Kunstfertig bestickte Nadelbücher - jene aus Stoffstücken zusammengenähten kleinen Bündel zum Aufbewahren von Näh- und Stecknadeln - wurden in Familien traditionell von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Viele solcher Needle-books wurden einst in der Tschechoslowakei hergestellt.Für Petr Borkovec ist das Nadelbuch ein Erinnerungsgegenstand, der auf die weibliche Welt seiner Vorfahren verweist. Sein Gedichtband dokumentiert als intimes Tagebuch eine subtile Annäherung an die Welt der Mutter und der Großmütter, indem er von alltäglichen Gegenständen, privaten Räumen oder Flusslandschaften erzählt. Von schmerzhafter Erfahrung des Verlusts stimuliert, schafft Borkovec im Beobachten und Abwägen Bilder der inneren und äußeren Unstetigkeit, von kontrollierter Nervosität. Zugleich ist das Nadelbuch aber auch Chiffre für das Handwerk, das Instrumentarium des Dichters, und Borkovec' Buch zielt in zweifachem Sinne darauf, die Kette nicht zu unterbrechen: jene der eigenen Familie und jene der dichterischen Sprache der Vorgänger.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Ein Nadelbuch, erfahren wir in Andreas Breitensteins Rezension, sind "kunstfertig bestickte Stoffbündel zum Aufbewahren von Näh- und Stecknadeln", die in Tschechien traditionell weitervererbt werden. Etwas dieser Art also will dieser Lyrik-Band des in Böhmen geborenen, heute in Prag lebenden Peter Borkovec sein. Und das ist er auch, meint der Rezensent. Borkovec reiht sich, ohne Selbstüberhebung, in die große Tradition von Trakl, Rilke, Holan ein, ist allerdings bei aller möglichen Anlehnung an "klassizistische" Vorbilder ein Naturlyriker dann doch ganz eigenen Tons. "Vibrierende Melancholie" bescheinigt Breitenstein den Landschaftsbildern, der Autor erweise sich dennoch immer wieder als "Priester des Glücks".
© Perlentaucher Medien GmbH
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