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Alexej Nawalny war ein Phänomen. In der langen Amtszeit Wladimir Putins war er der erste, der ihn ebenso erfolgreich wie kompromisslos herausforderte. Doch wer war Nawalny wirklich und wie sähe ein Russland unter ihm aus?
Einer breiten deutschen Öffentlichkeit wurde Alexej Nawalny erst dadurch bekannt, dass er nur knapp einen Giftanschlag überlebte, für den er den russischen Geheimdienst verantwortlich machte. Nach seiner Behandlung in Deutschland wurde er bei seiner Rückkehr umgehend festgenommen, veröffentlichte aber zeitgleich ein Video, das Putins geheimen Palast am Schwarzen Meer…mehr

Produktbeschreibung
Alexej Nawalny war ein Phänomen. In der langen Amtszeit Wladimir Putins war er der erste, der ihn ebenso erfolgreich wie kompromisslos herausforderte. Doch wer war Nawalny wirklich und wie sähe ein Russland unter ihm aus?

Einer breiten deutschen Öffentlichkeit wurde Alexej Nawalny erst dadurch bekannt, dass er nur knapp einen Giftanschlag überlebte, für den er den russischen Geheimdienst verantwortlich machte. Nach seiner Behandlung in Deutschland wurde er bei seiner Rückkehr umgehend festgenommen, veröffentlichte aber zeitgleich ein Video, das Putins geheimen Palast am Schwarzen Meer zeigen sowie die ausufernde Korruption im Staat belegen sollte. Es wurde millionenfach geklickt, Hunderttausende gingen in ganz Russland auf die Straßen.

Nawalny präsentierte sich als Retter Russlands, der Putin unerbittlich vom Thron jagen will. Dabei ist seine Geschichte sehr komplex, sie reicht von rassistischen Aussagen bis zu einem bemerkenswerten Wahlkampf um den Bürgermeisterposten von Moskau. Seine Aktionen wurden mithilfe eines großen Unterstützernetzwerks perfekt geplant. Wer Alexej Nawalny war und wofür er stand, beleuchten nun erstmals drei internationale Russlandexperten mit Zugang zu Nawalnys engsten Vertrauten.
Autorenporträt
Ben Noble lehrt Russische Politik am University College London und ist Mitglied des Chatham House, einem der weltweit einflussreichsten Think Tanks. Er hat Nawalnys Aufstieg in den Jahren 2011-13 in Moskau vor Ort miterlebt. Seine Artikel zur russischen Politik erscheinen in The Washington Post, The Telegraph, Time Magazine, Newsweek, The New Statesman und anderen wichtigen Medien.
Rezensionen
»Man lernt [...] viel über dieses Schlachtfeld, etwa über die Streitereien innerhalb der liberalen Opposition und über den weiterhin großen Rückhalt Putins innerhalb der Bevölkerung.« Silke Bigalke Süddeutsche Zeitung 20210809

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.08.2021

Mystery Man
Jan Matti Dollbaum, Morvan Lallouet und Ben Noble versuchen zu ergründen,
was Alexej Nawalny antreibt und wie er Politik gegen Putin macht in all seiner Widersprüchlichkeit
VON SILKE BIGALKE
Was Alexej Nawalny durchlebt hat, klingt wie ein schlechter Spionageschmöker, fast zu dramatisch, um wahr zu sein: Die vergiftete Unterhose, die Notlandung trotz Bombendrohung, der Schneewittchensarg. In diesem luftdichten Kasten ist der Oppositionelle im August 2020 nach Berlin geflogen worden, damals wusste noch niemand, womit er vergiftet worden war. Als es Nawalny etwas besser ging, rief er persönlich bei einem seiner „Mörder“ an, unter falschem Namen und zu Recherchezwecken. Als es ihm noch etwas besser ging, kehrte er nach Russland zurück und wurde wie erwartet festgenommen.
Was ist das für ein Typ, der so etwas macht und mitmacht? Die drei Politikwissenschaftler Jan Matti Dollbaum, Morvan Lallouet und Ben Noble versuchen, es mit vereinten Kräften zu erklären und liefern eine meist nüchterne, vielschichtige Analyse von Nawalnys Wirken. Der Zeitpunkt dafür könnte besser kaum sein, der 45-Jährige ist ein Jahr nach dem Giftanschlag bekannt wie nie zuvor – und polarisiert dabei wie eh und je.
Alexej Nawalnys Anhänger sehen in ihm einen Helden, der Präsident Wladimir Putin zum Duell von Gut gegen Böse herausgefordert hat. Seine Gegner halten ihn schlicht für einen Verräter. Der Anschlag auf sein Leben hat dieses Schwarz-Weiß-Denken noch verstärkt, dem wollen die drei Autoren entgegentreten und die Grautöne betrachten.
Sie haben Nawalny dafür nicht persönlich getroffen. Ihr Buch ist keine Biografie und verrät wenig über Nawalnys persönliche Gefühle oder darüber, woran er wirklich glaubt. Stattdessen erklärt es, warum diese Fragen im heutigen Russland zunächst nicht so wichtig erscheinen. Nawalny selbst hat mal gesagt, er halte wenig von „ideologischem Palaver“. Alles, was er tut, so erklären es die Autoren, tut er mit dem großen Ziel vor Augen, Wladimir Putins autokratisches System loszuwerden. Viele seiner Entscheidungen lassen sich durch diese Logik erklären. Weil Nawalny seine Strategie – und manchmal scheinbar auch seine Ideologie – immer wieder an dieses Ziel anpasst, macht ihn das zu einer recht komplizierten Figur.
„Die Menschen sind nicht zu Unrecht verwirrt“, schreiben die Autoren und zählen all die Widersprüchlichkeiten auf, die Nawalny vereint. Er ist ein Liberaler, der aber auch nationalistische und sogar rassistische Bemerkungen gemacht hat. Ein Antikorruptionsaktivist, der selbst wegen Unterschlagung angeklagt wurde. Ein russischer Patriot, der die Krim-Annexion kritisiert hat. Nawalny fordert mehr Demokratie und führte seine eigene Bewegung doch recht autoritär.
Um die Sache zu vereinfachen, teilt das Buch Nawalnys Karriere in drei Teile, allerdings nicht chronologisch, sondern nach Tätigkeitsfeldern. Es beschreibt den Antikorruptionskämpfer, den Politiker und schließlich den Aktivisten Nawalny. Seine kontroverseste Rolle ist sicher die des Politikers. Die Autoren ordnen ihn zwar klar als Liberalen ein, erklären aber auch Nawalnys strategische Gründe für seinen Ausflug in den Nationalismus. Seine fremdenfeindlichen Äußerungen sind Jahre her, Nawalny hat sich nie richtig davon distanziert, sie aber auch nicht wiederholt.
Wer nun gehofft hatte, im Buch eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Nawalny wirklich über Migranten denkt, wird enttäuscht. Seine wahren Überzeugungen kennen die Autoren nicht und vermeiden Spekulationen. Das ist wichtig, vor allem vor dem Hintergrund heutiger Politik in Russland. Denn einerseits ist dem Kreml daran gelegen, Nawalny als charakterschwachen Menschen hinzustellen und mögliche Fehltritte zu betonen oder zu erfinden. Andererseits unterstellen Nawalnys Unterstützer denen, die kritisch nachfragen, schnell eine politische Agenda.
Aus Sicht vieler russischer Oppositioneller ist jetzt nicht die Zeit, über Nawalnys Schwächen zu sprechen, gegenüber denen sie keinesfalls blind sind. Wenn Nawalny frei ist, wenn er bei demokratischen Wahlen antreten darf, wenn all das geschafft ist, dann kann man über seine Methoden und Ansichten streiten, so sehen es viele. „Egal für welche Aspekte von Nawalnys politischer Idee und Karriere wir Sympathie oder Antipathie hegen“, betonen die Autoren, „wir befinden uns nicht auf dem Schlachtfeld russischer Politik“.
Man lernt in ihrem Buch viel über dieses Schlachtfeld, etwa über die Streitereien innerhalb der liberalen Opposition und über den weiterhin großen Rückhalt Putins innerhalb der Bevölkerung. Was also bringt immer mehr Menschen dazu, Nawalny trotz großer Risiken zu unterstützen? Es ist unklar, wie viele Aktivisten die Autoren dazu befragt haben. Was sich herauskristallisiert, ist die Bewunderung für einen Mann, der glaubt, das scheinbar Unerreichbare erreichen zu können. Selbst aus dem Gefängnis heraus.
Sein Ziel verfolgt Nawalny
unerschrocken und hartnäckig,
trotz Giftanschlag und Gefängnis
Selbstironie und Selbstinszenierung: Alexej Nawalny mit Sohn im Oktober 2020 nach seinem ersten Interview nach dem Anschlag im Spiegel.
 Navalny Instagram/AP
Jan Matti Dollbaum,
Morvan Lallouet,
Ben Noble: Nawalny.
Seine Ziele, seine Gegner, seine Zukunft. Übersetzt von A. Weber, S. Pauli,
K. Dürr und S. Kleiner.
Hoffmann und Campe,
Hamburg 2021.
224 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Sofia Dreisbach ist froh, dass den Politikwissenschaftlern Jan Mati Dollbaum, Morvan Lallouet und Ben Noble ein sachliches, ausgewogenes Bild Nawalnys gelingt und sie nicht das gängige Schwarzweiß-Bild in Bezug auf Russland und seinen berühmtesten Oppositionellen nachmalen. Dass Nawalny komplex ist, Liberaler, Nationalist und Demokrat, ist eine der Erkenntnisse, die Dreisbach aus der Lektüre der weit ausholenden Darstellung schöpft. Weitere Einblick betreffen Russlands Machtstrukturen, Korruption und seine zerstrittene liberale Opposition. Ein paar mehr Stimmen aus Nawalnys Umfeld hätten dem Buch nicht geschadet, glaubt die Rezensentinm allerdings.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.12.2021

Nawalnyjs Volten und Widersprüche
Ein Buch über Russlands Oppositionsführer will mit westlichem Schwarz-Weiß-Denken aufräumen

Die Geschichte von Russlands berühmtestem Oppositionellen taugt eigentlich für einen packenden Kriminalroman. Alexej Nawalnyj, Sohn einer Buchhalterin und eines Offiziers, schreibt sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen. Er ist scheinbar furchtlos, eckt schnell bei den Mächtigen an, macht mit rassistischen Aussagen von sich reden, bewirbt sich um den Bürgermeisterposten in Moskau. Dann schüttet ihm jemand Säure ins Gesicht, schließlich folgt der schlimmste Angriff auf ihn im August vergangenen Jahres: die Vergiftung mit dem Kampfstoff Nowitschok, die Nawalnyj knapp überlebt.

"Haben Sie keine Angst?", sind denn auch die vier Worte, mit denen die Autoren ihr Buch über den Oppositionellen beginnen: "Nawalny. Seine Ziele, seine Gegner, seine Zukunft". Zugerufen hat die Frage Nawalnyj einer der vielen Journalisten an Bord, als Nawalnyj im Januar 2021 das Flugzeug zurück nach Russland bestieg. Wenige Stunden später wurde er in Moskau festgenommen und sitzt bis heute in Haft. Doch Jan Matti Dollbaum, Morvan Lallouet und Ben Noble haben keinen Krimi geschrieben, sondern ein Sachbuch. Ein ziemlich nüchternes noch dazu. Umso wertvoller ist dessen Beitrag zu der mitunter hitzigen Debatte um die Figur Nawalnyj. Durch den knapp überlebten Giftanschlag rückte er endgültig international in den Fokus - und damit auch seine nationalistischen Eskapaden in den 2000er-Jahren, häufig jedoch ohne Einordnung.

Das Schwarz-Weiß-Denken, das oft mit dem westlichen Blick auf Russland einhergehe, "diese teils ideologische, teil naive Sichtweise", stoße bei der Beschäftigung mit Nawalnyj schnell an seine Grenzen, schreiben die drei Autoren. "Die Menschen sind nicht zu Unrecht verwirrt." Nawalnyj sei eine komplexe Persönlichkeit: Ein Liberaler, der nationalistische Erklärungen abgegeben habe, ein russischer Patriot, der zu internationalen Sanktionen gegen russische Behörden aufrufe, ein bekennender Demokrat, der seine Bewegung mit starker Hand führe.

Und so nähern sich die Politikwissenschaftler Dollbaum, Lallouet und Noble aus Deutschland, Frankreich und England ihm über drei Bilder Nawalnyjs: den Antikorruptionskämpfer, den Politiker und den Straßenaktivisten. Die detaillierten Beschreibungen reichen von den frühen Anfängen - dem Kleinaktionär, der auf Hauptversammlungen die Vorstandschefs von Unternehmen mit unbequemen Fragen in Verlegenheit brachte und die Ungereimtheiten auf seinem Blog niederschrieb - bis zu Nawalnyjs Rückkehr nach Russland, seiner Festnahme und der Frage, welche Rolle er in Zukunft spielen wird.

Zwar geht es im Kern immer um die Person Nawalnyj. Doch der Leser erfährt ebenso viel über die liberale Opposition in Russland und ihre Streitereien, über die weitverbreitete Korruption und deren Bedeutung für die Machtstrukturen. Der jüngste große Coup des Oppositionsführers war die Recherche zu Wladimir Putins Palast am Schwarzen Meer, die inzwischen fast 120 Millionen Mal bei Youtube angeklickt wurde und auf die der russische Präsident wenigsten insofern reagieren musste, dass er den Besitz des Palasts bestritt. Und so wechseln die Autoren nach den drei thematischen Einzelbetrachtungen des Oppositionellen mit dem nächsten Kapitel auch die Perspektive. Nawalnyj sei zur "wichtigsten politischen Gegenmacht des Landes geworden - und sein zweitwichtigster Politiker, auch wenn Peskow [Putins Sprecher] das niemals zugeben würde". Immer unverhohlener autoritär sei der Kreml deswegen auch im Laufe der Jahre aufgetreten.

Getroffen haben die Autoren den russischen Oppositionsführer nicht. Als die Idee für das Buch im Frühjahr entwickelt wurde, erzählte Dollbaum im Gespräch mit der F.A.Z., habe Nawalnyj schon im Gefängnis gesessen. Die Einblicke in seine mittlerweile als "extremistisch" eingestufte und zerschlagene Stiftung zum Kampf gegen Korruption stammen aus Gesprächen mit Mitstreitern. Doch es hätte den detaillierten Schilderungen von Nawalnyjs Aufstieg zuweilen gutgetan, mehr persönliche Eindrücke von dessen "Volten" und "Widersprüchen" aus seinem Umfeld zu hören. Denn, so schreiben die Autoren selbst: "Auch wenn es letztlich nicht immer um Nawalny geht, hat er das Drängen der Menschen auf Veränderung immer wieder vereinigt und gelenkt." Er sei seine "alternativlose Alternative".

Die Autoren schreiben gleich zu Beginn, der "Kampf Gut gegen Böse", den viele Kommentatoren herbeigeschrieben hätten, gerate im Fall Nawalnyj schnell an seine Grenzen. Doch auch in ihrem sorgfältig recherchierten und ausgewogenen Buch wird deutlich, wo ihre Sympathien liegen. Sie kommen aber glücklicherweise ohne Überhöhungen aus, bieten stattdessen fundierte Einordnungen und den Kontext, der für ein vollständiges Bild dieser schillernden Figur nötig ist. SOFIA DREISBACH

Jan Matti Dollbaum, Morvan Lallouet, Ben Noble: Nawalny. Seine Ziele, seine Gegner, seine Zukunft.

Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2021. 288 S., 20,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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