Rund 700 Neologismen werden in diesem ersten größeren Neologismenwörterbuch für das Deutsche dargestellt. Bei ihnen handelt es sich um neue Wörter, neue Bedeutungen von Wörtern und neue feste Wortverbindungen, die in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts in die Allgemeinsprache eingegangen sind. Ziel ist es, den nicht nur bei Wissenschaftlern, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit vorhandenen großen Informationsbedarf in Bezug auf neuen Wortschatz zu befriedigen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.06.2011Das wird hundertpro das Unwort des Jahres
Die mühselig Heruntergeladenen sind nicht meine Baustelle: Zur Linguistik von Neologismen
Fest steht immerhin: Das Wort "Neologismus" ist selber einer. Gebildet aus den altgriechischen Wörtern "neo" für neu und dem bedeutungsträchtigen "logos", ist die zusammengesetzte Form selbst nicht griechischen Ursprungs. Die sogenannte neoklassische Lehnwortbildung stammt aus dem Französischen. Weniger fest steht dagegen, was dieser Begriff für neu aufkommende Wörter einer Sprache im wissenschaftlichen Kontext exakt bedeuten soll.
Einen Bedarf an Interpretation verzeichnet die Neologismenforschung mithin von Anfang an. Dass es ebenso um Lehn- und Fremdwörter wie um Neubildungen geht, ist unstrittig, es fragt sich aber etwa, wie zu entscheiden sei, was wirklich gebräuchlich ist und was nur ein lexikalisches Randphänomen. Dabei baut solche Forschung auf einem bekannten Faktum auf: der steten Weiterentwicklung einer Sprache bezüglich ihrer Form und ihres Inhalts. Neue Wörter und Phrasen werden gebräuchlich, andere geraten ins Vergessen.
Neologismenwörterbücher dokumentieren das. Seit gut einem halben Jahrhundert wurden ähnlich konzipierte Lexika in zahlreichen Sprachen erarbeitet, um die nicht zuletzt durch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt entstandene Vielzahl neuer Wörter zu verzeichnen. Für das Deutsche, eine Sprache, die offener für Neues ist als beispielsweise das Französische oder Englische, existierte indessen lange Zeit kein solches Wörterbuch, zumal keines, das den Ansprüchen wissenschaftlicher Lexikographie genügte. Die Universalwörterbücher der Marken Duden und Wahrig verzeichnen mit jeder Neuauflage zwar auch neue Wörter, doch weder weisen sie diese als Novitäten aus, noch beschreiben sie detailliert deren Gebrauch. Für Juli hat der Duden-Verlag immerhin eine Publikation mit dem Titel "Unsere Wörter des Jahrzehnts" angekündigt, die fünfhundert im Duden verzeichnete neue Lexeme auflisten soll.
Die neueren Wörterbücher einer sogenannten Trend- oder Szenesprache begnügen sich ebenfalls mit dem Verzeichnen und einer groben Beschreibung der Wortbedeutung. Oft setzen sie auf Witziges und Kuriositäten, was ein Buchtitel wie "Von Aldianer bis Zauselquote" bestätigt. Dessen Autor, der Sprachwissenschaftler Lothar Lemnitzer, bemüht sich auch mit dem Internetprojekt "Die Wortwarte" um neue Lexik. Für den "Szene-Duden" lud man Internetnutzer ein, eigene Wortvorschläge und Kommentare beizutragen. Das alles kann und will keine wissenschaftliche Lexikographie sein. Und was es auflistet, gehört oft ebenso wenig wie Fachsprachliches zur Standard- beziehungsweise Allgemeinsprache.
Um die lexikographische Lücke zu schließen, wurde Ende der neunziger Jahre am Mannheimer Institut für Deutsche Sprache das Projekt "Lexikalische Innovationen" ins Leben gerufen. Das Wörterbuch der Arbeitsgruppe sollte sowohl neue lexikalische Einheiten als auch neue Bedeutungen von bereits etablierten, die zu einer bestimmten Zeit gebräuchlich sowie allgemein akzeptiert wurden und es auch blieben, ausführlich beschreiben. Als Anfang des Untersuchungszeitraums wurde die Wiedervereinigung gewählt, weil sie auch die Trennung der Sprachgemeinschaft überwand. Als Ende wählte man zunächst die Jahrtausendwende.
Elchtest und Tigerenten-Koalition
Doch mit dem Anspruch beginnt wieder die Interpretation. Zwar steht dem Projekt mit dem deutschen Referenzkorpus die größte elektronisch gespeicherte Textmenge deutscher Sprache zur Verfügung. Die Entscheidung aber, ob eine bestimmte Anzahl von Belegen ausreicht, um Okkasionalismen, also zu einem bestimmten, vorübergehenden Zweck geprägte Begriffe, auszuschließen, nimmt den Linguisten kein Computer ab. Ein Gleiches gilt für die Auswahl der Stichwörter. Die Bezeichnung "Jamaika-Koalition" zur Umschreibung eines schwarz-gelb-grünen Regierungsbündnisses sei inzwischen allgemeinsprachlich akzeptiert, sagt die Projektleiterin Doris Steffens. Die (schwarz-gelbe) "Tigerenten-Koalition" kam hingegen über das Stadium des Okkasionalismus, das am Anfang der meisten Neologismen steht, nicht hinaus; tatsächlich hatte diese aber auch kein neues Phänomen zu beschreiben. Der "Elchtest" zur Bezeichnung einer Sicherheitsprüfung eines Kraftwagens hat es dagegen in der Sicht der Forscher ebenfalls zum Bestandteil des Sprachsystems gebracht.
Nachzulesen ist er deshalb in der ersten Publikation der Arbeitsgruppe, die sechshundertsiebzig Neologismen verzeichnet (Dieter Herberg, Michael Kinne, Doris Steffens: "Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen". Verlag Walter de Gruyter. Berlin, New York 2004). Als Folge einer "Nachbearbeitung" des Untersuchungszeitraums, so Steffens, sind im Internet unter www.owid.de aber neunhundertdreißig Neologismen verzeichnet, denn vieles, was als neuere Prägung erschien, konnte erst nach der Buchpublikation als Phänomen der neunziger Jahre ausgewiesen werden, so zum Beispiel die "Parallelgesellschaft" oder die "Bonusmeile". Um auch das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zu untersuchen, wurde das Projekt fortgesetzt. Für diesen Zeitraum hat man bislang fünfhundert Wörter gesammelt, die im kommenden Jahr in Buchform veröffentlicht werden. Ein gutes halbes Jahr darauf soll die zweite Internetpublikation des Projekts erfolgen.
Neue Wörter spiegeln den Zeitgeist. Die Neologismen der neunziger Jahre belegten vor allem die wachsende Bedeutung der Computertechnologie für den Alltag, Wörter wie "herunterladen" oder Anglizismen wie "Browser" und "Server" zeigen es. Danach hat dieser Bereich zwar an sprachprägender Kraft eingebüßt, er macht aber trotzdem noch viel von sich reden, in Form der "App", von "aufpoppen" oder "einpflegen". Die Bedeutung des demographischen Wandels und von Fragen der Gesundheit, die etwa der "Rollator" bezeugte, ist im vergangenen Jahrzehnt noch gewachsen. Und "Stockenten", Frauen mit Walkingstöcken, gehören inzwischen selbstverständlich zum Bild von Parks und Wäldern.
Neue soziale Phänomene prägen auch die Sprache, "Regenbogenfamilien" zur Bezeichnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit Kindern gab es früher nicht, ebenso wenig den "Bologna-Prozess". Man sagt, "Der Drops ist gelutscht", oder verneint die Zuständigkeit mit dem Hinweis, es sei "nicht meine Baustelle". "Funzen" steht gleichbedeutend neben "funktionieren", und "schwul" kann, wohl absichtlich politisch unkorrekt, auch etwas Inakzeptables meinen. Das Kaffeegetränk, das in den Neunzigern als "Latte macchiato" geläufig wurde, darf man jetzt nur "Latte" nennen, im Maskulinum; die Latte aus Holz steht noch immer im Femininum, ebenso die schlüpfrige Umschreibung männlicher sexueller Erregtheit, die deshalb kein Neologismus ist, weil sie schon länger gebräuchlich und wohl auch nicht der Allgemeinsprache zuzurechnen ist.
Anglizismen sind rückläufig
Ein Problem der Sprachforschung mit Hilfe von elektronischen Textkorpora bekommt auch die Neologismenforschung zu spüren. Der Sprachstandard erscheint weitgehend identisch mit Mediensprache; literarische Texte gibt es im Korpus zwar auch, die allermeisten entstammen indessen Zeitungen. Dass so das Schriftdeutsche noch immer mehr den Begriff des Standards prägt, als es der tatsächlichen Sprachentwicklung entspricht, ersieht man an dem vornehmlich mündlich gebrauchten Wort "hundertpro", das eine starke Überzeugung ausdrückt. Laut Steffens handelt es sich bei ihm um einen Neologismus, obgleich es im Korpus nur relativ schwach belegt ist.
Die Beobachtung über einen längeren Zeitraum lässt auch allgemeinere Rückschlüsse auf die Sprachentwicklung zu. So scheint der englischsprachige Einfluss rückläufig, jedenfalls waren im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts noch vierzig Prozent der Neologismen Anglizismen, im folgenden nur noch knapp dreißig. Dafür dürfte nicht zuletzt die bereits etablierte und nun weniger neue Wörter erfordernde Informationstechnologie verantwortlich sein. Verben werden seltener entlehnt oder neu gebildet, die allermeisten Neologismen sind Nomen. Und grammatische Strukturen verändern sich nur über längere Zeiträume, sagt Doris Steffens. Gäbe es freilich nicht auch Beständiges, fiele der Wandel nicht auf. Den Reichtum und die stupende Flexibilität des Mediums Sprache belegt die Neologismusforschung ohnehin.
THOMAS GROSS
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Die mühselig Heruntergeladenen sind nicht meine Baustelle: Zur Linguistik von Neologismen
Fest steht immerhin: Das Wort "Neologismus" ist selber einer. Gebildet aus den altgriechischen Wörtern "neo" für neu und dem bedeutungsträchtigen "logos", ist die zusammengesetzte Form selbst nicht griechischen Ursprungs. Die sogenannte neoklassische Lehnwortbildung stammt aus dem Französischen. Weniger fest steht dagegen, was dieser Begriff für neu aufkommende Wörter einer Sprache im wissenschaftlichen Kontext exakt bedeuten soll.
Einen Bedarf an Interpretation verzeichnet die Neologismenforschung mithin von Anfang an. Dass es ebenso um Lehn- und Fremdwörter wie um Neubildungen geht, ist unstrittig, es fragt sich aber etwa, wie zu entscheiden sei, was wirklich gebräuchlich ist und was nur ein lexikalisches Randphänomen. Dabei baut solche Forschung auf einem bekannten Faktum auf: der steten Weiterentwicklung einer Sprache bezüglich ihrer Form und ihres Inhalts. Neue Wörter und Phrasen werden gebräuchlich, andere geraten ins Vergessen.
Neologismenwörterbücher dokumentieren das. Seit gut einem halben Jahrhundert wurden ähnlich konzipierte Lexika in zahlreichen Sprachen erarbeitet, um die nicht zuletzt durch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt entstandene Vielzahl neuer Wörter zu verzeichnen. Für das Deutsche, eine Sprache, die offener für Neues ist als beispielsweise das Französische oder Englische, existierte indessen lange Zeit kein solches Wörterbuch, zumal keines, das den Ansprüchen wissenschaftlicher Lexikographie genügte. Die Universalwörterbücher der Marken Duden und Wahrig verzeichnen mit jeder Neuauflage zwar auch neue Wörter, doch weder weisen sie diese als Novitäten aus, noch beschreiben sie detailliert deren Gebrauch. Für Juli hat der Duden-Verlag immerhin eine Publikation mit dem Titel "Unsere Wörter des Jahrzehnts" angekündigt, die fünfhundert im Duden verzeichnete neue Lexeme auflisten soll.
Die neueren Wörterbücher einer sogenannten Trend- oder Szenesprache begnügen sich ebenfalls mit dem Verzeichnen und einer groben Beschreibung der Wortbedeutung. Oft setzen sie auf Witziges und Kuriositäten, was ein Buchtitel wie "Von Aldianer bis Zauselquote" bestätigt. Dessen Autor, der Sprachwissenschaftler Lothar Lemnitzer, bemüht sich auch mit dem Internetprojekt "Die Wortwarte" um neue Lexik. Für den "Szene-Duden" lud man Internetnutzer ein, eigene Wortvorschläge und Kommentare beizutragen. Das alles kann und will keine wissenschaftliche Lexikographie sein. Und was es auflistet, gehört oft ebenso wenig wie Fachsprachliches zur Standard- beziehungsweise Allgemeinsprache.
Um die lexikographische Lücke zu schließen, wurde Ende der neunziger Jahre am Mannheimer Institut für Deutsche Sprache das Projekt "Lexikalische Innovationen" ins Leben gerufen. Das Wörterbuch der Arbeitsgruppe sollte sowohl neue lexikalische Einheiten als auch neue Bedeutungen von bereits etablierten, die zu einer bestimmten Zeit gebräuchlich sowie allgemein akzeptiert wurden und es auch blieben, ausführlich beschreiben. Als Anfang des Untersuchungszeitraums wurde die Wiedervereinigung gewählt, weil sie auch die Trennung der Sprachgemeinschaft überwand. Als Ende wählte man zunächst die Jahrtausendwende.
Elchtest und Tigerenten-Koalition
Doch mit dem Anspruch beginnt wieder die Interpretation. Zwar steht dem Projekt mit dem deutschen Referenzkorpus die größte elektronisch gespeicherte Textmenge deutscher Sprache zur Verfügung. Die Entscheidung aber, ob eine bestimmte Anzahl von Belegen ausreicht, um Okkasionalismen, also zu einem bestimmten, vorübergehenden Zweck geprägte Begriffe, auszuschließen, nimmt den Linguisten kein Computer ab. Ein Gleiches gilt für die Auswahl der Stichwörter. Die Bezeichnung "Jamaika-Koalition" zur Umschreibung eines schwarz-gelb-grünen Regierungsbündnisses sei inzwischen allgemeinsprachlich akzeptiert, sagt die Projektleiterin Doris Steffens. Die (schwarz-gelbe) "Tigerenten-Koalition" kam hingegen über das Stadium des Okkasionalismus, das am Anfang der meisten Neologismen steht, nicht hinaus; tatsächlich hatte diese aber auch kein neues Phänomen zu beschreiben. Der "Elchtest" zur Bezeichnung einer Sicherheitsprüfung eines Kraftwagens hat es dagegen in der Sicht der Forscher ebenfalls zum Bestandteil des Sprachsystems gebracht.
Nachzulesen ist er deshalb in der ersten Publikation der Arbeitsgruppe, die sechshundertsiebzig Neologismen verzeichnet (Dieter Herberg, Michael Kinne, Doris Steffens: "Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen". Verlag Walter de Gruyter. Berlin, New York 2004). Als Folge einer "Nachbearbeitung" des Untersuchungszeitraums, so Steffens, sind im Internet unter www.owid.de aber neunhundertdreißig Neologismen verzeichnet, denn vieles, was als neuere Prägung erschien, konnte erst nach der Buchpublikation als Phänomen der neunziger Jahre ausgewiesen werden, so zum Beispiel die "Parallelgesellschaft" oder die "Bonusmeile". Um auch das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zu untersuchen, wurde das Projekt fortgesetzt. Für diesen Zeitraum hat man bislang fünfhundert Wörter gesammelt, die im kommenden Jahr in Buchform veröffentlicht werden. Ein gutes halbes Jahr darauf soll die zweite Internetpublikation des Projekts erfolgen.
Neue Wörter spiegeln den Zeitgeist. Die Neologismen der neunziger Jahre belegten vor allem die wachsende Bedeutung der Computertechnologie für den Alltag, Wörter wie "herunterladen" oder Anglizismen wie "Browser" und "Server" zeigen es. Danach hat dieser Bereich zwar an sprachprägender Kraft eingebüßt, er macht aber trotzdem noch viel von sich reden, in Form der "App", von "aufpoppen" oder "einpflegen". Die Bedeutung des demographischen Wandels und von Fragen der Gesundheit, die etwa der "Rollator" bezeugte, ist im vergangenen Jahrzehnt noch gewachsen. Und "Stockenten", Frauen mit Walkingstöcken, gehören inzwischen selbstverständlich zum Bild von Parks und Wäldern.
Neue soziale Phänomene prägen auch die Sprache, "Regenbogenfamilien" zur Bezeichnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit Kindern gab es früher nicht, ebenso wenig den "Bologna-Prozess". Man sagt, "Der Drops ist gelutscht", oder verneint die Zuständigkeit mit dem Hinweis, es sei "nicht meine Baustelle". "Funzen" steht gleichbedeutend neben "funktionieren", und "schwul" kann, wohl absichtlich politisch unkorrekt, auch etwas Inakzeptables meinen. Das Kaffeegetränk, das in den Neunzigern als "Latte macchiato" geläufig wurde, darf man jetzt nur "Latte" nennen, im Maskulinum; die Latte aus Holz steht noch immer im Femininum, ebenso die schlüpfrige Umschreibung männlicher sexueller Erregtheit, die deshalb kein Neologismus ist, weil sie schon länger gebräuchlich und wohl auch nicht der Allgemeinsprache zuzurechnen ist.
Anglizismen sind rückläufig
Ein Problem der Sprachforschung mit Hilfe von elektronischen Textkorpora bekommt auch die Neologismenforschung zu spüren. Der Sprachstandard erscheint weitgehend identisch mit Mediensprache; literarische Texte gibt es im Korpus zwar auch, die allermeisten entstammen indessen Zeitungen. Dass so das Schriftdeutsche noch immer mehr den Begriff des Standards prägt, als es der tatsächlichen Sprachentwicklung entspricht, ersieht man an dem vornehmlich mündlich gebrauchten Wort "hundertpro", das eine starke Überzeugung ausdrückt. Laut Steffens handelt es sich bei ihm um einen Neologismus, obgleich es im Korpus nur relativ schwach belegt ist.
Die Beobachtung über einen längeren Zeitraum lässt auch allgemeinere Rückschlüsse auf die Sprachentwicklung zu. So scheint der englischsprachige Einfluss rückläufig, jedenfalls waren im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts noch vierzig Prozent der Neologismen Anglizismen, im folgenden nur noch knapp dreißig. Dafür dürfte nicht zuletzt die bereits etablierte und nun weniger neue Wörter erfordernde Informationstechnologie verantwortlich sein. Verben werden seltener entlehnt oder neu gebildet, die allermeisten Neologismen sind Nomen. Und grammatische Strukturen verändern sich nur über längere Zeiträume, sagt Doris Steffens. Gäbe es freilich nicht auch Beständiges, fiele der Wandel nicht auf. Den Reichtum und die stupende Flexibilität des Mediums Sprache belegt die Neologismusforschung ohnehin.
THOMAS GROSS
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Die Autoren haben nach jahrelanger Arbeit eine eigene Definition des Neologismus vorgelegt, in die die Reflexion eines überaus reichen Textmaterials eingegangen ist. Die wissenschaftlich fundierte lexikographische Arbeit, wie sie das vorgelegte Neologismenwörterbuch verkörpert, findet ein positives Echo auch bei der Zielgruppe der Deutschlehrenden an Universitäten im Ausland. Im Falle der Neologismen sind solche Impulse wichtig, zumal der geradezu explosionsartige Ausbau des deutschen Wortschatzes im Rahmen des philologischen Studiums nicht unkommentiert bleiben darf. Für die Autoren zweisprachiger Wörterbücher stellt das vorgelegte Werk ein unentbehrliches Hilfsmittel dar."
Marie Vachková in: Brücken. Germanistisches Jahrbuch Tschechien - Slowakei 2007
Marie Vachková in: Brücken. Germanistisches Jahrbuch Tschechien - Slowakei 2007