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Die extreme Rechte wandelt - und radikalisiert sich Trotz des Auffliegens der »NSU«-Terrorzelle wird die Gefahr weiter unterschätzt: Die extreme Rechte in Deutschland hat sich in den letzten Jahren zugleich radikalisiert und verbürgerlicht - und die emsige Verbotsdiskussion um die NPD lenkt die Aufmerksamkeit in die falsche Richtung. Mit den »Autonomen Nationalisten« (AN) ist eine junge und äußerst gewaltbereite Neonazi-Strömung entstanden. Sie kopiert den popkulturellen Stil der Linksautonomen und bietet Action, wirkt anziehend auf Jugendliche. Dazu trägt auch die rechte Musikszene bei.…mehr

Produktbeschreibung
Die extreme Rechte wandelt - und radikalisiert sich Trotz des Auffliegens der »NSU«-Terrorzelle wird die Gefahr weiter unterschätzt: Die extreme Rechte in Deutschland hat sich in den letzten Jahren zugleich radikalisiert und verbürgerlicht - und die emsige Verbotsdiskussion um die NPD lenkt die Aufmerksamkeit in die falsche Richtung. Mit den »Autonomen Nationalisten« (AN) ist eine junge und äußerst gewaltbereite Neonazi-Strömung entstanden. Sie kopiert den popkulturellen Stil der Linksautonomen und bietet Action, wirkt anziehend auf Jugendliche. Dazu trägt auch die rechte Musikszene bei. Anhänger der AN sind mehrfach mit Vorbereitungen zu Terroranschlägen aufgeflogen. Am gemäßigten Rand der Szene erstarkten die Rechtspopulisten. Gruppen wie »Pro Deutschland« und »Die Freiheit« versuchen mit islamophoben Inhalten an nationalkonservative und bürgerliche Positionen anzuknüpfen - und »die Partei zum Sarrazin-Buch« zu werden. Zwischen diesen Polen wird die früher dominierende NPD womöglich zerrieben.
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Autorenporträt
Toralf Staud war von 1998 bis 2005 Politikredakteur der ZEIT, seither ist er freier Autor und beschäftigt sich hauptsächlich mit der extremen Rechten sowie dem Klimawandel. 2007 erschien 'Wir Klimaretter' (mit Nick Reimer). Seit 2011 hat er das gemeinnützige Wissenschaftsportal klimafakten.de mitaufgebaut. Sein letztes Buch 'Deutschland 2050' (wieder mit Nick Reimer) stand monatelang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Johannes Radke, Jg. 1981, studierte Politik und Publizistik in Berlin. Seit 2003 beobachtet er als freier Journalist unter anderem für den Tagesspiegel und Zeit online den rechten Rand. Sein besonderes Augenmerk gilt seit Jahren den Autonomen Nationalisten. 2008 war er einer der Aufbauredakteure des Onlineportals netz-gegen-nazis.de der Zeit. Für Zeit online betreut er das Watchblog Stoerungsmelder.org.
Rezensionen
"Der Band zeichnet sich durch eine gute Lesbarkeit aus und macht anschaulich die Wandlung der rechtsextremistischen Szene deutlich. Dabei schreiben die Autoren mit großer Sachkenntnis und ohne billige Polemik. Immer wieder formulieren sie auch analytisch interessante Aussagen, wozu etwa die Gefahrenprognose in Richtung der Autonomen Nationalisten zählt. [...] Auch in analytischer Hinsicht erhält man immer wieder reflexionswürdige Anregungen." -- Endstation Rechts, 15.08.2012

"Besonders stark ist das Buch in vielen seiner Analysen. [...] Auch die Rückblicke auf die Entstehung der braunen Bewegung sowie die Geschichte des Rechtsterrorismus in Deutschland sind äußerst erhellend und Voraussetzung, um das Phänomen NSU zu begreifen. [...] Insgesamt wissen Staud und Radke den Leser aber zu beeindrucken, sie sind absolute Experten auf dem Gebiet der extremen Rechten, echte Kenner der Bewegung. Zudem, eine große Stärke des Buchs, sind die hervorragende Erzähler, stellen auch komplexe Sachverhalte anschaulich und nachvollziehbar dar. Besonders erfrischend ist der Ansatz des Buchs, die Wurzeln der NSU historisch einzuordnen und sich nicht auf die Zwickauer Zelle zu fokussieren, sondern stärker die Rahmenbedingungen zu thematisieren sowie aktuelle Entwicklungen aufzuzeigen. Somit: klar Kaufempfehlung." -- publikative.org, 15.08.2012

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.09.2012

Gewalttäter
Neue Rechtsextremisten

Terrorismus von rechts? - Der Verfassungsschutz hat nicht daran geglaubt. Dann flog im vergangenen November die Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" auf. Deren Mitglieder hatten mehr als zehn Jahre unbehelligt geraubt und gemordet. Dem multiplen Versagen von Polizei und Nachrichtendiensten folgten oberflächliche Blitzanalysen und ein politischer Fehlschluss. Das meinen Toralf Staud und Johannes Radke, die seit Jahren rechtsextreme Bewegungen beobachten, darunter das Auf und Ab der NPD. Deren Verbot wurde, kaum waren die Zwickauer Serienmörder entdeckt, gefordert. Im Herbst 2011 legten Ermittlungen des Bundeskriminalamtes und der Bundesanwaltschaft Verflechtungen zwischen dem "Nationalsozialistischen Untergrund" und der in vielen Regional- und zwei ostdeutschen Landesparlamenten vertretenen NPD nahe.

Doch die Radikalisierung der aus Thüringen stammenden Neonazis entwickelte sich, wie die beiden Journalisten beschreiben, nicht im Umfeld der braun-biederen NPD, sondern im Zusammenhang "freier Kameradschaften", also loser Zusammenschlüsse regionaler Nazi-Grüppchen wie dem "Thüringer Heimatschutz" oder den Skinheads Sächsische Schweiz (SSS). Die Bedeutung der NPD hingegen sinke, sie sei verfassungsfeindlich, aber es dürfte schwerfallen, ihr aggressiv-kämpferisches Verhalten nachzuweisen. Staud und Radke kommen in ihrem gut sortierten Überblick zu dem Schluss, dass die NPD seit einiger Zeit gerade jene Mitglieder verliert, denen sie als gewaltbereite Neonazis zu schlapp ist. Es bleiben die Verfechter der sozialpolitischen Kümmerer-Strategie nach dem Schlage des Parteivorsitzenden Apfel. Außerdem schwächen Korruptionsfälle und juristische Inkompetenz die Parteikasse dramatisch; die NPD operiert am Rande des Ruins.

In starkem Aufschwung hingegen befinden sich die "Autonomen Nationalisten": hemmungslos gewalttätige Jungnazis mit geringen politischen Ambitionen, aber terroristischem Potential. Seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts fanden sich unter dieser Bezeichnung Nazi-Grüppchen zusammen, die nach Kleidung und Habitus kaum von den linksextremen "Autonomen" zu unterscheiden sind. Die Autoren zeichnen nach, wie Polizei und Staatsschutz mehrfach bei Demonstrationen von Hunderten dieser Gewalttäter überrascht wurden. Aus erlebnisorientierten Schlägertrupps bilden sich vereinzelt Gruppierungen heraus, denen die Wochenendprügelei mit Polizei und linker Antifa nicht mehr genügt. Zigfache Waffen- und zahlreiche Sprengmittelfunde weisen bei Razzien darauf hin, die seit November 2011 verstärkt durchgeführt werden, etwa beim "Freundeskreis Rade" in Radevormwald. Die Strukturen ähneln denen des Thüringer Heimatschutzes beziehungsweise der Kleingruppe Böhnhardt/Mundlos/ Zschäpe, die mit Unterstützung ihres Neonazi-Umfeldes in den Untergrund ging. "Wer künftige Rechtsterroristen verhindern will", schreiben die Autoren, "sollte diese Szene also ganz besonders genau im Blick haben." Und das Bundeskriminalamt kommt Anfang 2012 mit Blick auf rechtsextreme Kleingruppen und radikalisierte Einzeltäter zu dem Schluss: "Mit Tötungsdelikten ist zu rechnen."

PETER CARSTENS.

Toralf Staud/Johannes Radke: Neue Nazis. Jenseits der NPD: Populisten, Autonome Nationalisten und der Terror von rechts. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 272 S., 9,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Sehr informativ fand Rezensent Jan Bielicki dieses Buch über die "neuen Nazis". Neu an ihnen, hat er gelernt, ist, dass sie "radikaler und bürgerlicher" (der Rezensent zitiert hier die Autoren) sind als die Altnazis in der NPD. Besonders die "Autonomen Nationalisten" würden sich - wenigstens äußerlich - kaum noch von linken Autonomen unterscheiden. Interessant fand Bielicki auch, dass die Autoren nicht viel davon halten, die NPD zu verbieten, weil sofort neue Gruppen bereit stünden, die NPD-Anhänger aufzunehmen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.12.2012

Wie Neonazis heute auftreten: „cool“
Der Sumpf ist trotzdem dumpf: Toralf Staud und Johannes Radke berichten
Zwei glänzend schwarz gewienerte Springerstiefel der Marke Doc Martens mit weißen Schnürsenkeln: Immer wieder muss dieses Foto herhalten, wenn das Thema „Rechtsradikale“ in den Medien illustriert wird. Vor gut zwölf Jahren aufgenommen, prägt es bis heute das öffentliche Bild davon, wie Neonazis aussehen. „Doch kaum ein Neonazi sieht noch so aus“, warnen Toralf Staud und Johannes Radke. Die zwei Journalisten, Kenner der Szene und geübte Stilisten, bieten einen guten und gut lesbaren Überblick darüber, wie sich Rechtsradikalismus in Deutschland heute darstellt. Seit das NSU-Trio 1998 in den Untergrund ging, hat sich das rechte Milieu stark gewandelt. „Zugleich radikalisiert und verbürgerlicht“ habe sich der rechte Rand, stellen die Autoren fest.
  Sie zeichnen den Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen nach, die ihren Rassismus unter dem Deckmantel der „Islamkritik“ im Internet pflegen. Vor allem aber beschreiben sie das rasante Wachstum der Autonomen Nationalisten (AN) – Netzwerke junger Rechtsradikaler, die sich in Auftritt und Erscheinungsbild an linken Autonomen orientieren, sie tragen schwarze Kapuzenpullis, hören ihre Version von Punk oder Hip-Hop. Die AN geben sich äußerlich cool und sind damit attraktiver für junge Leute als die dumpfen Skinheads. Und sie sind deutlich radikaler, offen nationalsozialistisch, Gewalt und Terror zugeneigt.
  Die NPD hat sich dieser Gruppen auf der Suche nach Nachwuchs immer gern bedient, umgekehrt benutzen die AN Geld und Infrastruktur der NPD. Von der als zu lasch empfundenen Partei lassen sie sich jedoch nicht vereinnahmen und würden auch durch ein NPD-Verbot kaum getroffen. Einem neuen Verbotsverfahren stehen die Autoren ohnehin skeptisch gegenüber und zitieren einen NPD-Abgeordneten, der sich auf freie Kameradschaften stützt: „Wie eine Plastiktüte“ sei die Partei für ihn, „wenn sie reißt, na ja, dann such’ ich mir eben eine neue“.
JAN BIELICKI
Toralf Staud, Johannes Radke: Neue Nazis. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012. 272 S. 9,99 Euro.
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»Die zwei Journalisten, Kenner der Szene und geübte Stilisten, bieten einen guten und gut lesbaren Überblick darüber, wie sich Rechtsradikalismus in Deutschland heute darstellt.« Süddeutsche Zeitung 20121218