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Eine aufrüttelnde Familiengeschichte zwischen Revolution, Flucht und deutscher Gegenwart
Vier Familienmitglieder, vier Jahrzehnte, vier unvergessliche Stimmen. Aufwühlend und anrührend erzählt Shida Bazyar eine Geschichte, die ihren Anfang 1979 in Teheran nimmt und den Bogen spannt bis in die deutsche Gegenwart.
1979. Behsad, ein junger kommunistischer Revolutionär, kämpft nach der Vertreibung des Schahs für eine neue Ordnung. Er erzählt von klandestinen Aktionen, funkenschlagender Hoffnung und davon, wie er in der literaturbesessenen Nahid die Liebe seines Lebens findet.
Zehn Jahre
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Produktbeschreibung
Eine aufrüttelnde Familiengeschichte zwischen Revolution, Flucht und deutscher Gegenwart

Vier Familienmitglieder, vier Jahrzehnte, vier unvergessliche Stimmen. Aufwühlend und anrührend erzählt Shida Bazyar eine Geschichte, die ihren Anfang 1979 in Teheran nimmt und den Bogen spannt bis in die deutsche Gegenwart.

1979. Behsad, ein junger kommunistischer Revolutionär, kämpft nach der Vertreibung des Schahs für eine neue Ordnung. Er erzählt von klandestinen Aktionen, funkenschlagender Hoffnung und davon, wie er in der literaturbesessenen Nahid die Liebe seines Lebens findet.

Zehn Jahre später in der deutschen Provinz: Behsad und Nahid sind nach der Machtübernahme der Mullahs mit ihren Kindern geflohen. Stunde um Stunde verbringen sie vor dem Radio und hoffen auf Neuigkeiten von den Freunden, die untertauchen mussten. Sie wollen zurückkehren, unbedingt, und suchen zugleich eine Heimat in der Fremde.

1999 reist deren Tochter Laleh gemeinsam mit ihrer Mutter nach Teheran. Zwischen »Kafishaps«, Schönheitsritualen und geflüsterten Geheimnissen lernt sie ein Land kennen, das sich nur schwer mit den Erinnerungen aus der Kindheit deckt. Ihr Bruder Mo beobachtet ein Jahrzehnt später belustigt die pseudoengagierten Demos der deutschen Studenten. Doch dann bricht die Grüne Revolution in Teheran aus und stellt seine Welt auf den Kopf.

Shida Bazyar gelingt ein dichtes, zartes und mitreißendes Familienmosaik. Und ein hochaktueller, bewegender Roman über Revolution, Unterdrückung, Widerstand und den unbedingten Wunsch nach Freiheit.
Autorenporträt
Shida Bazyar, geboren 1988 in Hermeskeil, studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim und war, neben dem Schreiben, viele Jahre in der Jugendbildungsarbeit tätig. Ihr Debütroman 'Nachts ist es leise in Teheran' erschien 2016 und wurde u.a. mit dem Bloggerpreis für Literatur, dem Ulla-Hahn-Autorenpreis und dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. 'Drei Kameradinnen' folgte 2021 und stand auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.02.2016

Und was tun Sie auf der anderen Seite?
Shida Bazyars Roman "Nachts ist es leise in Teheran" erzählt ein über drei Jahrzehnte reichendes, bis heute gültiges Flüchtlingsfamilienschicksal

Das Debüt von Shida Bazyar hätte keinen besseren Moment finden können. In Deutschland geborene Schriftsteller tun sich nach wie vor schwer mit dem Thema, das mehr als alle anderen unsere Gegenwart bestimmt: der Flüchtlingsfrage und den damit verbundenen Problemen von Identitätsbildung oder -aufgabe. Sage niemand, dieses auffällige Schweigen - das natürlich nicht für Autoren wie etwa Abbas Khider gilt, die auf Deutsch über ihre eigenen Fluchterlebnisse schreiben - liege an der erst kurzfristigen Aktualität des Themas. Abgesehen davon, dass seit langem Hunderttausende jährlich übers Mittelmeer oder an diesem entlang in die Europäische Union und besonders nach Deutschland drängen, ist es doch gerade der Anspruch engagierter Literatur, gesellschaftliche Entwicklungen vorauszuahnen. Außer Sherko Fatahs Roman "Das dunkle Schiff" von 2008 und Jenny Erpenbecks letztjährigem "Gehen, ging, gegangen", in den jene Menschen und das Material einflossen, die der Berliner Schriftstellerin vor der eigenen Haustür zugänglich waren, gibt es aber noch keine gelungenen Versuche. Shida Bazyars "Nachts ist es leise in Teheran" ist nun der dritte.

Der Name des Romans wie der der Autorin weisen darauf hin, dass die 1988 im rheinland-pfälzischen Hermeskeil geborene Shida Bazyar familiäre Wurzeln in Iran hat. Ihre Neugier auf das Thema Flucht ist somit wie beim ebenfalls in Deutschland geborenen Fatah biographisch bedingt; die Eltern, in Bazyars Roman als Figuren leicht wiedererkennbar, verließen in den achtziger Jahren ihre Heimat, obwohl sie als links orientierte Studenten den Sturz des Schahs im Jahr 1979 begrüßt hatten. Doch die Mullah-Herrschaft machte den Hoffnungen auf einen demokratischen Aufbruch ein rasches Ende, und das erste Kapitel von "Nachts ist es leise in Teheran" erzählt am Beispiel des jungen Marxisten Behsad von jenen Tagen im Jahr 1979, als einen Moment lang das Schicksal des Landes auf der Kippe stand, ehe es in den ideologisch-theologischen Abgrund stürzte, aus dem es bis heute nicht herausgekommen ist. Der sich mit der Gesinnungsgenossin Nahid verheiratende Behsad wartet immerhin noch acht Jahre ab, ehe er 1987 mit den gemeinsamen Kindern, der damals fünfjährigen Laleh und dem erst einjährigen Morad, nach Deutschland ausreist, wo sich die Familie in einem ungenannten Provinzstädtchen ansiedelt, das leicht als Hermeskeil zu identifizieren ist.

Der Roman berichtet also von einer Flucht, die Jahrzehnte zurückliegt, einer luxuriösen überdies, denn die Familie kauft einfach Flugtickets nach Istanbul. Doch da ein dauerhaftes Verlassen Irans verboten war, kann sie kaum etwas mitnehmen und beginnt in Deutschland ganz neu - mit dem mühseligen Weg durch Interimsquartiere und Behörden, um als Asylanten anerkannt zu werden und endlich arbeiten zu dürfen. Diese Schilderungen haben Allgemeingültigkeit.

Shida Bazyars Roman kann für sich in Anspruch nehmen, uns über diese Prozeduren und die wie auch immer geartete Integration in die deutsche Gesellschaft aus einer Perspektive zu erzählen, die gemeinhin hierzulande nicht zur Sprache findet - einfach, weil die Betroffenen diese Sprache meist nicht beherrschen. Es ist deshalb faszinierend, wie der Roman aufgebaut ist: Jeweils ein Viertel wird aus der Sicht eines der Familienmitglieder erzählt, und natürlich ist der Blick der in Iran erwachsen gewordenen Behsad und Nahid ein anderer als der ihrer Kinder, die ihre wichtigen Lebenserfahrungen in Deutschland machen. Wobei Behsad nach dem im revolutionären Iran spielenden Auftaktkapitel nicht mehr selbst zu Wort kommt, aber in den Darstellungen seiner Angehörigen als ein Mann deutlich wird, der seinen früheren Antrieb eingebüßt hat ("Ich weiß nicht, wann Behsad weint", erzählt seine Frau. "Aber sicher ist, er zeigt es mir nie."), weil er in der neuen Umgebung keine Rolle mehr spielt, schon sprachlich nicht - seine Frau ist weitaus versierter im Deutschen - und mangels des vertrauten Kreises, der in Iran zurückgeblieben ist und in den Folgejahren systematisch zerschlagen, teilweise gar gewaltsam ausgelöscht wird.

Nahids Erzählung setzt 1989 ein, als sie und die Ihren sich ein wenig in Deutschland etabliert haben. Doch die Fremdheit bleibt, gerade auch in den Reaktionen auf deutsche Verhaltensweisen. Als ein befreundetes Ehepaar davon berichtet, dass die Polizei sie bei einer gegen Atomkraft gerichteten Blockade weggetragen habe, entsteht ein hinreißend lapidar geschilderter Moment der Irritation bei Nahid: "Wohin wurdet ihr getragen?, frage ich, rege mich zum ersten Mal seit gefühlten Stunden, und alle Blicke richten sich plötzlich auf mich. Auf die andere Seite, sagt Walter nach einer Weile, weiter weg von den Gleisen. Und was hat man dann mit euch gemacht?, frage ich. Wenn man euch wegträgt, auf die andere Seite, bleibt ihr dann einfach auf der anderen Seite?, traue ich mich nicht zu fragen. Sie haben nichts mehr gemacht, sie hätten unsere Personalien aufnehmen können, aber das haben sie nicht, sagt Walter." Mehr muss nicht gesagt werden, um zu zeigen, wie ratlos Menschen, die ihr Leben eingesetzt haben, gegenüber einer friedlichen Gesellschaft sind, obwohl sie sich doch gerade die auch für ihre Heimat wünschten, und wie ratlos Deutsche gegenüber den Flüchtlingserfahrungen sein müssen.

Die von Laleh und Morad erzählten Kapitel gelten dann weiter im Zehnjahresrhythmus den Jahren 1999 und 2009. Laleh erlebt ihren ersten Besuch in Teheran. Gemeinsam mit der Mutter lernt sie die Verwandten kennen, die persische Lebensart, den Zusammenhalt einer Großfamilie. Sie bestaunt die Welt, aus der ihre Familie stammt, und der Titel des Romans nennt einen Moment dieses Staunens: darüber, dass selbst das lautstarke iranische Leben stille Momente kennt. Die dann aber weitaus zahlreicher sind, als zunächst erwartet, gerade auch im Umgang mit den Angehörigen von Freunden der Eltern, die ermordet wurden, oder mit der Familie, die die verlorenen Kinder nur auf kurze Zeit zurückbekommt. Morad wiederum tritt im Jahr 2009 als Hedonist auf, der Widerstand aus Stilgründen betreibt - persönliche Bindungen sind als Motivation viel wichtiger als politische Überzeugungen. Er ist völlig integriert ins deutsche Umfeld, und ein früherer Besuch in Iran hat weniger Spuren hinterlassen als bei Laleh.

Was so lange als psychologisch-phänomenologischer Roman daherkommt, schlägt dann in einer verblüffenden, unvorbereiteten Volte noch um. Sie bringt etwas in das Buch, das Shida Bayzar zuvor streng vermieden hat: Pathos. Doch gerade dadurch bekommt "Nachts ist es leise in Teheran" eine Dringlichkeit, die alles, was vorher erzählt wurde (und wie es erzählt wurde), in ein neues Licht setzt. Denn da kommt ein leicht jüngeres Alter Ego der Autorin zu Wort, und es wird klar, dass kein Mensch mit der Geschichte seiner Familie je abschließen kann. Es ist zugleich eine der Hoffnungen, die in der Flüchtlingskrise noch bestehen.

ANDREAS PLATTHAUS

Shida Bazyar: "Nachts ist es leise in Teheran". Roman.

Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016. 284 S., geb., 17,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In "Nachts ist es dunkel in Teheran" schildert Shida Bazyar den Ort zwischen zwei Heimaten, den Ort der Hybriden, jener Familien für deren Erfahrungen wir das Wort "Migrationshintergrund" benutzen. Dieser dritte Ort ist der Rezensentin Bahareh Ebrahimi nicht unbekannt. Umso bemerkenswerter, dass es Bazyar offensichtlich gelingt, die Kritikerin mit ihrem authentischen Debütroman über eine iranische Familie zu überzeugen. Vier Generationen dieser Familie kommen hier zu Wort, repräsentiert von vier Erzählern mit jeweils eigener Stimme und eigenem Ton, die mal poetisch, mal politisch, vor allem aber ehrlich ihre Geschichten von der Islamischen Revolution bis zur Gegenwart erzählen, so Ebrahimi. Das Prinzip scheint zu überzeugen. Zwar hält sich die Rezensentin nicht mit überschwänglichen Lobeshymnen auf, doch das umfassende Resümee, das sie dem Roman widmet, spricht Bände.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Shida Bazyar ist ein aufregendes Romandebüt gelungen: Ohne eitle Larmoyanz, mit großem Einfühlungsvermögen und sprachlicher Souveränität vergegenwärtigt sie exemplarische Lebensgeschichten, die auch als ein Roman über die aktuellen Herausforderungen der Integration gelesen werden können.« Stephan Lohr spiegel.de