Neuerscheinungen hrsg. von Daniela Comani präsentiert Bücher, die wir alle kennen, vertraute Klassiker aus dem Bücherregal von Dostojewski, Cervantes, Flaubert, Hemingway bis hin zu Antoine de Saint-Exupéry oder Robert Musil. Alles offensichtlich gelesene Bücher mit einer gewissen Patina, mit Spuren des Verbrauchs. Erst auf den zweiten Blick irritieren die Buchtitel. Oder kennen Sie vielleicht Die Schwestern Karamasow, Doña Quixote, Monsieur Bovary, The Old Woman and the Sea, La Petite Princesse oder Die Frau ohne Eigenschaften? Hauptsächlich männliche Protagonisten der Weltliteratur vollziehen eine wundersame Geschlechtsumwandlung und bringen die literarisch festgefahrenen Rollen- und Entwicklungsmuster tüchtig ins Wanken. Das Unbehagen der Geschlechter erfährt hier eine fein- und hintersinnige Visualisierung. Die künstlerische Arbeit von Daniela Comani lädt dazu ein, Klassiker des abendländischen Literaturkanons mit neuem Blick zu lesen. Orlanda lässt derweil grüssen. Neuerschei
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Frankfurter Allgemeine ZeitungQueen Kongs Rache
Gen Italien ziehend, schlug jedes Genus immer schon in sein Gegenteil um: Der Mond ist hier weiblich, die Sonne ein Mann, und selbst bei Goethe wurde aus Faust hier Faustine. Aus Italien, genauer: aus Bologna, stammt auch die heute in Berlin beheimatete Künstlerin Daniela Comani. Sie hat sich in erfrischender Naivität, unbekümmert um alle graue Gendertheorie, vor ihr Bücherregal gestellt, einundfünfzig Titel herausgezogen, die ihr zuzuraunen schienen, mit ihrem Geschlecht nicht ganz glücklich zu sein, und diesen versichert: Da lässt sich doch etwas machen. Wofür gibt es denn Photoshop? Ganz ohne Kommentar, ohne Vor- oder Nachwort - und gerade so auf unaufdringliche Weise irritierend - bekommen wir nun die Ergebnisse präsentiert, "Neuerscheinungen" in jedem Wortsinn: "Die Frau ohne Eigenschaften", "Die Steppenwölfin", "Queen Kong", "Lord Chatterley's Lover", "Wittgensteins Nichte", immer in Gestalt von abgegriffenen, allen Buchfreunden sehr vertrauten Exemplaren. Was hier hintersinnig aufs Korn genommen wird, ist freilich weniger die maskuline Dominanz im Literaturkanon als vielmehr der unbeholfene Versuch vieler Kolleginnen, einer vor Jahrtausenden in die falsche Richtung abgebogenen Gesellschaft mit Gleichstellungsbeauftragten beizukommen, die kleine Oberflächenkorrekturen vornehmen. ("Neuerscheinungen". Hrsg. von Daniela Comani. Edition Patrick Frey, Zürich 2009. 104 S., Abb., geb., 24,- [Euro].) oju
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gen Italien ziehend, schlug jedes Genus immer schon in sein Gegenteil um: Der Mond ist hier weiblich, die Sonne ein Mann, und selbst bei Goethe wurde aus Faust hier Faustine. Aus Italien, genauer: aus Bologna, stammt auch die heute in Berlin beheimatete Künstlerin Daniela Comani. Sie hat sich in erfrischender Naivität, unbekümmert um alle graue Gendertheorie, vor ihr Bücherregal gestellt, einundfünfzig Titel herausgezogen, die ihr zuzuraunen schienen, mit ihrem Geschlecht nicht ganz glücklich zu sein, und diesen versichert: Da lässt sich doch etwas machen. Wofür gibt es denn Photoshop? Ganz ohne Kommentar, ohne Vor- oder Nachwort - und gerade so auf unaufdringliche Weise irritierend - bekommen wir nun die Ergebnisse präsentiert, "Neuerscheinungen" in jedem Wortsinn: "Die Frau ohne Eigenschaften", "Die Steppenwölfin", "Queen Kong", "Lord Chatterley's Lover", "Wittgensteins Nichte", immer in Gestalt von abgegriffenen, allen Buchfreunden sehr vertrauten Exemplaren. Was hier hintersinnig aufs Korn genommen wird, ist freilich weniger die maskuline Dominanz im Literaturkanon als vielmehr der unbeholfene Versuch vieler Kolleginnen, einer vor Jahrtausenden in die falsche Richtung abgebogenen Gesellschaft mit Gleichstellungsbeauftragten beizukommen, die kleine Oberflächenkorrekturen vornehmen. ("Neuerscheinungen". Hrsg. von Daniela Comani. Edition Patrick Frey, Zürich 2009. 104 S., Abb., geb., 24,- [Euro].) oju
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