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In ihrer Biographie stellt Maja Pflug zum erstenmal die ganze Natalia Ginzburg vor: Das gelangweilte Mädchen mit musikbegeisterter Mutter und einem Naturwissenschaftler als Vater, sie Katholikin, er Jude, beide erklärte Atheisten in einem faschistischen Staat - die junge Frau mit ihren bitteren Erfahrungen im Widerstand, den Verlust des geliebten ersten Mannes und ihr mühsames Überleben mit drei kleinen Kindern - die Jahre nach dem Krieg in Rom und Turin: ihre zweite Ehe, ihre Freundschaften mit Cesare Pavese, Elsa Morante und Italy Calvino. ihre Arbeit für den Einaudi-Verlag als Lektorin, die…mehr

Produktbeschreibung
In ihrer Biographie stellt Maja Pflug zum erstenmal die ganze Natalia Ginzburg vor: Das gelangweilte Mädchen mit musikbegeisterter Mutter und einem Naturwissenschaftler als Vater, sie Katholikin, er Jude, beide erklärte Atheisten in einem faschistischen Staat - die junge Frau mit ihren bitteren Erfahrungen im Widerstand, den Verlust des geliebten ersten Mannes und ihr mühsames Überleben mit drei kleinen Kindern - die Jahre nach dem Krieg in Rom und Turin: ihre zweite Ehe, ihre Freundschaften mit Cesare Pavese, Elsa Morante und Italy Calvino. ihre Arbeit für den Einaudi-Verlag als Lektorin, die eine neue, couragierte Literatur fördert und für eine vom Faschismus befreite Sprache kämpft, ihr immer stärker werdendes politisches Engagement, das sie mit siebenundsechzig Jahren schließlich als unabhängige Abgeordnete ins Parlament führt. Und wir lernen Natalia Ginzburg als eine Frau kennen, deren Leben durch die Kinder und Enkel und zugleich durch das Schreiben bestimmt wird.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.1996

Jahre der Entbehrung
Maja Pflug erzählt das Leben der Natalia Ginzburg

In Italien weiß jedes Schulkind, daß Natalia Ginzburg eine bedeutende Schriftstellerin war. Sie bleibt aktuell, weil sie sich vielen Fragen gestellt hat, die die italienische Gesellschaft nach wie vor beschäftigen und verwirren. Und sie bleibt mit ihren persönlichen Antworten eine menschlich-moralische Instanz, obgleich sie sich diese Rolle niemals angemaßt hat.

Kein Leser, kein Kritiker kennt einen Schriftsteller so inwendig wie sein Übersetzer. Dieser "Interpret" muß ja nicht nur den Sinn des Originals aus der fremden Sprache getreu wiedergeben, sondern auch den Duktus, die spröde oder schmiegsame Musik, den Grad der Wärme, das spezifische Gewicht der Wörter und Sätze. So ist auch Maja Pflugs genaue und gründliche Biographie dem Stil der Schriftstellerin, deren Werke sie übersetzt hat, im besten Sinn "angemessen". Ihre Biographie läßt die Persönlichkeit dieser außerordentlichen Frau hervortreten, eingeordnet in die dramatischen Jahrzehnte Italiens, die Natalia Ginzburg von 1916 bis 1991 erlebte.

Maja Pflug zeichnet knapp die historischen Hintergründe, die komplizierten politischen Zusammenhänge und benennt die wichtigsten Figuren des politischen und kulturellen Milieus. Aus diesem Rahmen tritt die Persönlichkeit Natalia Ginzburgs immer deutlicher hervor: die Familie Levi, der sie entstammt, der Vater, ein Anatomieprofessor, die Mutter, Lidia Tanzi, die vier älteren Geschwister, die Heimatstadt Turin. Kärglich war der Lebensstil, vorzüglich die Bildung, auf Freisinnigkeit wurde Wert gelegt, die Atmosphäre war voller Humor und Menschlichkeit.

Die Levis gehörten zur geistigen Elite, die dem Popanz Faschismus auf selbstverständliche Weise widerstand. Natalia Levi heiratete 1938, mit zweiundzwanzig Jahren, Leone Ginzburg, einen Dozenten für russische Literatur. Leone war im Widerstand aktiv und wurde 1940 in ein Abruzzendorf verbannt, Natalia folgte ihm mit den zwei kleinen Kindern. Ihr drittes Kind wurde dort geboren. Später blickte Natalia sehnsüchtig auf diese entbehrungsreichen Jahre zurück.

Nach dem Sturz Mussolinis arbeitete Leone im Widerstand in Rom, wo er von den deutschen Besatzern verhaftet und schwer mißhandelt wurde; er starb im Gefängnis. Natalia überstand mit ihren drei Kindern Verfolgung und Krieg und kehrte nach Turin zurück. Sie arbeitete im Verlag Einaudi, schrieb, zog die Kinder auf. Jahre später heiratet sie erneut: den Anglistik-Professor Antonio Baldini, und nach einer kurzen Zwischenstation in London wird Rom ihre neue Heimat. Zwei schwer behinderte Kinder werden geboren - eine Tragödie in ihrem Leben, die sie schweigend erduldet. Mit dreiundfünfzig Jahren verliert sie ihren zweiten Mann nach fast zwanzig nicht leichten Ehejahren.

Schreiben ist Natalia Ginzburgs Bestimmung und Halt. Der große Erfolg kommt 1963 mit ihrem persönlichsten Buch "Lessico famigliare" ("Familienlexikon"): Die Geschichte ihrer Familie oder, wie sie sagt, "die Quellen der Erinnerung". Als die Kinder erwachsen sind, beginnt sie ihren ständigen "Kommentar" zum Leben: in Erzählform oder als Theaterstück und in zeitkritischen Aufsätzen. Sie läßt sich auf Politik ein und wird als unabhängige Abgeordnete der kommunistischen Partei gewählt. Sie kämpfe, sagt sie, "für Gerechtigkeit". Maja Pflug beschreibt die Vielseitigkeit dieser erstaunlichen und unermüdlichen Frau ohne Pathos, aber untergründig spürt sie allen Vibrationen dieses Lebens nach. TONI KIENLECHNER Maja Pflug: "Natalia Ginzburg". Eine Biographie. Wagenbach Verlag, Berlin 1995. 189 S., Fotos, geb., 34,- DM.

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