In seinen sprach- und bildgewaltigen „Nächtliche(n) Erklärungen“ schreibt Edem Awumey ergreifend und beeindruckend über die Gräueltaten und Schikanen eines diktatorischen, korrupten und gewalttätigen Unrechtsregimes, aber auch über die Schuld- und Schamgefühle des Überlebenden, über die tröstliche,
haltgebende und erhellende Bedeutung der Literatur sowie über die heilsame Wirkung des…mehrIn seinen sprach- und bildgewaltigen „Nächtliche(n) Erklärungen“ schreibt Edem Awumey ergreifend und beeindruckend über die Gräueltaten und Schikanen eines diktatorischen, korrupten und gewalttätigen Unrechtsregimes, aber auch über die Schuld- und Schamgefühle des Überlebenden, über die tröstliche, haltgebende und erhellende Bedeutung der Literatur sowie über die heilsame Wirkung des Schreibens.
Der 45-jährige Afrikaner Ito ist sterbenskrank.
Er leidet an Leukämie.
Bevor er stirbt, möchte er sich seine schmerzhaften Erinnerungen, die er bis dato nur aushalten konnte, indem er sie in Alkohol ertränkte, von der Seele schreiben.
In den 80-er Jahren hat Ito in seinem afrikanischen Heimatland, das von einem diktatorischen Regime geführt wurde, Furchtbares durchgemacht.
Die Tortur begann mit einer für den damaligen Studenten harmlosen aber enthusiastischen Flugblattaktion und endete mit Unterdrückung, Gefangenenlager, Folter und Flucht.
Zu Beginn dieser aufwühlenden Geschichte sitzt Ito im Zug.
Er war auf einer Lesung in Québec und befindet sich auf dem Weg nach Hause in seine Souterrainwohnung bei Ottawa, wo er mit seiner drogenabhängigen Freundin Kimi lebt.
Auch Kimi, eine Frau mit indigenen Wurzeln, musste in ihrem Leben schon viel Leid ertragen.
Die beiden haben Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft und geben sich Halt und Geborgenheit, wichtige Voraussetzungen, um die quälenden Erinnerungen und schlimmen Erfahrungen zu verdauen, die sie beide erlebt haben.
Bei all dem Schrecklichen, das Ito durchgemacht hat, war Koli Lem, ein älterer, blinder und gebildeten Mann, den er im Straflager kennenlernte, ein Lichtblick.
Durch ihn lernte Ito die Welt der Bücher und die Kraft der Literatur kennen. Eine Welt, in die die beiden eintauchen und flüchten konnten. Eine Welt, die ihnen kurzzeitigen Rückzug vor all dem Elend ermöglichte.
Nachdem Ito nach dem politischen Zusammenbruch flüchten konnte, kehrte er kurz zu seinen Eltern zurück und begann danach in Kanada ein neues Leben.
Ein Leben mit Kimi und Schreiben.
Ich empfehle dieses zutiefst bewegende, erschütternde, derb, direkt und ungeschönt geschriebene Buch von Edem Awumey, der 1975 in Lomé, Togo geboren wurde und heute bei Ottawa lebt, sehr gerne weiter.
Es ist der vierte Roman des in Deutschland leider noch recht unbekannten Schriftstellers, dessen zweiter Roman „Les Pieds sales“ in Frankreich für den Prix Goncourt nominiert wurde.
„Nächtliche Erklärungen“ ist eine Wucht. Es ist ein erschütterndes Werk über Geschehnisse und Themen, vor denen man nicht die Augen verschließen sollte... Nervenstärke und emotionale Stabilität sind nötig, um sich diesem absolut lesenswerten Werk zu stellen.