»Naturrecht und Geschichte« ist das bekannteste und geschichtlich am weitesten ausgreifende Werk von Leo Strauss. Von Heidegger, mit dem Strauss einen fortwährenden Dialog führt, geht es bis auf die Vorsokratiker zurück. Es hat sein Zentrum in der Auseinandersetzung mit Sokrates und reicht über Hobbes, Locke, Rousseau und Burke bis zur Kritik Max Webers.Aus den Walgreen Lectures hervorgegangen, die er im Oktober 1949 an der University of Chicago hielt, wurde »Naturrecht und Geschichte« das wirkmächtigste Buch von Strauss. Es kombiniert eine Aufsehen erregende Kritik des Historismus und des Positivismus mit dem spektakulär in Szene gesetzten Plädoyer, die klassische Philosophie der Antike einer neuen Prüfung zu unterziehen. Mit seiner Verhandlung von »Ancients and Moderns« am Leitfaden des Naturrechts-Problems wurde es schulbildend. Die philosophische Untersuchung kreist um die Entdeckung der Natur, mit der die Philosophie beginnt, und um den Maßstab, den die Politische Philosophie bereithält, um das Recht der Philosophie zu begründen. Die deutsche Neuübersetzung ist erweitert um Helmut Kuhns Besprechungsaufsatz und Strauss' Antwort auf Kuhn sowie den umfangreichen Essay »Philosophie und Geschichte« von Heinrich Meier.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Zur Schärfung des eigenen Denkens empfiehlt Rezensent Thomas Meyer dringend diese Schrift des amerikanischen Philosophen Leo Strauss, der als Vordenker der amerikanischen Neokonservativen berüchtigt wurde, aber vielleicht nicht wirklich bekannt. Bei "Naturrecht und Geschichte" handelt es sich um Strauss' Hauptwerk, erklärt Meyer, er geißelt darin Historismus und Nihilismus, die sich mit der deutschen Denkschule von Max Weber, aber auch Martin Heidegger durchgesetzt hätten. Dadurch sei die Philosophie als Quelle der Weltdeutung obsolet geworden. Meyer lobt besonders das "filigrane" Nachwort von Herausgeber Heinrich Meier, das Strauss' antihermeneutisches Vorgehen anschaulich mache. Für den Rezensenten bleibt der antimoderne Strauss eine notwendige Zumutung, die in keiner Weise den Odeur eines Oswald Sprengler verströmt, wie er versichert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Als Rätselbuch bezeichnet Thomas Meyer in seiner ausführlichen, gerade in der »Süddeutschen« erschienenen Rezension Leo Strauss' berühmtes Werk »Naturrecht und Geschichte«: »Denn bei Strauss, das lässt ihn bis heute bei vielen gefährlich erscheinen (...), ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint.« Meyer nennt Strauss den vielleicht letzten Philosophen, der an der Sprengung der Moderne gearbeitet habe, die er als einen Irrweg begriff, weil sie von der klassischen Philosophie weggeführt habe: »Wer mit und gegen Strauss denkt, der schärft die Sinne für die Zumutungen von Gedanken.« Und er empfiehlt das Nachwort des Herausgebers, Heinrich Meier, als »die erste wirklich adäquate Deutung des Buches«.
Thomas Meyer, Süddeutsche Zeitung, 15.11.2022
Thomas Meyer, Süddeutsche Zeitung, 15.11.2022