Wie kam es in einer Zeit sozialer und politischer Auf- und Umbrüche, in der die Momente jugendlicher Subkulturen und radikaldemokratischer Prostestformen zusammenwirkten,zur Wiederentdeckung des Anarchismus und eines zeitlosen sozialpolitischen Phänomens: der Anarchie?Diese Bestandsaufnahme der Entwicklung vom Antiautoritarismus der «68er-Bewegung» sowie undogmatischer oppositioneller Bestrebungen in der der DDR geht dieser Frage nach. Dabei stellen die Autoren fest, dass die historische Rolle des Neoanarchismus bei der Modernisierung der hiesigen gesellschaftlichen Verhältnisse und Beziehungen gemeinhin unterschätzt wird. Antiautoritäre Jugendbewegung, Außerparlamentarische Opposition (68er), Neue Soziale Bewegungen, Grüne Parteigründungen bis hin zur ökonomischen Entschlackung bürokratischer Prozesse und flachen Hierarchien in Unternehmen - vermittelt über diese Entwicklungslinie sind im Verlauf der vergangenen fünf Jahrzehnte Motive der Subkultur, des Marxismus, der Kritischen Theorie und eben auch des Neoanarchismus aufgegriffen, herrschaftskonform zugerichtet und ins Establishment integriert worden. Ohne Frage ist die Gesellschaft darüberauch ein Stück demokratischer und offener geworden. Jedoch scheint das Projekt des emanzipatorischen Fortschritts mittlerweile festzustecken. Kulturpessimismus grassiert angesichts der Wiederkehr rückwärts gewandter religiöser Vorstellungen und ihrer Rückwirkung auf das gesellschaftliche Miteinander sowie neuer, sozial «angepasster» Formen des Rechtsextremismus und Antisemitismus. Globalisierungseffekte, Cyberüberwachungswahn, Optimierungszwang in sämtlichen Lebensbereichen, die näher rückende Endlichkeit natürlicher Ressourcen, Klimawandel usw. tun ihr Übriges.
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