Das ist nicht Lias Tag: Schon morgens wird sie von ihrem Bruder Tim geärgert. Und weil ihre Freundin Anne krank ist, geht niemand mit ihr vom Kindergarten nach Hause. Lia begleitet Moritz und Sophie ein Stück, aber an der nächsten Ecke trennen sich ihre Wege. Und so steht Lia plötzlich ganz allein auf der Straße. Als der nette Mann mit dem silbernen Auto anbietet, sie ein Stückchen mitzunehmen, steigt Lia ein. Dass sie nicht mit Fremden mitzugehen soll, hat sie in diesem Moment komplett vergessen ...
Ausstattung: Mit fbg. Illustrationen
Ausstattung: Mit fbg. Illustrationen
Glücklicherweise kommt es viel seltener vor, dass Kinder von Fremden entführt werden, als Leser der Regenbogenpresse das vermuten. Tatsächliche Gewaltübergriffe finden viel eher durch bekannte Personen, häufig sogar aus der eigenen Familie statt. Trotzdem ist es wichtig, Kindern zu diesem Thema Vorsicht zu vermitteln, und dieses Bilderbuch eignet sich sehr gut dafür. Es liegt inzwischen auch als "Medium-Ausgabe" zum kleinen Preis vor, seiner Verbreitung stehen also alle Türen offen. Lia geht noch in den Kindergarten, und eigentlich ist es ungewöhnlich, dass ein so kleines Mädchen allein unterwegs ist. Aber es kann ganz schnell vorkommen, dass eine Kette von unerwarteten Ereignissen - überraschende Krankmeldung einer Erzieherin, schlechte Laune der anderen Kinder usw. - dafür sorgt, dass Lia sich plötzlich allein auf der Straße findet, als der erste Donner rollt...und ein wirklich nett aussehender Mann anbietet, sie im Auto mitzunehmen. Die Illustrationen arbeiten mit der Mimik der Figuren, zeigen Gefühle und bieten Interpretationen an. Man könnte im Stuhlkreis gut darüber diskutieren, wann wo welche Fehlentscheidungen getroffen wurden, und wie Lia sich nun, in ihrer Not, verhalten könnte. Die Autorin erzählt von einer durchaus möglichen Situation - wer würde nicht einem verängstigtem Kind helfen wollen - und bietet bewusst keine Patentlösung an, sondern fordert die Phantasie von Kindern heraus, sich zu überlegen, wie sie reagieren würden, wenn sie plötzlich ein ungutes Gefühl Fremden gegenüber empfänden. Am Ende gibt es dann aber doch eine mögliche Lösung, und alle Kinder können erleichtert erkennen, dass sie sehr wohl ihren Gefühlen trauen dürfen, und ihre Waffen zur Notwehr benutzen sollen. Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)