselt.

Die im Untertitel angeführte Datscha bezeichnet für Russland typische Ferienhäuser, meist am Stadtrand oder auf dem Land gelegen. Lutz Dursthoff und seine Frau haben sich jedes Jahr für mehrere Monate aus Köln in ein abgelegenes Dorf nahe der belarussischen Grenze namens Uskoje zurückgezogen, wo sie die Familiendatscha seiner Schwiegermutter bewohnten. Das Ehepaar baute die Bruchbude zu einer russischen Villa Kunterbunt mit etlichen Nebengebäuden, Gewächshäusern und einer Sauna aus.

Neben Anekdoten über das Werkeln und Gärtnern finden sich bei Dursthoff ebenso viele gesellschaftliche Beobachtungen. Besonders kurios sind etwa die Erzählungen zum Aberglauben der Dorfbevölkerung oder zur Praxis, russische Produkte mit Etikettierungen erfundener deutsch klingender Marken zu vertreiben. Schilderungen über einen aufscheinenden Antisemitismus oder die Haltung einiger Dorfbewohner zur Regimepropaganda stimmen dagegen nachdenklich.

Zwar kommt die episodische Struktur, mit der Dursthoff seine Erfahrungen darlegt, der anekdotischen Erzählweise entgegen, doch wünscht man sich beim Lesen, dass er die Ausführungen zumindest nach übergeordneten Gesichtspunkten oder chronologisch gegliedert hätte. Stattdessen springt er recht assoziativ von einem Thema zum nächsten. So geht es beispielsweise erst um den Einzug von Soldaten aus den ärmsten Regionen Russlands, dann um den Komposthaufen des Ehepaars und eine Seite später um deutsche Lehnwörter im Russischen.

Mit dieser wechselhaften Erzählweise versäumt es Dursthoff an einigen Stellen, Themen von größerer sozialer Dimension zu erschließen, etwa das Alkoholproblem vieler Menschen in der russischen Provinz. Eher nebenbei berichtet er, dass der Sohn einer dorfbekannten Trinkerin, die sich nicht um ihre Kinder sorgt, einmal in der Datscha aufgetaucht ist. Was aber folgte daraus? So bleiben in diesem lesenswerten Buch immer wieder manche Aspekte der russischen Gesellschaft unterbelichtet, von denen der nur oberflächlich mit dem Land vertraute Leser wohl nichts ahnt. ROBIN PASSON

Lutz Dursthoff: Nachruf aufs Paradies. Meine Frau, unsere russische Datscha und ich.

Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2024.

256 S., geb., 23,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Robin Passon hätte sich mehr Tiefgang oder immerhin eine stringentere chronologische Ordnung gewünscht in Lutz Dursthoffs episodischer Anekdotensammlung über die Erfahrungen des Autors in der russischen Provinz. Wenn der Autor über die Umgestaltung der Familiendatsche oder den Kompost nachdenkt und kurz darauf russischen Antisemitismus oder den russischen Angrifsskrieg in der Ukraine behandelt, wirkt das auf Passon mitunter irritierend. Die ganze soziale Dimension der an sich interessanten Beobachtungen im Buch bleibt so auch allzu oft im Dunkeln, bedauert der Rezensent. Davon abgesehen aber bietet ihm Dursthoff allerhand Kurioses unterhaltsam serviert.

© Perlentaucher Medien GmbH
»ein vergnügliches Buch« Susanne Schramm Aachener Zeitung 20240715