Nathalie und François sind ein Paar wie aus dem Märchenbuch, mit Feingefühl und Geschmack. Doch eines Tages kommt François nicht vom Joggen zurück, eine Blumenhändlerin überfährt ihn. Die schöne Nathalie muss fortan allein durchs Leben gehen, sich der Neugier der Kollegen und der Avancen ihres Chefs Charles in der schwedischen Firma, in der sie als leitende Angestellte arbeitsbesessen über der Akte 114 brütet, erwehren. Als der unscheinbare Quotenschwede Markus ihr Büro betritt, packt sie ihn unvermittelt und küsst ihn. Markus, konsterniert, geht aufs Ganze, eine Liebesgeschichte beginnt, wie sie purer, zärtlicher und empfindsamer nicht sein kann. Während in der Firma die Gerüchteküche brodelt und Charles zu brutalen Maßnahmen greift, begeben sich Nathalie und Markus auf die Flucht in den Garten der Großmutter, zurück zu den Ursprüngen von Kindheit und der gemeinsamen Lieblingssüßigkeit PEZ - und lassen sich von der Liebe überraschen. Voller Anspielungen mit hohem Wiedererkennungswert für alle Fans schreibt Foenkinos hier seine bisher schönste Liebesgeschichte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.07.2012Aus Freude am Übermut
David Foenkinos gehört mit seinen heiteren Romanen über den Ernst des Lebens zu den am meisten gelesenen Autoren Frankreichs. Wie ist das möglich? Eine Begegnung.
PARIS, im Juli
Ein französischer Kritiker hat einmal über David Foenkinos gesagt, er sei ein Schriftsteller, der vor allem Frauen bewege. Das hat Foenkinos nicht gern gehört. Ja, natürlich, sagt er, er liebe Frauen und deren Sinnlichkeit, und vielleicht seien seine Bücher auch weiblicher als die anderer Autoren, aber es sei bestimmt nie sein Ziel gewesen, Bücher nur für Frauen zu schreiben. Und ja, er bekomme viele Briefe von Frauen, denen seine Bücher gefielen, aber auch von Männern, sogar von jungen, von sehr jungen Männern sogar, von Literaturstudenten - und während Foenkinos das alles sehr atemlos erzählt und dabei an dem wackeligen Tischchen sitzt, das in der Mitte seines kleinen Pariser Appartements steht, da beschleicht einen dann doch der Verdacht, dass es tatsächlich eher Frauen als Männer sind, die seine Bücher lesen.
Eigentlich lässt sich das, ob es einem nun gefällt oder nicht, leicht erklären: In den Romanen von David Foenkinos geht es nicht immer, aber oft um Liebe und ihre üblichen Begleiterscheinungen, um Langeweile, Verrat, Trennung, auch der Tod spielt eine Rolle. In seinem bisher erfolgreichsten Roman, "Nathalie küsst", erzählt er die Geschichte einer jungen Frau, deren Ehemann beim Joggen von einem Auto überfahren wird. Nathalie muss von nun an allein zurechtkommen, sie stürzt sich in die Arbeit, entwickelt sich zu einer geachteten, unnahbaren Frau und begegnet schließlich einem Kollegen, dem sie am helllichten Tag im Büro einen Kuss gibt. Warum? Sie weiß es nicht. Wohin das führen soll? Weiß sie auch nicht. Sie weiß nur, dass der unscheinbare, ungelenk auftretende Markus eigentlich kein Mann für eine Frau wie sie ist und dass sie ihn dennoch mag.
So nimmt eine Geschichte ihren Lauf, von der sich lange nicht sagen lässt, ob sie nun eine Liebesgeschichte ist oder nicht, und zwar nicht nur, weil Foenkinos der Versuchung widersteht, seinem Roman ein Happy End zu spendieren, und bei allen märchenhaften Anwandlungen, die dieses Buch genauso wie seine anderen auszeichnet, einen letzten Rest von Plausibilität bewahrt. Sondern vor allem, weil im Zentrum eigentlich eine andere Frage steht, nämlich die in der Literatur durchaus schon oft behandelte nach dem Überwinden einer übergroßen Trauer, nach dem Mutfassen infolge der Katastrophe, nach dem Weitermachen ganz grundsätzlich. In diesem Sinn sind Foenkinos' Romane so etwas wie literarische Pendants zu dem Kinofilm "Ziemlich beste Freunde". Und dessen Erfolg stehen sie auch tatsächlich kaum nach: "Nathalie küsst" hat sich in der französischen Taschenbuchausgabe mehr als eine Million Mal verkauft, nach Stéphane Hessels Empörungs-Pamphlet war es das am meisten verkaufte Buch Frankreichs im vergangenen Jahr. Auch in Deutschland landete der Roman auf den Bestsellerlisten.
Als junger Mann ganz nah am Tod
Nun erscheint hierzulande Foenkinos' neues Werk im C. H. Beck Verlag. Es heißt "Souvenirs" und knüpft thematisch an die Vorgänger an. Ein junger Mann möchte Schriftsteller werden, hat aber keine Zeit, sich inspirieren zu lassen, denn erst stirbt sein Großvater, dann zieht seine geliebte Großmutter in ein Altersheim, was nicht nur sie, sondern auch den Enkel, der sie oft besucht, mehr und mehr deprimiert. Eines Tages nimmt die Großmutter Reißaus. Eine Postkarte gibt Hinweise darauf, wo sie sich befinden könnte: in Étretat in der Normandie, dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist und in dem sie so lange zur Schule ging, bis sie gezwungen wurde, ihren Eltern beim Geldverdienen zu helfen.
"Souvenirs" ist eine in heiter-burleskem Ton erzählte, unbefangen mit allerlei Klischees spielende Geschichte um letzte Dinge. Ihm komme es selbst so vor, sagt Foenkinos, als habe er eine Weile gebraucht, bis er sich diesen Dingen vollends zuzuwenden traute, dabei ist der Tod eigentlich ein Thema, das ihn auch aus persönlichen Gründen am meisten interessiert: Der heute 38 Jahre alte Foenkinos litt als Jugendlicher an einer Herzkrankheit, lag mehrere Monate im Krankenhaus und wäre beinahe gestorben. Er spricht sehr leise darüber, so, als wäre die Gefahr noch nicht gebannt. Dabei ist sie das längst, und Foenkinos sieht auch nicht aus wie ein vom Tode bedrohter Mann, im Gegenteil: Er wirkt wie einer, der sein Temperament, seine sich ständig in Bewegung befindlichen langen dünnen Gliedmaßen, seinen braunen Lockenkopf nur schwer im Zaum halten kann. Mittlerweile, dank des großen Erfolges, kann er es sich sogar leisten, darüber nachzudenken, aus seinem winzigen Appartement, in dem die Bücherstapel den Flur allmählich in einen nur mit Mühe passierbaren Gang verwandelt haben, auszuziehen und sich eine Wohnung mit mehr Auslauf zu suchen. Die Romane, aber auch der Film, den er nach der Vorlage von "Nathalie küsst" mit seinem Bruder und der französischen Schauspielerin Audrey Tatou in der Hauptrolle gedreht hat, haben ihm einen bescheidenen Wohlstand beschert, von dem der aus einfachen Verhältnissen stammende Foenkinos nicht zu träumen gewagt hätte.
Dabei ist er jemand, der gern träumt, oder besser gesagt: jemand, der gern mit Träumen spielt. Wenn man mit ihm redet - er redet schnell und viel und nestelt derweil an einem Gummi herum, das er mehrmals um eine leere Cola-Dose wickelt, bis es in einem großen Bogen ans andere Ende des Zimmers springt -, wenn man ihm nur zehn Minuten zuhört, hat man wenigstens zwanzigmal das Wort "ludique" (verspielt) gehört.
Verspieltheit ist sein Ideal
So bezeichnet er sich selbst, und so sind auch seine Bücher. Von Anfang an hat er an unregelmäßig verteilten Stellen in seinen Romanen Fußnoten einfließen lassen, in denen seine Erzähler scheinbar unmotiviert Gedanken äußern, die in den Hauptgeschichten keinen Platz gefunden haben. Er hat sich angewöhnt, kurze Zwischenkapitel in die Handlung einzustreuen, in denen er Erinnerungen von Nebenfiguren seiner Romane schildert, aus Filmen zitiert, Rezepte aufschreibt oder Lexikoneinträge zu Begriffen notiert, die im Roman eine Rolle spielen. Dadurch verweisen die Bücher immer auf eine Welt jenseits der Fiktion, und der Leser kann sich, eben genauso wie in einem Lexikon, von Verweis zu Verweis tragen lassen, was am Ende zu einer Geschichte führt, die mit dem eigentlich im Roman Erzählten nur noch mittelbar zu tun hat. So hebt Foenkinos die Trennung zwischen Autor und Erzähler immer wieder mutwillig auf, aber nicht, wie er versichert, weil er damit eine neue erzähltheoretische Position begründen möchte, sondern allein aus Freude am Horazschen plaire, am Spiel, an einem Übermut, für den er selbst ja eine sehr glaubhafte Verkörperung darstellt.
Dieses Spiel setzt sich auf inhaltlicher Ebene fort. In "Souvenirs" gibt es eine Szene, in der Enkel und Großmutter im Flur des Altersheims vor einem unglaublich schlecht gemalten Bild stehen, auf dem eine hässliche Kuh zu sehen ist. Es ist ein trauriger Anblick an einem jammervollen Ort, aber die beiden fangen an, sich über das Bild zu amüsieren, und brechen schließlich auf, um den Maler zu suchen, der für so viel Scheußlichkeit verantwortlich ist. So entwickelt sich aus einer Situation, die im Grunde an Trostlosigkeit kaum zu überbieten ist, ein burleskes Roadmovie, das dazu führt, dass die alte Frau künftig immer lachen muss, wenn sie im Heim an dem Bild vorbeigeht.
Diese Volte ist letztlich typisch für alle Romane von Foenkinos. Doch sie spiegelt, anders als sich auf den ersten Blick vermuten ließe, nicht etwa kindische Verlegenheit oder einen Gefallen am Kitsch wider, sondern tatsächlich so etwas wie eine Haltung: "Man muss", sagt er, "koste es, was es wolle, die Dinge ins Positive drehen." Seine eigene Krankheit habe ihn das gelehrt: "Das Bewusstsein des Todes ist sehr fröhlich. Es erlaubt, sehr positiv zu sein." Aus diesem Grund schreibt David Foenkinos immer mehr frohgemute Romane über das todernste Leben. Sie spenden Hoffnung, ohne esoterische Schwermut zu verbreiten, sie sind Mutmacherbücher für Erwachsene. Und auf einmal ist es gar nicht mehr so leicht zu erklären, wieso es mehr Frauen als Männer sind, die seine Bücher lesen.
LENA BOPP
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David Foenkinos gehört mit seinen heiteren Romanen über den Ernst des Lebens zu den am meisten gelesenen Autoren Frankreichs. Wie ist das möglich? Eine Begegnung.
PARIS, im Juli
Ein französischer Kritiker hat einmal über David Foenkinos gesagt, er sei ein Schriftsteller, der vor allem Frauen bewege. Das hat Foenkinos nicht gern gehört. Ja, natürlich, sagt er, er liebe Frauen und deren Sinnlichkeit, und vielleicht seien seine Bücher auch weiblicher als die anderer Autoren, aber es sei bestimmt nie sein Ziel gewesen, Bücher nur für Frauen zu schreiben. Und ja, er bekomme viele Briefe von Frauen, denen seine Bücher gefielen, aber auch von Männern, sogar von jungen, von sehr jungen Männern sogar, von Literaturstudenten - und während Foenkinos das alles sehr atemlos erzählt und dabei an dem wackeligen Tischchen sitzt, das in der Mitte seines kleinen Pariser Appartements steht, da beschleicht einen dann doch der Verdacht, dass es tatsächlich eher Frauen als Männer sind, die seine Bücher lesen.
Eigentlich lässt sich das, ob es einem nun gefällt oder nicht, leicht erklären: In den Romanen von David Foenkinos geht es nicht immer, aber oft um Liebe und ihre üblichen Begleiterscheinungen, um Langeweile, Verrat, Trennung, auch der Tod spielt eine Rolle. In seinem bisher erfolgreichsten Roman, "Nathalie küsst", erzählt er die Geschichte einer jungen Frau, deren Ehemann beim Joggen von einem Auto überfahren wird. Nathalie muss von nun an allein zurechtkommen, sie stürzt sich in die Arbeit, entwickelt sich zu einer geachteten, unnahbaren Frau und begegnet schließlich einem Kollegen, dem sie am helllichten Tag im Büro einen Kuss gibt. Warum? Sie weiß es nicht. Wohin das führen soll? Weiß sie auch nicht. Sie weiß nur, dass der unscheinbare, ungelenk auftretende Markus eigentlich kein Mann für eine Frau wie sie ist und dass sie ihn dennoch mag.
So nimmt eine Geschichte ihren Lauf, von der sich lange nicht sagen lässt, ob sie nun eine Liebesgeschichte ist oder nicht, und zwar nicht nur, weil Foenkinos der Versuchung widersteht, seinem Roman ein Happy End zu spendieren, und bei allen märchenhaften Anwandlungen, die dieses Buch genauso wie seine anderen auszeichnet, einen letzten Rest von Plausibilität bewahrt. Sondern vor allem, weil im Zentrum eigentlich eine andere Frage steht, nämlich die in der Literatur durchaus schon oft behandelte nach dem Überwinden einer übergroßen Trauer, nach dem Mutfassen infolge der Katastrophe, nach dem Weitermachen ganz grundsätzlich. In diesem Sinn sind Foenkinos' Romane so etwas wie literarische Pendants zu dem Kinofilm "Ziemlich beste Freunde". Und dessen Erfolg stehen sie auch tatsächlich kaum nach: "Nathalie küsst" hat sich in der französischen Taschenbuchausgabe mehr als eine Million Mal verkauft, nach Stéphane Hessels Empörungs-Pamphlet war es das am meisten verkaufte Buch Frankreichs im vergangenen Jahr. Auch in Deutschland landete der Roman auf den Bestsellerlisten.
Als junger Mann ganz nah am Tod
Nun erscheint hierzulande Foenkinos' neues Werk im C. H. Beck Verlag. Es heißt "Souvenirs" und knüpft thematisch an die Vorgänger an. Ein junger Mann möchte Schriftsteller werden, hat aber keine Zeit, sich inspirieren zu lassen, denn erst stirbt sein Großvater, dann zieht seine geliebte Großmutter in ein Altersheim, was nicht nur sie, sondern auch den Enkel, der sie oft besucht, mehr und mehr deprimiert. Eines Tages nimmt die Großmutter Reißaus. Eine Postkarte gibt Hinweise darauf, wo sie sich befinden könnte: in Étretat in der Normandie, dem Dorf, in dem sie aufgewachsen ist und in dem sie so lange zur Schule ging, bis sie gezwungen wurde, ihren Eltern beim Geldverdienen zu helfen.
"Souvenirs" ist eine in heiter-burleskem Ton erzählte, unbefangen mit allerlei Klischees spielende Geschichte um letzte Dinge. Ihm komme es selbst so vor, sagt Foenkinos, als habe er eine Weile gebraucht, bis er sich diesen Dingen vollends zuzuwenden traute, dabei ist der Tod eigentlich ein Thema, das ihn auch aus persönlichen Gründen am meisten interessiert: Der heute 38 Jahre alte Foenkinos litt als Jugendlicher an einer Herzkrankheit, lag mehrere Monate im Krankenhaus und wäre beinahe gestorben. Er spricht sehr leise darüber, so, als wäre die Gefahr noch nicht gebannt. Dabei ist sie das längst, und Foenkinos sieht auch nicht aus wie ein vom Tode bedrohter Mann, im Gegenteil: Er wirkt wie einer, der sein Temperament, seine sich ständig in Bewegung befindlichen langen dünnen Gliedmaßen, seinen braunen Lockenkopf nur schwer im Zaum halten kann. Mittlerweile, dank des großen Erfolges, kann er es sich sogar leisten, darüber nachzudenken, aus seinem winzigen Appartement, in dem die Bücherstapel den Flur allmählich in einen nur mit Mühe passierbaren Gang verwandelt haben, auszuziehen und sich eine Wohnung mit mehr Auslauf zu suchen. Die Romane, aber auch der Film, den er nach der Vorlage von "Nathalie küsst" mit seinem Bruder und der französischen Schauspielerin Audrey Tatou in der Hauptrolle gedreht hat, haben ihm einen bescheidenen Wohlstand beschert, von dem der aus einfachen Verhältnissen stammende Foenkinos nicht zu träumen gewagt hätte.
Dabei ist er jemand, der gern träumt, oder besser gesagt: jemand, der gern mit Träumen spielt. Wenn man mit ihm redet - er redet schnell und viel und nestelt derweil an einem Gummi herum, das er mehrmals um eine leere Cola-Dose wickelt, bis es in einem großen Bogen ans andere Ende des Zimmers springt -, wenn man ihm nur zehn Minuten zuhört, hat man wenigstens zwanzigmal das Wort "ludique" (verspielt) gehört.
Verspieltheit ist sein Ideal
So bezeichnet er sich selbst, und so sind auch seine Bücher. Von Anfang an hat er an unregelmäßig verteilten Stellen in seinen Romanen Fußnoten einfließen lassen, in denen seine Erzähler scheinbar unmotiviert Gedanken äußern, die in den Hauptgeschichten keinen Platz gefunden haben. Er hat sich angewöhnt, kurze Zwischenkapitel in die Handlung einzustreuen, in denen er Erinnerungen von Nebenfiguren seiner Romane schildert, aus Filmen zitiert, Rezepte aufschreibt oder Lexikoneinträge zu Begriffen notiert, die im Roman eine Rolle spielen. Dadurch verweisen die Bücher immer auf eine Welt jenseits der Fiktion, und der Leser kann sich, eben genauso wie in einem Lexikon, von Verweis zu Verweis tragen lassen, was am Ende zu einer Geschichte führt, die mit dem eigentlich im Roman Erzählten nur noch mittelbar zu tun hat. So hebt Foenkinos die Trennung zwischen Autor und Erzähler immer wieder mutwillig auf, aber nicht, wie er versichert, weil er damit eine neue erzähltheoretische Position begründen möchte, sondern allein aus Freude am Horazschen plaire, am Spiel, an einem Übermut, für den er selbst ja eine sehr glaubhafte Verkörperung darstellt.
Dieses Spiel setzt sich auf inhaltlicher Ebene fort. In "Souvenirs" gibt es eine Szene, in der Enkel und Großmutter im Flur des Altersheims vor einem unglaublich schlecht gemalten Bild stehen, auf dem eine hässliche Kuh zu sehen ist. Es ist ein trauriger Anblick an einem jammervollen Ort, aber die beiden fangen an, sich über das Bild zu amüsieren, und brechen schließlich auf, um den Maler zu suchen, der für so viel Scheußlichkeit verantwortlich ist. So entwickelt sich aus einer Situation, die im Grunde an Trostlosigkeit kaum zu überbieten ist, ein burleskes Roadmovie, das dazu führt, dass die alte Frau künftig immer lachen muss, wenn sie im Heim an dem Bild vorbeigeht.
Diese Volte ist letztlich typisch für alle Romane von Foenkinos. Doch sie spiegelt, anders als sich auf den ersten Blick vermuten ließe, nicht etwa kindische Verlegenheit oder einen Gefallen am Kitsch wider, sondern tatsächlich so etwas wie eine Haltung: "Man muss", sagt er, "koste es, was es wolle, die Dinge ins Positive drehen." Seine eigene Krankheit habe ihn das gelehrt: "Das Bewusstsein des Todes ist sehr fröhlich. Es erlaubt, sehr positiv zu sein." Aus diesem Grund schreibt David Foenkinos immer mehr frohgemute Romane über das todernste Leben. Sie spenden Hoffnung, ohne esoterische Schwermut zu verbreiten, sie sind Mutmacherbücher für Erwachsene. Und auf einmal ist es gar nicht mehr so leicht zu erklären, wieso es mehr Frauen als Männer sind, die seine Bücher lesen.
LENA BOPP
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