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"Eigentlich sind das meine besten Bilder!" sagte sich Dirk Reinartz vor einigen Jahren, als er Fotografien seiner Reisen nach New York 1974 sichtete. Er machte sich an die Auswahl für eine Buchveröffentlichung, starb jedoch kurze Zeit später.Reinartz nimmt den Betrachter mit auf seine ganz eigenen Wege durch die Metropole. In der Masse der Menschen hat er besondere Charaktere und ausdrucksvolle Gesichter gefunden. Und in der Stadt, die viele Schatten wirft, hat er faszinierende Lichtspiele ins Bild gesetzt. Reinartz' Fotografien lassen die Stimmung eines Ortes wieder aufleben, der Mitte der…mehr

Produktbeschreibung
"Eigentlich sind das meine besten Bilder!" sagte sich Dirk Reinartz vor einigen Jahren, als er Fotografien seiner Reisen nach New York 1974 sichtete. Er machte sich an die Auswahl für eine Buchveröffentlichung, starb jedoch kurze Zeit später.Reinartz nimmt den Betrachter mit auf seine ganz eigenen Wege durch die Metropole. In der Masse der Menschen hat er besondere Charaktere und ausdrucksvolle Gesichter gefunden. Und in der Stadt, die viele Schatten wirft, hat er faszinierende Lichtspiele ins Bild gesetzt. Reinartz' Fotografien lassen die Stimmung eines Ortes wieder aufleben, der Mitte der siebziger Jahre voller Möglichkeiten und auf dem Weg zu neuer Blüte war.
Autorenporträt
Reinartz, DirkDirk Reinartz, wurde 1947 in Aachen geboren. Er studierte Fotografie bei Otto Steinert an der Folkwangschule in Essen. Von 1971 bis 1977 war er Fotoreporter beim Stern. Seine zahlreichen Reisen führten ihn in viele Länder auf allen Kontinenten. 1977 schloß er sich der Fotografengruppe VISUM an, von der er sich 1982 wieder trennte, um fortan ganz unabhängig zu arbeiten. Reinartz' Reportagen und Berichte erschienen in vielen Magazinen, unter ihnen "Life", "Fortune", "Der Spiegel", das "SZ-Magazin" und insbesondere das "Zeit-Magazin" und "Art". Seit 1985 legte er seine Arbeiten auch in Buchform vor. Dirk Reinartz' Fotografien wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, sein Projekt "totenstill" etwa an 25 Orten weltweit, unter ihnen Berlin, New York, Warschau und Santiago de Chile. Seit 1998 war Dirk Reinartz Professor für Fotografie an der Muthesius Hochschule in Kiel. Er lebte in Buxtehude bei Hamburg. Dirk Reinartz starb am 27.3.2004 während einer Reise in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.04.2008

Die inneren Angelegenheiten der Straße

Als der junge Fotoreporter Dirk Reinartz im Jahr 1974 durch New York spazierte, ließ er sich nicht vom Tempo Manhattans infizieren. Ihm war die Stadt auch nicht eine Bühne für Selbstdarsteller, sondern er fand überall Beispiele für einen Alltag in Schwermut, vielleicht sogar in Bedrängnis.

Von Freddy Langer

Wer den Fotografen Dirk Reinartz kannte, schildert ihn als fröhlichen, lebenlustigen Menschen, und wer es darauf anlegte, könnte in den überlieferten Porträts zwischen seinem dicken Schnauzbart und dem wirren Lockenkopf einige Lachfalten entdecken. Wie anders dagegen sein fotografisches Werk. Reinartz schien wie magisch angezogen von jeglicher Form der Tristesse. "Kein schöner Land" nannte er seinen beklemmenden Deutschland-Bildband aus dem Jahr 1989, der fast ohne Menschen auskommt und sich stattdessen in trübsinnig-grauem Ton trostlosen Fassaden und leeren Großparkplätzen widmet und in dem immer wieder Mauern, Zäune und Gitter gezeigt werden, von denen man nicht recht weiß, ob sie jemanden einsperren sollen oder aussperren. Dass es sich dabei stets auch um die Darstellung von Seelenlandschaften handelte, legte der Folgeband im Jahr 2003 durch seinen Titel "Innere Angelegenheiten" zumindest nahe. Die Motive waren ganz ähnlich wie zuvor, bloß diesmal in Farbe. Es war immer noch zum Heulen.

Dirk Reinartz, 1947 in Aachen geboren und in den späten sechziger Jahren Student bei Otto Steinert, hatte 1971 als der jüngste Fotoreporter je bei der Illustrierten "Stern" begonnen. Seine Arbeiten jedoch wirkten von Beginn an wie einem Alterswerk entnommen. Sie waren mit Bestimmtheit komponiert. Und sie waren von Skepsis geprägt. Lebenslust buchstabiert man anders; auch in der Fotografie. Nicht einmal für die großartige New-York-Serie, die 1974 während privater Reisen nach Amerika entstand, ließ sich Reinartz vom pulsierenden Leben Manhattans infizieren, sondern fand überall nur Beispiele für einen Alltag in Schwermut, vielleicht auch in Bedrängnis.

Der öffentliche Raum, wie Dirk Reinartz ihn zeigt, ist keine Bühne für Selbstdarsteller. Er gleicht vielmehr einem Ort der Gefahr. Als sei die Evolution vor drei Millionen Jahren stehengeblieben, wirken nicht wenige der Passanten in den breiten Avenues geradeso, als hätten sie eben erst auf zwei Füßen zu stehen gelernt und schauten nun zum ersten Mal in ihrem Leben skeptisch über das Steppengras hinweg. Wer der Feind ist, bleibt dabei offen: die mächtigen Fenster und Tore, die aussehen wie aufgerissene Mäuler; die vorüberhuschenden Gestalten, die sich aus dem Dampf der U-Bahn-Schächte schälen; die allgegenwärtigen Autos, damals noch riesige Limousinen, die mal wie Raubtiere aussehen, im Schatten versteckt, zum Sprung bereit, und die mal wie in großen Herden zu grasen scheinen - oder ist am Ende der Fotograf die Gefahr? Mehr als einmal jedenfalls wird dessen Annährung mit skeptischen, sogar bösen Blicken erwidert.

Straßenfotografie, erklärte der New Yorker Straßenfotograf Joel Meyerowitz bei Gelegenheit, sei der Versuch, im Alltag Illustrationen für die eigenen Sehnsüchte und Konflikte zu finden, Entsprechungen für eine Lebensauffassung. Und dann entdeckt man zwischen Reinartz' melancholisch stimmenden New-York-Aufnahmen wenigstens ein paar skurrile Momente - etwa wenn es aussieht, als habe ein Mann sein Pferd vor der Zelle angebunden, während er telefoniert, oder wenn ein Blitzlicht die nackte Brust einer Schaufensterpuppe zum Strahlen bringt.

Vor vier Jahren hatte Reinartz begonnen, das alte New-York-Material für ein eigenes Buch zu sortieren, die Auswahl halbwegs festgelegt und in einem gewissen Umfang sogar die Reihenfolge der Bilder bestimmt. Dann starb er unerwartet. Nun hat seine Frau Karin das Werk beendet. Es wurde zum Denkmal für einen Grübler. Vielleicht für einen Grübler mit Humor. Es ist ein großartiges Denkmal.

"New York 1974" von Dirk Reinartz. Steidl Verlag, Göttingen 2007. 144 Seiten, 64 Schwarzweißfotografien. Gebunden, 42 Euro.

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