Natur ist stets Gestalt und stellt, rhetorisch gesehen, insofern eine figura dar, ohne die sie sich überhaupt nicht bilden und zur Anschauung werden könnte. Dass alles, was wir als Natur ansehen, kontingent ist und ohne die konstruktiven Vermögen des Menschen keinerlei Evidenz gewinnt: das ist für Goethe selbstverständlich.Goethe vermeidet die falsche Alternative zwischen Naturalismus und Konstruktivismus, die im 20. Jahrhundert das Projekt der Naturästhetik kennzeichnet. Bevor eine auch theoretisch umfassende Naturästhetik vorgelegt wird, schaut Hartmut Böhme auf die Zeit um 1800, die Belle Époque des Naturdenkens. Goethe ist dabei das Paradigma: sein Verhältnis zum Wasser oder zur Erde, zur magischen Bezauberung des Bewusstseins durch Obsessionen und fetischistische Praktiken; die überraschende Entdeckung einer Figuration, die man eher der Romantik zuordnen würde, nämlich des Vampirismus; seine Kritik an der Tele- und Mikroskopie; seine dissidenten Erfahrungen, Praktiken und Konzepte in der Montanwissenschaft und der Anatomie. Die Treue zur Dinglichkeit und Phänomenalität bei Goethe bestimmt seine pagane Naturästhetik und seine wissenschaftlichen Arbeiten. So entdeckt das Auge des Lesers die (wissenschafts-)historischen, thematischen und ästhetischen Innovationen Goethes auf dem Weg zu einer Philosophie und Ästhetik der Natur.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2017Von schönen Lippen
Hartmut Böhmes Buch über Goethe als Naturforscher ist besonders im Hinblick auf dessen heikle Beziehung zu Alexander von Humboldt aufschlussreich. In dieser spiegeln sich die wissenschaftsgeschichtlichen Umbrüche der Zeit.
Als Alexander von Humboldt 1859 fast neunzigjährig starb, ging mit ihm der letzte Repräsentant der Goethezeit dahin. Damit schloss endgültig die Epoche, in der sich zum letzten Mal in der Geschichte die geistes- und naturwissenschaftlichen Sphären nicht nur berührten, sondern auch befruchteten. Goethes jahrzehntelanger Austausch mit Humboldt über Fragen der Geologie, Biologie und Physik gilt als exemplarisch für diese Synthese.
Doch das Verhältnis zwischen beiden Männern war ambivalenter, als es in manch goldgerahmtem Rückblick erscheint. Die untergründigen Reibungen und Brüche spielen in Hartmut Böhmes lesenswertem Buch, das eine Reihe von Studien zu Goethe als Naturforscher vereint, eine prominente Rolle. Was der Autor anhand von Korrespondenzen, Widmungen und der Bildsprache von Vignetten und Gedenkmünzen in dichten Interpretationen herausarbeitet, ist die Doppelbödigkeit einer Beziehung, die von echter Wertschätzung ebenso bestimmt war wie von wechselseitigen Irritationen, Nadelstichen und taktischen Manövern unter der Glasur einer Rhetorik der Seelenverwandtschaft. Eine Doppelbödigkeit, in der sich zugleich die wissenschaftsgeschichtlichen Umbrüche der Zeit ankündigen.
Wie unter einem Brennglas macht Böhme die heiklen Aspekte dieser Beziehung an einem Beispiel aus dem Jahr 1806 deutlich: Humboldt, aus Amerika zurückgekehrt, widmet dem Freund in Weimar die deutsche Übersetzung seiner (und Aimé Bonplands) "Ideen zur Geographie der Pflanzen". Über dem Schriftzug "An Göthe" prangt eine von Humboldt beauftragte Titelvignette. Sie zeigt eine Artemis von Ephesus - Symbol der Fruchtbarkeit wie der Naturkenntnis -, die von einem Apoll entschleiert wird. Die Artemis spielt in Goethes Werk eine Rolle als Figur, die seine Sympathie für die heidnische Antike ebenso symbolisiert wie seine Vorstellung von der göttlichen Beseeltheit der Natur. Der Apoll steht für Goethes ästhetische Anschauung, die in der Natur künstlerische Formkräfte am Werk sieht. Schließlich lehnt zu Füßen der Statue auch noch eine Steinplatte, deren Inschrift Goethes "Metamorphose der Pflanzen" wiedergibt. Goethe, der in Humboldt den rastlosen, hochproduktiven Feldforscher bewunderte, zeigte sich hocherfreut. Was er nicht wusste, war, dass Humboldt sein Erstlingswerk eigentlich Schiller, den er nicht nur als Dichter, sondern auch als Mediziner und Physiologen schätzte, hatte zueignen wollen. Schiller seinerseits hielt Humboldt allerdings für "beschränkt" und ein geltungssüchtiges "Maul", doch das erfuhr der Naturforscher erst viel später. So war es allein Schillers Tod, der Humboldt auf Goethe umschwenken ließ. Auch die Hommage an die "Metamorphose der Pflanzen" ist nicht ohne Untertöne: Einerseits schlägt Humboldt damit eine Brücke zwischen Goethes und seinem eigenen Werk. Doch zugleich war und blieb die "Metamorphose" auch die einzige von Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten, die Humboldt überhaupt vorbehaltlos anerkannte. Goethes geologische und meteorologische Studien waren in seinen Augen Phantasien, hervorgegangen aus "Badereisen und Sprudelquellen". Die einige Jahre später erschienene "Farbenlehre" fand Humboldt "albern". Goethes Skepsis gegenüber Mikroskopen und Teleskopen teilte er ebenso wenig wie dessen Vorbehalte gegenüber der Spezialisierung und Mathematisierung der Disziplinen und dem wissenschaftlichen Kongressbetrieb. Im Gegenteil - Humboldt war der entschiedene Fürsprecher all dieser Tendenzen. Vor diesem Hintergrund wirken manche der öffentlichen Ehrbezeugungen für Goethe, die Humboldt auch in späteren Jahren abgab, wie Lippenbekenntnisse gegenüber einem Dichter, der zwar "den Forscherblick in alle Tiefen des Naturlebens getaucht" hat - aber, so kann man mit Böhme zwischen den Zeilen lesen, letztlich doch ein Dilettant geblieben ist. Umgekehrt kannte auch Goethes Begeisterung für Humboldt Grenzen: Dessen Wechsel in das geowissenschaftliche Lager der "Vulkanisten", die den vulkanischen Aktivitäten eine Schlüsselrolle in der Erdgeschichte zuwiesen, ging ihm stark gegen den Strich, und auch Humboldts ausgeprägtes Talent zur Selbstvermarktung entging ihm nicht. Und Goethe wusste ebenso wie Humboldt, wie man über Bande spielt, um ironische oder kritische Stöße zu plazieren. Das zeigte sich, als Humboldt von Goethe den Entwurf einer leicht humoristisch getönten Profilkarte der südamerikanischen Pflanzengeographie zugesandt bekam und diese Gabe mit pikiertem Schweigen quittierte. Einige Zeit später bekam er wieder Post von Goethe: Dieses Mal war es ein Exemplar der "Wahlverwandtschaften" mit der freundlichen Bemerkung, dass in diesem Buch sein Name "von schönen Lippen ausgesprochen" werde, die Poesie ihn also schon zu seinen Lebzeiten unter ihre Heroen aufnehme. Humboldt musste das als Ironie auffassen, denn Ottilie, die Besitzerin der "schönen Lippen", lässt sich nur in ihrem Tagebuch über ihn aus, wo er als Wunschbild eines Salon-Unterhalters erscheint, der interessant über exotische Landschaften plaudert. Von ernsthafter Naturwissenschaft hält sie nichts, das Sammeln und Konservieren von Organismen - immerhin eine Hauptbeschäftigung Humboldts - stößt sie ab. Es liegt nahe, dass Humboldt seinen Auftritt in den "Wahlverwandtschaften" nicht gerade werbewirksam fand. Das teilt er Goethe in seinem Antwortschreiben auch mit, allerdings nur indirekt: Er bittet Goethe, er möge doch in einer seiner Schriften den Namen Humboldt einmal lobend erwähnen - dessen Nennung in den "Wahlverwandtschaften" übergeht er schweigend.
Elegant schlägt Böhme einen bildsymbolischen Bogen zum Ende der Humboldtschen Ära, die zugleich den Anbruch der wissenschaftlichen Moderne markiert: Exakt vier Jahrzehnte nach Humboldts Goethe gewidmeter Titelvignette legt der preußische König eine Medaille zu Ehren Humboldts auf. Anlass ist das Erscheinen des zweiten "Kosmos"-Bandes. Wieder steht eine ephesische Artemis im Zentrum der Bildkomposition, aber dieses Mal lüftet ihr kein Apoll den Schleier, sondern ein geflügelter Genius, versehen mit Fernrohr und Senkblei. Anstelle des Musengottes sind jetzt die Naturwissenschaften selbst angetreten, die Erde zu vermessen, statt sie ästhetisch zu begreifen. Doch der so Geehrte gehörte, obwohl er diese Entwicklung selbst vorangetrieben hatte, zu diesem Zeitpunkt schon einer versinkenden Epoche an. Sein Versuch einer überwölbenden Gesamtschau der Natur und einer Verknüpfung von quantifizierender Empirie mit ästhetischer Phänomenologie, die ihn mit Goethe verband, konnte angesichts der zunehmenden Spezialisierung und Mathematisierung naturwissenschaftlicher Forschung nicht mehr gelingen. Was ebenfalls zu Ende ging, war eine Zeit, in der die Antike durch Zitate, Symbole, Metaphern noch einen gemeinsamen Bildungs-Code lieferte, den Künstler, Philologen und Philosophen, Chemiker, Mediziner und Geologen gleichermaßen zu deuten und zu nutzen wussten, und zwar - wie Böhme zeigt - bis in feinste Verästelungen und Anspielungen hinein.
Im Vorwort gibt Hartmut Böhme seine Absicht bekannt, ein Buch zur Naturästhetik zu schreiben, das die Einzelstudien dieses Bandes zusammenführt. Darauf darf man gespannt sein. Wenn der Autor dann noch die stilistischen Prätentionen vermeidet, die sich im vorliegenden Buch gelegentlich finden - "vestimentäre Peripherie" zum Beispiel, vulgo Bekleidung - dürfte einer nicht nur gehaltvollen, sondern auch erfreulichen Lektüre nichts im Wege stehen.
WOLFGANG KRISCHKE.
Hartmut Böhme: "Natur und Figur". Goethe im Kontext.
Verlag Wilhelm Fink, Paderborn 2016. 460 S., Abb., br., 49,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hartmut Böhmes Buch über Goethe als Naturforscher ist besonders im Hinblick auf dessen heikle Beziehung zu Alexander von Humboldt aufschlussreich. In dieser spiegeln sich die wissenschaftsgeschichtlichen Umbrüche der Zeit.
Als Alexander von Humboldt 1859 fast neunzigjährig starb, ging mit ihm der letzte Repräsentant der Goethezeit dahin. Damit schloss endgültig die Epoche, in der sich zum letzten Mal in der Geschichte die geistes- und naturwissenschaftlichen Sphären nicht nur berührten, sondern auch befruchteten. Goethes jahrzehntelanger Austausch mit Humboldt über Fragen der Geologie, Biologie und Physik gilt als exemplarisch für diese Synthese.
Doch das Verhältnis zwischen beiden Männern war ambivalenter, als es in manch goldgerahmtem Rückblick erscheint. Die untergründigen Reibungen und Brüche spielen in Hartmut Böhmes lesenswertem Buch, das eine Reihe von Studien zu Goethe als Naturforscher vereint, eine prominente Rolle. Was der Autor anhand von Korrespondenzen, Widmungen und der Bildsprache von Vignetten und Gedenkmünzen in dichten Interpretationen herausarbeitet, ist die Doppelbödigkeit einer Beziehung, die von echter Wertschätzung ebenso bestimmt war wie von wechselseitigen Irritationen, Nadelstichen und taktischen Manövern unter der Glasur einer Rhetorik der Seelenverwandtschaft. Eine Doppelbödigkeit, in der sich zugleich die wissenschaftsgeschichtlichen Umbrüche der Zeit ankündigen.
Wie unter einem Brennglas macht Böhme die heiklen Aspekte dieser Beziehung an einem Beispiel aus dem Jahr 1806 deutlich: Humboldt, aus Amerika zurückgekehrt, widmet dem Freund in Weimar die deutsche Übersetzung seiner (und Aimé Bonplands) "Ideen zur Geographie der Pflanzen". Über dem Schriftzug "An Göthe" prangt eine von Humboldt beauftragte Titelvignette. Sie zeigt eine Artemis von Ephesus - Symbol der Fruchtbarkeit wie der Naturkenntnis -, die von einem Apoll entschleiert wird. Die Artemis spielt in Goethes Werk eine Rolle als Figur, die seine Sympathie für die heidnische Antike ebenso symbolisiert wie seine Vorstellung von der göttlichen Beseeltheit der Natur. Der Apoll steht für Goethes ästhetische Anschauung, die in der Natur künstlerische Formkräfte am Werk sieht. Schließlich lehnt zu Füßen der Statue auch noch eine Steinplatte, deren Inschrift Goethes "Metamorphose der Pflanzen" wiedergibt. Goethe, der in Humboldt den rastlosen, hochproduktiven Feldforscher bewunderte, zeigte sich hocherfreut. Was er nicht wusste, war, dass Humboldt sein Erstlingswerk eigentlich Schiller, den er nicht nur als Dichter, sondern auch als Mediziner und Physiologen schätzte, hatte zueignen wollen. Schiller seinerseits hielt Humboldt allerdings für "beschränkt" und ein geltungssüchtiges "Maul", doch das erfuhr der Naturforscher erst viel später. So war es allein Schillers Tod, der Humboldt auf Goethe umschwenken ließ. Auch die Hommage an die "Metamorphose der Pflanzen" ist nicht ohne Untertöne: Einerseits schlägt Humboldt damit eine Brücke zwischen Goethes und seinem eigenen Werk. Doch zugleich war und blieb die "Metamorphose" auch die einzige von Goethes naturwissenschaftlichen Arbeiten, die Humboldt überhaupt vorbehaltlos anerkannte. Goethes geologische und meteorologische Studien waren in seinen Augen Phantasien, hervorgegangen aus "Badereisen und Sprudelquellen". Die einige Jahre später erschienene "Farbenlehre" fand Humboldt "albern". Goethes Skepsis gegenüber Mikroskopen und Teleskopen teilte er ebenso wenig wie dessen Vorbehalte gegenüber der Spezialisierung und Mathematisierung der Disziplinen und dem wissenschaftlichen Kongressbetrieb. Im Gegenteil - Humboldt war der entschiedene Fürsprecher all dieser Tendenzen. Vor diesem Hintergrund wirken manche der öffentlichen Ehrbezeugungen für Goethe, die Humboldt auch in späteren Jahren abgab, wie Lippenbekenntnisse gegenüber einem Dichter, der zwar "den Forscherblick in alle Tiefen des Naturlebens getaucht" hat - aber, so kann man mit Böhme zwischen den Zeilen lesen, letztlich doch ein Dilettant geblieben ist. Umgekehrt kannte auch Goethes Begeisterung für Humboldt Grenzen: Dessen Wechsel in das geowissenschaftliche Lager der "Vulkanisten", die den vulkanischen Aktivitäten eine Schlüsselrolle in der Erdgeschichte zuwiesen, ging ihm stark gegen den Strich, und auch Humboldts ausgeprägtes Talent zur Selbstvermarktung entging ihm nicht. Und Goethe wusste ebenso wie Humboldt, wie man über Bande spielt, um ironische oder kritische Stöße zu plazieren. Das zeigte sich, als Humboldt von Goethe den Entwurf einer leicht humoristisch getönten Profilkarte der südamerikanischen Pflanzengeographie zugesandt bekam und diese Gabe mit pikiertem Schweigen quittierte. Einige Zeit später bekam er wieder Post von Goethe: Dieses Mal war es ein Exemplar der "Wahlverwandtschaften" mit der freundlichen Bemerkung, dass in diesem Buch sein Name "von schönen Lippen ausgesprochen" werde, die Poesie ihn also schon zu seinen Lebzeiten unter ihre Heroen aufnehme. Humboldt musste das als Ironie auffassen, denn Ottilie, die Besitzerin der "schönen Lippen", lässt sich nur in ihrem Tagebuch über ihn aus, wo er als Wunschbild eines Salon-Unterhalters erscheint, der interessant über exotische Landschaften plaudert. Von ernsthafter Naturwissenschaft hält sie nichts, das Sammeln und Konservieren von Organismen - immerhin eine Hauptbeschäftigung Humboldts - stößt sie ab. Es liegt nahe, dass Humboldt seinen Auftritt in den "Wahlverwandtschaften" nicht gerade werbewirksam fand. Das teilt er Goethe in seinem Antwortschreiben auch mit, allerdings nur indirekt: Er bittet Goethe, er möge doch in einer seiner Schriften den Namen Humboldt einmal lobend erwähnen - dessen Nennung in den "Wahlverwandtschaften" übergeht er schweigend.
Elegant schlägt Böhme einen bildsymbolischen Bogen zum Ende der Humboldtschen Ära, die zugleich den Anbruch der wissenschaftlichen Moderne markiert: Exakt vier Jahrzehnte nach Humboldts Goethe gewidmeter Titelvignette legt der preußische König eine Medaille zu Ehren Humboldts auf. Anlass ist das Erscheinen des zweiten "Kosmos"-Bandes. Wieder steht eine ephesische Artemis im Zentrum der Bildkomposition, aber dieses Mal lüftet ihr kein Apoll den Schleier, sondern ein geflügelter Genius, versehen mit Fernrohr und Senkblei. Anstelle des Musengottes sind jetzt die Naturwissenschaften selbst angetreten, die Erde zu vermessen, statt sie ästhetisch zu begreifen. Doch der so Geehrte gehörte, obwohl er diese Entwicklung selbst vorangetrieben hatte, zu diesem Zeitpunkt schon einer versinkenden Epoche an. Sein Versuch einer überwölbenden Gesamtschau der Natur und einer Verknüpfung von quantifizierender Empirie mit ästhetischer Phänomenologie, die ihn mit Goethe verband, konnte angesichts der zunehmenden Spezialisierung und Mathematisierung naturwissenschaftlicher Forschung nicht mehr gelingen. Was ebenfalls zu Ende ging, war eine Zeit, in der die Antike durch Zitate, Symbole, Metaphern noch einen gemeinsamen Bildungs-Code lieferte, den Künstler, Philologen und Philosophen, Chemiker, Mediziner und Geologen gleichermaßen zu deuten und zu nutzen wussten, und zwar - wie Böhme zeigt - bis in feinste Verästelungen und Anspielungen hinein.
Im Vorwort gibt Hartmut Böhme seine Absicht bekannt, ein Buch zur Naturästhetik zu schreiben, das die Einzelstudien dieses Bandes zusammenführt. Darauf darf man gespannt sein. Wenn der Autor dann noch die stilistischen Prätentionen vermeidet, die sich im vorliegenden Buch gelegentlich finden - "vestimentäre Peripherie" zum Beispiel, vulgo Bekleidung - dürfte einer nicht nur gehaltvollen, sondern auch erfreulichen Lektüre nichts im Wege stehen.
WOLFGANG KRISCHKE.
Hartmut Böhme: "Natur und Figur". Goethe im Kontext.
Verlag Wilhelm Fink, Paderborn 2016. 460 S., Abb., br., 49,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main