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Produktdetails
  • Verlag: NZZ Libro
  • Seitenzahl: 204
  • Abmessung: 19mm x 148mm x 220mm
  • Gewicht: 338g
  • ISBN-13: 9783858237613
  • ISBN-10: 3858237612
  • Artikelnr.: 08068788
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.1999

Zephirsgesäusel übers Netz
Daniel Weber weiß, wo die Tücken und Stärken des Internet zu suchen sind

Heidis Freundin aus der Stadt würde heutzutage eine E-mail schicken, um ihren Besuch auf der Alm anzukündigen. Auch in der Schweiz gehört die Nutzung des weltumspannenden Datennetzes inzwischen zum Alltag. Daniel Weber, Leiter des Magazins "NZZ-Folio", versucht in seiner Kolumne "Netzgeflüster" die Internet-Revolution zu dokumentieren - ein vergebliches Streben, das dem Wettlauf des Hasen mit dem Igel gleicht: Angesichts der rasanten technischen Entwicklung und des exponentiellen Wachstums beim Informationsangebot im World Wide Web ist so mancher Artikel schon am Tag der Veröffentlichung nicht mehr aktuell. Der Autor ist sich aber der Vergänglichkeit seiner "Exkursionen ins Internet" durchaus bewußt, die zwar "an den Tag gebunden, aber über den Tag hinausblickend" sein sollen. Der jüngst unter dem gleichen Titel erschienene Band versammelt einundsechzig Kolumnen, die von Februar 1997 bis Juli 1998 in der "Neuen Züricher Zeitung" veröffentlicht wurden.

Herausgekommen ist dabei ein nicht nur für "Newbies" nützliches Kompendium, das alle wichtigen Aspekte des Internet beleuchtet und in allgemeinverständlicher Sprache erklärt. Jeder Artikel wird durch die Angabe von Web-Adressen ergänzt, die weiterführende Informationen zu den einzelnen Themen bieten. Die Gültigkeit der Links wurde zwar noch im Januar 1999 überprüft, was aber, wie der Autor im Vorwort einräumt, keine Garantie dafür ist, daß die Seiten jetzt alle noch existieren. Aber auch dem Thema "tote Web-Seiten" ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

Weber ist ein vehementer Verfechter der Meinungsfreiheit und wendet sich gegen alle Bestrebungen, das Internet zu kontrollieren oder gar zu zensieren. Daß nicht nur Diktatoren und religiöse Fundamentalisten den uneingeschränkten Informationsaustausch einschränken wollen, stellt Weber klar: "Auch die Staatsanwälte westlicher Demokratien satteln den Amtsschimmel, um gegen die apokalyptischen Reiter des Internet ins Feld zu ziehen: Pornographie, Terrorismus, Rechtsradikalismus, organisierte Kriminalität." Der Autor ist dennoch optimistisch: "Das Internet, das daraufhin angelegt wurde, einem Atomschlag standzuhalten, wird auch den Angriff der Zensoren überstehen."

Belegt wird diese These durch die Möglichkeit, mit Hilfe des Internet staatliche Zensur zu umgehen und das Medium als politisches Instrument einzusetzen. Als Slobodan Milosevic im Dezember 1996 die Sendeanlage von Radio B 92 abstellen ließ, wurden die Nachrichten des einzigen nicht staatlich kontrollierten serbischen Senders im Internet verbreitet. Auch die Demokratiebewegung in China nutzt schon lange die Segnungen der modernen Technik.

Selbstverständlich birgt das Datennetz auch Risiken und Gefahren - Hacker. Viren und Datenspione treiben ihr Unwesen. Wie man sich davor schützen kann, ist ebenfalls Thema bei Weber. Manches ist nur ärgerlich - Spam (per E-mail verschickte Massenwerbesendungen) zum Beispiel. Warum sollte die Welt im Cyberspace auch besser sein als im wirklichen Leben? Das Internet verursacht sogar neue Leiden: Amerikanische Psychologen entdeckten die Suchterkrankung "Internet Addiction Disorder". Dennoch zieht der Autor ein positives Resümee: "Aber so gut wie ein Fluch kann das Internet ein Segen sein, und letzterer ist es mit Gewißheit öfter."

THOMAS PLUM

Daniel Weber: "Netzgeflüster". Exkursionen ins Internet. Illustrationen von Katrin Laskowski. NZZ Buchverlag, Zürich 1999. 201 S., br., 48,- DM.

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