Seit der Moderne ist die Wissenschaft der Meinung, dass die Betrachtung natürlicher Prozesse unter dem Aspekt ihrer Zielgerichtetheit steril sei und wie eine gottgeweihte Jungfrau nichts gebiere. Gegen dieses - aus Spaemanns und Löws Sicht - Vorurteil schreiben die Autoren an. Sie wollen aufzeigen,
dass nicht nur Menschen, sondern alles Lebendige auf etwas aus ist, dass also jedem Lebewesen ein…mehrSeit der Moderne ist die Wissenschaft der Meinung, dass die Betrachtung natürlicher Prozesse unter dem Aspekt ihrer Zielgerichtetheit steril sei und wie eine gottgeweihte Jungfrau nichts gebiere. Gegen dieses - aus Spaemanns und Löws Sicht - Vorurteil schreiben die Autoren an. Sie wollen aufzeigen, dass nicht nur Menschen, sondern alles Lebendige auf etwas aus ist, dass also jedem Lebewesen ein Telos (Ziel, Zweck) immer schon innewohnt und die Frage Wozu somit unentbehrlich ist.
Zunächst wird im Einleitungskapitel untersucht, was es mit der "Warum-Frage" auf sich hat und welche Antworten auf diese Frage überhaupt möglich sind: Neben der Kausalerklärung, die im Grunde nicht wirklich zu einem Verstehen führen könne, sondern nur Naturgesetze eruiere und zur Beherrschbarkeit der Natur beitrage, gebe es die Antwort "um ... zu". Nur diese Antwort ermögliche echtes Verstehen und Vertrautheit mit der Welt und sei deshalb unverzichtbar. Durch diese Vorüberlegungen gerüstet wird ausgiebig die Geschichte des teleologischen Denkens von Plato und Aristoteles über die Scholastik und frühe Neuzeit, Leibniz, Wolff und Kant, Fichte, Schelling und Hegel bis hin zu Schopenhauer und Nietzsche aufgezeigt. Anschließend arbeiten Spaemann und Löw heraus, inwiefern die Wirklichkeit seit dem 19. Jahrhundert durch die Evolutionstheorie entteleologisiert wurde, um diese Entwicklung dann einer eingehenden Kritik zu unterziehen und aufzuzeigen, dass eine Sicht der Welt ohne Teleologie, also ohne eine Zielgerichtetheit, gar nicht widerspruchsfrei möglich ist.
Beeindruckend ist vor allen Dingen der historische Horizont der Autoren. Dieses Buch ist laut Angabe des Verlages das erste Werk überhaupt, das die Geschichte des teleologischen Denkens darlegt. Interessant ist auch, wie die Autoren die Schwächen der Evolutionstheorie aufzeigen und deutlich machen, dass es - unabhängig davon, ob man ihrer Kritik in jedem Punkt folgen mag oder nicht - eines philosophischen Horizontes bedarf, um die modernen naturwissenschaftlichen Theorien adäquat einordnen zu können, da die Naturwissenschaftler dies in der Regel nicht selbst vermögen.
Leider ist das Buch an vielen Stellen doch sehr schwer verständlich. Eine etwas weniger abstrakte Sprache und mehr Beispiele und Erläuterungen hätten dem Werk sehr gut getan. Gleichwohl halte ich dieses Buch doch für sehr originell und absolut lesenswert. Es enthält eine ganze Fülle von sehr, sehr interessanten Anregungen.