In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist in den Kultur- und Sozialwissenschaften eine bemerkenswerte Neuorientierung und Akzentverschiebung zu beobachten: Materialitäten werden zunehmend thematisiert und neu konzeptualisiert. Gemeinsam ist den sogenannten Neuen Materialismen die Überzeugung, dass der »linguistic turn« oder primär semiotisch verfahrende Ansätze unzureichend sind, um das komplexe und dynamische Zusammenspiel von Bedeutungsprozessen und materiellen Gefügen zu erfassen. Der Einführungsband bietet erstmals einen Überblick über zentrale Debattenstränge dieser Forschungsperspektive. Er stellt wichtige Vertreter_innen wie Jane Bennett, Karen Barad, Rosi Braidotti und Donna Haraway vor und zeigt das Innovationspotenzial dieses Forschungsgebiets ebenso auf wie analytische Inkonsistenzen und konzeptuelle Leerstellen.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Johanna-Charlotte Horst empfiehlt den von Katharina Hoppe und Thomas Lemke besorgten Band fortgeschrittenen Denkern der Neuen Materialismen. Vorbereitete Leser, glaubt sie, können die Abgrenzung zwischen Marxismus und neuen Materialisten selbst vornehmen und die im Band geäußerten Selbstzweifel der neuen Materialisten verkraften. Was das posthumanistische Zeitalter für uns bereithält, vermitteln die Kapitel im Band laut Horst anhand einzelner neu-materialistischer Positionen, deren ethische und politische Dimension die Autoren ebenfalls problematisieren, wie Horst festhält. So richtig hilfreich für den Umgang mit Klimawandel und anderen Krisen scheinen die vorgestellten Positionen Horst allerdings nicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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