Schon sehr lange bewegen sich Menschen nackt in der Natur. Das Nacktbaden ist heutzutage bereits etwas ganz selbstverständliches. In den letzten Jahren findet der Trend des Nacktwanderns immer mehr Anhänger, so dass im Mai 2010 Deutschlands erster ausgeschilderter Nacktwanderweg im Harz offiziell eröffnet wurde. Nicole Wunram beschreibt den Wegverlauf. Wanderneulinge erfahren wie sie sich einer Gruppe anschließen können und welche Vorbereitungsmaßnahmen notwendig sind.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.08.2012Wandern ohne Gewand
Es ist ein Loblied auf das "Lichtkleid" als adäquate Wanderbekleidung, das Nicole Wunram geschrieben hat. Ihr Sachbuch über das meist in Gruppen zelebrierte Wandern ohne Gewand - ob Schuhe erlaubt sind, darüber streiten die Puristen noch - gibt Einblicke in Geschichte und Gesetzgebung und stellt Propagandisten sowie Pionierfiguren der textilfreien Fortbewegung vor. In ihrer "Geschichte des Nacktseins" entwirft sie von den Olympischen Spielen der Antike und den Thermen des alten Rom bis zur neuzeitlichen Prüderie und Geschlechtertrennung zugleich eine Geschichte der (zweifelhaften) Sittsamkeit. Nicole Wunram hebt die Vorreiterrolle von Strömungen wie der Jugendbewegung des "Wandervogels" hervor, aber auch kommunistisch-egalitäre Geisteshaltungen etwa in der DDR als einstigem "Nacktbadeparadies". Sie widmet sich solch Ehrenkodizes wie "Wir sind nackt und nennen uns du" oder erzählt nicht ohne Witz von den sporadischen Begegnungen mit konterrevolutionären Textilträgern und deren ungläubigen bis neidvollen Reaktionen. Neben Verweisen auf historische Sekundärliteratur wie die erste naturistische Publikation von Heinrich Pudor aus dem Jahr 1893, "Nackende Menschen. Jauchzen der Zukunft", bietet der Band auch aktuelle Internetlinks zum enttextilierten Flanieren, zu Nacktsportarten wie dem Nacktyoga und eigenen Terminen, darunter der "Weltnacktradeltag". Ein Kapitel dieses alternativen Touristenführers ist dem "Harzer Naturistenstieg" gewidmet, der als erster deutscher Nacktwanderweg am 29. Mai 2010 fast unbemerkt von der Öffentlichkeit eingeweiht wurde: "Politiker blieben dem Termin fern, da sie nichts Passendes anzuziehen hatten", schließt das originelle, wenn auch manchmal etwas missionarische Büchlein.
sg
"Nacktwandern" von Nicole Wunram. Conrad Stein Verlag, Welver 2011. 94 Seiten, 46 Abbildungen, vier Karten. Broschiert, 7,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist ein Loblied auf das "Lichtkleid" als adäquate Wanderbekleidung, das Nicole Wunram geschrieben hat. Ihr Sachbuch über das meist in Gruppen zelebrierte Wandern ohne Gewand - ob Schuhe erlaubt sind, darüber streiten die Puristen noch - gibt Einblicke in Geschichte und Gesetzgebung und stellt Propagandisten sowie Pionierfiguren der textilfreien Fortbewegung vor. In ihrer "Geschichte des Nacktseins" entwirft sie von den Olympischen Spielen der Antike und den Thermen des alten Rom bis zur neuzeitlichen Prüderie und Geschlechtertrennung zugleich eine Geschichte der (zweifelhaften) Sittsamkeit. Nicole Wunram hebt die Vorreiterrolle von Strömungen wie der Jugendbewegung des "Wandervogels" hervor, aber auch kommunistisch-egalitäre Geisteshaltungen etwa in der DDR als einstigem "Nacktbadeparadies". Sie widmet sich solch Ehrenkodizes wie "Wir sind nackt und nennen uns du" oder erzählt nicht ohne Witz von den sporadischen Begegnungen mit konterrevolutionären Textilträgern und deren ungläubigen bis neidvollen Reaktionen. Neben Verweisen auf historische Sekundärliteratur wie die erste naturistische Publikation von Heinrich Pudor aus dem Jahr 1893, "Nackende Menschen. Jauchzen der Zukunft", bietet der Band auch aktuelle Internetlinks zum enttextilierten Flanieren, zu Nacktsportarten wie dem Nacktyoga und eigenen Terminen, darunter der "Weltnacktradeltag". Ein Kapitel dieses alternativen Touristenführers ist dem "Harzer Naturistenstieg" gewidmet, der als erster deutscher Nacktwanderweg am 29. Mai 2010 fast unbemerkt von der Öffentlichkeit eingeweiht wurde: "Politiker blieben dem Termin fern, da sie nichts Passendes anzuziehen hatten", schließt das originelle, wenn auch manchmal etwas missionarische Büchlein.
sg
"Nacktwandern" von Nicole Wunram. Conrad Stein Verlag, Welver 2011. 94 Seiten, 46 Abbildungen, vier Karten. Broschiert, 7,90 Euro.
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