Bis heute wird unser Bild des römischen Kaisers Nero und unsere Vorstellung von seiner Herrschaftszeit wesentlich von Tacitus geprägt. Besondere Faszination und Nachwirkung entfalten dabei Szenen wie die Ermordung der Kaisermutter Agrippina, der Brand Roms mit der anschließenden Christenverfolgung, die Pisonische Verschwörung oder der erzwungene Suizid des Stoikers Seneca, um nur die eindrucksvollsten anzuführen. Welche erzählerischen Mittel und Techniken Tacitus in seinen Nerobüchern (ann. XIII-XVI) einsetzt, war bislang jedoch weitestgehend unklar und wird nun erstmals unter reflektiertem Einbezug gegenwärtiger diskursanalytischer Theorien aus Narratologie und Spannungsforschung untersucht. Drei thematisch gegliederte Kapitel stellen die komplexe Erzählordnung, die abwechslungsreichen Perspektivenstrukturen und subtilen Abstufungen der narrativen Distanz sowie die verschiedenartigen Strategien der Leseraktivierung vor. Im Vordergrund stehen hierbei jeweils eine sorgfältige Identifikation und differenzierte Analyse der Phänomene, ihrer Funktionsfacetten und ihres Wirkungspotenzials.