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Den Problemen der nationalen Identität und des kollektiven Bewußtseins wendet sich dieser Band in systematischer, vergleichender und historischer Perspektive zu. Gegenstand der Untersuchung sind einmal die unterschiedlichen Konzepte und Modelle der Konstruktion und Imagination kollektiven Bewußtseins. Sodann geht es um die Entstehung und den Wandel von nationaler zu kultureller Identität. Den systematischen und komparativen Analysen folgt schließlich eine Reihe von Fallstudien, die an konkreten Beispielen die Komplexität der Identitätsproblematik verdeutlichen.

Produktbeschreibung
Den Problemen der nationalen Identität und des kollektiven Bewußtseins wendet sich dieser Band in systematischer, vergleichender und historischer Perspektive zu. Gegenstand der Untersuchung sind einmal die unterschiedlichen Konzepte und Modelle der Konstruktion und Imagination kollektiven Bewußtseins. Sodann geht es um die Entstehung und den Wandel von nationaler zu kultureller Identität. Den systematischen und komparativen Analysen folgt schließlich eine Reihe von Fallstudien, die an konkreten Beispielen die Komplexität der Identitätsproblematik verdeutlichen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.03.1995

Welträtsel Nation
Woher sie kommt, wohin sie soll / Politische Taschenbücher

Helmut Berding (Herausgeber): Nationales Bewußtsein und kollektive Identität. Studien zur Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit 2. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1154, Frankfurt am Main 1994. 615 Seiten, 34,80 Mark.

Peter Alter (Herausgeber): Nationalismus. Dokumente zur Geschichte und Gegenwart eines Phänomens. Serie Piper 1787, München 1994. 331 Seiten, 24,90 Mark.

Hans Ebeling: Der Nationalitäten-Wahn. Der Geist der Rache und die Zukunft der Europäer. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1994. 70 Seiten, 20,- Mark.

In dem von Helmut Berding herausgegebenen Band "Nationales Bewußtsein und kollektive Identität" schreiben Intellektuelle für ihresgleichen, strikt verschlüsselt und wenig verständlich. Was Niklas Luhmann in seinem Aufsatz "Inklusion und Exklusion" unter Exklusion versteht, begreift der von pompös-fremdwortbeladener Sprache ausgeschlossene Leser genausowenig wie der falsch Gekleidete die rigide Einlaßkontrolle eines Nachtklubs.

Die Historiker Hans-Ulrich Wehler und Klaus Zernack öffnen die Truhen ihres Wissensschatzes dagegen bereitwillig. Sie drücken sich schlicht und prägnant aus. Inhaltlich beziehen sie unterschiedliche Positionen. Für Wehler macht es wenig Sinn, die Kategorien von Nation und Nationalismus auf die Geschichte von 1789 anzuwenden. Industrielle und Französische Revolution seien die entscheidenden Schritte in die Moderne und auf die Nation zu. Sie bedürfe vor allem der Zustimmung der Gesellschaft, am besten für jede Generation von neuem. Ein seit Jahrhunderten gewachsenes Nationalbewußtsein erkennt Wehler nicht und mahnt, dem "zähen Mythos von der Langlebigkeit der Nation" nicht weiter das Wort zu reden.

Klaus Zernack, davon wenig beeindruckt, hält an einem ausgedehnten Begriff von Nation fest, der bis in das frühe Mittelalter zurückreicht. Glaubt man Zernack, begannen die führenden Schichten schon damals, ihr Nationalbewußtsein zu entwickeln, und bildeten eine politische Nation. Dieses "Bewußtsein ethnisch-politischer Gemeinschaft" unterschied "sich im sozial-psychischen Inhalt nicht vom Nationalbewußtsein der modernen Zeit". Im Prozeß der Nationsbildung sei die Französische Revolution nur ein Schritt gewesen. Was seit Ende des 18. Jahrhunderts geschah, setzt Zernack gegen Wehler, sei nur ein quantitativer Sprung gewesen und habe zur rapiden Ausdehnung des Nationalbewußtseins auf die breite Masse geführt.

Peter Alter gelingt es in seiner Einleitung zum Dokumentenband "Nationalismus", zwischen beiden Auffassungen zu vermitteln: "Das freiwillige und bewußte Bekenntnis zur Solidargemeinschaft der Nation . . . bleibt leer, wenn es sich nicht auf bestimmte grundlegende Gemeinsamkeiten beziehen kann. Das plebiszitäre Element ist mithin nur ein Faktor unter anderen." Leider dokumentieren die abgedruckten Quellen aus den Jahren 1772 bis 1994 einen ausgedehnten Begriff von Nation nur unzureichend. Dabei macht erst ein bis weit in die Geschichte zurückreichendes Nationalbewußtsein verständlich, weshalb die Deutschen Deutsche und die Franzosen Franzosen geworden sind.

Solche Fragen kümmern den Philosophen Hans Ebeling in seinem Pamphlet "Der Nationalitäten-Wahn" weniger. Ihm liegt allein die Zukunft unseres Kontinents am Herzen, und der sei durch anschwellenden Nationalismus in großer Gefahr. Pathetisch mahnt Ebeling, ohne eine von Deutschland ausgehende Mission könne Europa nicht gerettet werden. Als "geographische Mitte" und Wirtschaftsmacht, ausgestattet mit der notwendigen "westlichen Reife", solle die Bundesrepublik durch "hegemoniale Lenkung" Europa vor dem Niedergang bewahren. Vom Nationalitäten-Wahn sei seit dem Zweiten Weltkrieg und Auschwitz nämlich "kein Volk so gründlich geheilt wie die Deutschen".

Um so mehr verwundert, daß Ebeling zur Schlacht ruft: Nicht nur dem "serbischen Expansionismus" und dem "fundamentalistischen Angriff" des Islam, sondern auch den "halbrussifizierten Mitteldeutschen", dem "Nationalitäten-Wahn Englands und Frankreichs" sowie der "US-amerikanischen Unkultur" müsse Deutschland sendungsbewußt begegnen. Was die geschmähte amerikanische Kultur und die Gefahr des Islam mit Nationalismus zu tun haben, fragt der verwirrte Leser ohne Aussicht auf Antwort. Denn wo der Ritt des wilden Streiters Ebeling enden soll, weiß er wohl selbst nicht. ALEXANDER GALLUS

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