Neo Rauch (*1960 in Leipzig) ist einer der bedeutendsten Maler seiner Generation. Der Band präsentiert seine aktuellen großformatigen Papierarbeiten aus den Jahren 2003 und 2004.
"Malerei ist für Neo Rauch ein Nachsinnen über nicht mehr Vorhandenes. Das ist eine entschieden romantische Position der Verweigerung und gibt den seltsam in der Bewegung erstarrten Figuren Hintersinn; als Allegorie allgemeiner Weltfremdheit und Verneinung des Technischen und als melancholische Hommage an das nicht eingelöste Versprechen von Freiheit und Menschenglück. Immerzu gibt es da ein Erinnern, und das nicht bloß an Weltgeschichte, auch an Kindheit, Pop Art und Comics." (Rudij Bergmann)
Ausstellung: Albertina, Wien 15.9.2004-9.1.2005
"Malerei ist für Neo Rauch ein Nachsinnen über nicht mehr Vorhandenes. Das ist eine entschieden romantische Position der Verweigerung und gibt den seltsam in der Bewegung erstarrten Figuren Hintersinn; als Allegorie allgemeiner Weltfremdheit und Verneinung des Technischen und als melancholische Hommage an das nicht eingelöste Versprechen von Freiheit und Menschenglück. Immerzu gibt es da ein Erinnern, und das nicht bloß an Weltgeschichte, auch an Kindheit, Pop Art und Comics." (Rudij Bergmann)
Ausstellung: Albertina, Wien 15.9.2004-9.1.2005
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.11.2004Wunschloses Unglück: Die bleiernen Anti-Idyllen des Neo Rauch
„Superstar” (Gala) der Malerszene, mit „Adelsschlag” (Bunte) durchs „MoMA”, das zwei seiner Werke gekauft hat: Der Maler Neo Rauch ist aufgestiegen nach ganz oben. Was uns (und ihm) aber herzlich wurscht sein darf, denn uns (und wohl auch ihm) geht es vor allem um die Bilder. Auf die ist der Blick freilich verstellt durch die vielen Kritiker-Hymnen, ein argloses Geraune von heroischen „Tatmenschen”, die angeblich „ins Offene einer schicksalslosen Freiheit” streben, inmitten der „Unheimlichkeitsstimmung” dieser Bilder, einer Atmosphäre „fortdauernder Unergründlichkeit”.
Ganz so unergründlich sind sie dann doch nicht, diese Arbeiten, von denen jetzt 14 Stück, gemalt mit verdünntem Öl auf Papier, in der Wiener Albertina ausgestellt sind (bis 9. Januar 2005; Katalog: Neo Rauch, Arbeiten auf Papier 2003-2004, Hrsg. Albertina Wien, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2004. 60 S., 15 Abb., 29 Euro). Da ist etwa der reichlich düstere Lampion-Umzug mit apokalyptischem Widerschein am Horizont („Trafo”, 2003), angesiedelt in uniformer Reihenhaus-Tristesse, in die sich eine modern geschwungene Tankstelle hineinschiebt - was, zusammen mit dem als Graffiti-Tag am Himmel aufscheinenden „Trafo”-Schriftzug, elementare Assoziationen von Werden und Vergehen, von Katastrophe und Erleuchtung anstößt. Doch versteht es Rauch, jede thematische Zuspitzung seiner Bilder durch die surrealistische Chiffrierung ihrer Sujets zu unterlaufen. Diese Szenen spielen in einem Posthistoire, in dem es nur noch einen Kreislauf hohler Betriebsamkeit gibt, mit emsigen Arbeitsbienen, die ziellos ihre Kraft vergeuden. Ein virtuos gemalter Zitatenschatz mit verrätseltem Sinnpotenzial ist das, mit Sinnbildern der verlorenen Zeit, wie sie in den Achtzigern schon mal ein Robert Longo geschaffen hat, in Rauchs Tableaux allerdings narrativ stark angereichert.
Es gibt jedoch kein Außerhalb der Ideologie, kein Ende der Geschichte, wie die Postmoderne behauptet hat - aber vielleicht, zumal in den Bildern Rauchs, eine ästhetisch gebändigte, in Form gebrachte, befriedete Weltordnung im Zustand ihres Zerfalls. Rauchs zweifellos faszinierende Arbeiten, schreibt ein Kritiker, „erfüllen also einen Zweck: Sie sind tröstlich”. Das immerhin stimmt.
holi
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„Superstar” (Gala) der Malerszene, mit „Adelsschlag” (Bunte) durchs „MoMA”, das zwei seiner Werke gekauft hat: Der Maler Neo Rauch ist aufgestiegen nach ganz oben. Was uns (und ihm) aber herzlich wurscht sein darf, denn uns (und wohl auch ihm) geht es vor allem um die Bilder. Auf die ist der Blick freilich verstellt durch die vielen Kritiker-Hymnen, ein argloses Geraune von heroischen „Tatmenschen”, die angeblich „ins Offene einer schicksalslosen Freiheit” streben, inmitten der „Unheimlichkeitsstimmung” dieser Bilder, einer Atmosphäre „fortdauernder Unergründlichkeit”.
Ganz so unergründlich sind sie dann doch nicht, diese Arbeiten, von denen jetzt 14 Stück, gemalt mit verdünntem Öl auf Papier, in der Wiener Albertina ausgestellt sind (bis 9. Januar 2005; Katalog: Neo Rauch, Arbeiten auf Papier 2003-2004, Hrsg. Albertina Wien, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2004. 60 S., 15 Abb., 29 Euro). Da ist etwa der reichlich düstere Lampion-Umzug mit apokalyptischem Widerschein am Horizont („Trafo”, 2003), angesiedelt in uniformer Reihenhaus-Tristesse, in die sich eine modern geschwungene Tankstelle hineinschiebt - was, zusammen mit dem als Graffiti-Tag am Himmel aufscheinenden „Trafo”-Schriftzug, elementare Assoziationen von Werden und Vergehen, von Katastrophe und Erleuchtung anstößt. Doch versteht es Rauch, jede thematische Zuspitzung seiner Bilder durch die surrealistische Chiffrierung ihrer Sujets zu unterlaufen. Diese Szenen spielen in einem Posthistoire, in dem es nur noch einen Kreislauf hohler Betriebsamkeit gibt, mit emsigen Arbeitsbienen, die ziellos ihre Kraft vergeuden. Ein virtuos gemalter Zitatenschatz mit verrätseltem Sinnpotenzial ist das, mit Sinnbildern der verlorenen Zeit, wie sie in den Achtzigern schon mal ein Robert Longo geschaffen hat, in Rauchs Tableaux allerdings narrativ stark angereichert.
Es gibt jedoch kein Außerhalb der Ideologie, kein Ende der Geschichte, wie die Postmoderne behauptet hat - aber vielleicht, zumal in den Bildern Rauchs, eine ästhetisch gebändigte, in Form gebrachte, befriedete Weltordnung im Zustand ihres Zerfalls. Rauchs zweifellos faszinierende Arbeiten, schreibt ein Kritiker, „erfüllen also einen Zweck: Sie sind tröstlich”. Das immerhin stimmt.
holi
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Der mit holi zeichnende Rezensent stellt sehr kurz den Katalog zur Ausstellung in der Wiener Albertina mit Arbeiten von Neo Rauch vor. Entgegen den meisten Kritiken findet "holi" nach eigenem Buekunden die Bilder von Rauch gar nicht so "unergründlich". Vielmehr wirken sie in ihrem "virtuos gemalten Zitatenschatz" mit ihrem "verrätselten Sinnpotenzial" sogar "tröstlich", in jedem Fall aber "faszinierend", stellt "holi" angetan fest.
© Perlentaucher Medien GmbH
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