Der Anruf, den Catherine eines Abends erhält, lässt ihre Welt zusammenbrechen: Ihr Sohn Alexis liegt nach einem schweren Unfall in einer New Yorker Klinik im Koma. Zusammen mit Marc, dem rätselhaften Anrufer, fliegt sie in die USA und erfährt unterwegs, was Alexis vor der Familie verheimlicht hatte:
Er ist schwul und lebt seit zwei Jahren mit Marc zusammen. Es bleibt nicht das einzige Geheimnis um…mehrDer Anruf, den Catherine eines Abends erhält, lässt ihre Welt zusammenbrechen: Ihr Sohn Alexis liegt nach einem schweren Unfall in einer New Yorker Klinik im Koma. Zusammen mit Marc, dem rätselhaften Anrufer, fliegt sie in die USA und erfährt unterwegs, was Alexis vor der Familie verheimlicht hatte: Er ist schwul und lebt seit zwei Jahren mit Marc zusammen. Es bleibt nicht das einzige Geheimnis um Alexis. Der Unfall war kein Zufall, sondern ganz offensichtlich ein Mordversuch. Doch wer könnte dem lebensfrohen und empathischen Alexis nach dem Leben trachten?
„Nacht ohne Morgen“ ist die berührende Geschichte zweier traumatisierter Menschen, die sich nach der wahren Liebe sehnen und dabei lange ein falsches Leben im richtigen führen. Marc kompensiert seine Verlustängste durch berufliches Engagement und eine steile Karriere, Alexis gelingt es dagegen nicht, den richtigen Moment zu finden, um sich vor seiner Familie zu outen, obwohl er nie befürchten muss, dass seine Sexualität nicht akzeptiert würde. Beide suchen die Liebe fürs Leben, ohne zu wissen, was das eigentlich für sie bedeutet. Bis sie sich begegnen, durchleben sie mehr oder weniger kurzlebige Beziehungen, die meistens daran zerbrechen, dass sich die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Marc ist über Dreißig, Alexis etwas jünger, aber beiden ist klar, dass ihr schwules Verfallsdatum langsam abläuft.
Benoit d’Halluin findet für die Gefühle der beiden Protagonisten die passenden Worte, zwischen Sehnsucht, Einsamkeit und dem strahlenden Moment, als sich Marc und Alexis begegnen. Mit großer Einfühlsamkeit beschreibt er die Unterschiede der Partnersuche in Europa und den USA und es wird deutlich, warum es dort so extrem schwierig ist, „Mr. Right“ zu finden und dauerhafte Beziehungen einzugehen. Umso schöner ist es, dass man auch als Leser sofort spürt, dass Marc und Alexis einander brauchen, wie die Luft zum Atmen. Zu keiner Zeit gleitet der Autor in pornografische oder triviale Abgründe ab, er befriedigt keinen Voyeurismus, sondern konzentriert sich auf die Gefühlslagen und Zweifel der Protagonisten. Gleichzeitig baut er zunehmend Spannung auf, denn von den ersten Seiten an ist klar, dass Alexis seinen Todfeind kurz vor dem Unfall erkannt hat. In Frage kommen zwar einige ehemalige Partner, deren Eifersucht immer noch lodert, nur wer es letztlich ist, bleibt lange im Dunkeln, auch dank einiger unerwarteter Wendungen.
„Nacht ohne Morgen“ ist eine literarische Liebeserklärung an zwei Menschen, die sich gesucht und gefunden haben. Der Krimi, der sich um das Attentat rankt, ist dabei nur der Auslöser dafür, die ganze Geschichte in raffiniert komponierten Rückblenden zu erzählen, wobei d’Halluin stets die richtige Balance zwischen Emotion und Spannung hält. Ein Roman, den man alleine schon wegen seiner präzisen Sprache auch mehrmals mit Gewinn lesen kann.
Die liebevollen Details in der Buchausstattung, mit farbiger Fadenheftung, Lesebändchen und clever strukturiertem Einband zeigt, dass auch der Verlag weiß, dass er hier eine seltene Perle schwuler Literatur im Programm hat.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)