Horst Hamanns Sicht auf New York zum ersten Mal im Querformat und in Farbe. Nach dem weltweiten Bestseller"New York Vertical"nun sein zweiter Blick auf seine Wahlheimat im Panoramaformat. Dabei hat er neben den bekannten Sehenswürdigkeiten auch diesmal Impressionen abseits der üblichen Touristenpfade eingefangen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.02.2008New York, New York
Horst Hamann wurde berühmt, als er vor gut zehn Jahren Manhattan mit seinen Fotografien in die Höhe zog. Mit seinem jüngsten Buch zerrt er die Stadt in die Breite.
Es gibt Bücher, die man schon nach den ersten Seiten nie mehr vergisst. Horst Hamanns Bildband "New York Vertical" gehört dazu - zehn Jahre nach seinem Erscheinen ist er längst ein Klassiker der Fotokunst. Genau genommen musste man das Buch damals nicht einmal aufschlagen, denn bereits das extreme, schlanke Format mit einer Höhe von knapp einem halben Meter machte deutlich, dass hier etwas ganz und gar Neues entstanden war. Hamann übertrug den Blick eines aufgeregten New-York-Besuchers in die Fotografie, diesen Blick, der immer wieder von der Straße allmählich nach oben führt, der an den Fassaden entlang Etage für Etage in die Höhe steigt und sich dann in den Himmel fortsetzt, bis der Kopf so weit im Nacken liegt, dass es weiter nicht mehr geht. Dazu bediente sich Hamann eines so einfachen Kniffs, dass man sich wunderte, weshalb das nicht längst jemand getan hatte: Er stellte eine Panoramakamera senkrecht aufs Stativ. Nie zuvor hatte man Manhattan so gesehen - bestimmt von schier endlosen und vor allem unendlich vielen senkrechten Linien, so steil, so schlank, so dicht beieinander, als handele es sich bei den Wolkenkratzern um Raketen.
New York ließ Horst Hamann fortan nicht mehr los. Es folgte ein Buch im klassischen Format, für das er Architekturausschnitte zu abstrakten Mustern verfremdete oder hetzenden Passanten nacheilte - Chiffren beides für das Tempo New Yorks. Es folgten die Schnappschüsse eines nächtlichen Spaziergangs von einem Ende des Broadway zum anderen, 164 Blocks, abgelaufen in elf Stunden und 58 Minuten. Und es folgte wiederum ein schmales Buch mit schlanken Aufnahmen der Bewohner Manhattans, herausgenommen aus der Welt und hineingestellt in ein gleißendes weißes Nichts. Großartige Bücher allesamt - und doch blieb in dem OEuvre stets eine Lücke spürbar. Jetzt hat Hamann sie geschlossen: mit weiten, breiten Panoramen, dem klassischen Blick vom Aussichtsturm.
Und so findet sich in dem breiten Bildband selbstredend ein Foto des Häusermeers von oben, das sich ausbreitet zwischen Hudson und East River und in dem die Zacken und Spitzen der Türme wirken wie Schaumkronen über einem Wellenkamm. Aber Hamann sucht mehr. In seinen schönsten Aufnahmen stellt er Verbindungen her zwischen Dingen, die weit auseinander stehen: Fassaden links und rechts der Straße etwa, ergänzt um Reklametafeln; oder hier Kirchtürme und dort eine Plastik; oder auch der Menschenauflauf im Grand Central Terminal während des Berufsverkehrs. Es ist eine bizarre, fast paradoxe Darstellung, weil sie dem Betrachter Weite vorspielt, obwohl in den Schluchten der Hochhäuser nichts als Enge herrscht. Kaum aber hat man das begriffen, muten manche der Aufnahmen fast bedrohlich an, und man ahnt, weshalb Hamann den Effekt immer weiter ausreizte, sich am Ende nur noch an den Bildproportionen orientierte und nicht wenige der Motive sogar aus Teleaufnahmen herausvergrößerte, als handele es sich um den Blick durch den Sehschlitz eines Spähwagens: "New York Panorama" erzählt vom Drama der Klaustrophobie.
FREDDY LANGER
"New York Panorama" von Horst Hamann. Mit einem Vorwort von Iris Lemanczyk. Erschienen in der Reihe: "Global". Edition Panaroma, Mannheim 2007. Ohne Paginierung, fünfzig Farbfotos. Gebunden, 14,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Horst Hamann wurde berühmt, als er vor gut zehn Jahren Manhattan mit seinen Fotografien in die Höhe zog. Mit seinem jüngsten Buch zerrt er die Stadt in die Breite.
Es gibt Bücher, die man schon nach den ersten Seiten nie mehr vergisst. Horst Hamanns Bildband "New York Vertical" gehört dazu - zehn Jahre nach seinem Erscheinen ist er längst ein Klassiker der Fotokunst. Genau genommen musste man das Buch damals nicht einmal aufschlagen, denn bereits das extreme, schlanke Format mit einer Höhe von knapp einem halben Meter machte deutlich, dass hier etwas ganz und gar Neues entstanden war. Hamann übertrug den Blick eines aufgeregten New-York-Besuchers in die Fotografie, diesen Blick, der immer wieder von der Straße allmählich nach oben führt, der an den Fassaden entlang Etage für Etage in die Höhe steigt und sich dann in den Himmel fortsetzt, bis der Kopf so weit im Nacken liegt, dass es weiter nicht mehr geht. Dazu bediente sich Hamann eines so einfachen Kniffs, dass man sich wunderte, weshalb das nicht längst jemand getan hatte: Er stellte eine Panoramakamera senkrecht aufs Stativ. Nie zuvor hatte man Manhattan so gesehen - bestimmt von schier endlosen und vor allem unendlich vielen senkrechten Linien, so steil, so schlank, so dicht beieinander, als handele es sich bei den Wolkenkratzern um Raketen.
New York ließ Horst Hamann fortan nicht mehr los. Es folgte ein Buch im klassischen Format, für das er Architekturausschnitte zu abstrakten Mustern verfremdete oder hetzenden Passanten nacheilte - Chiffren beides für das Tempo New Yorks. Es folgten die Schnappschüsse eines nächtlichen Spaziergangs von einem Ende des Broadway zum anderen, 164 Blocks, abgelaufen in elf Stunden und 58 Minuten. Und es folgte wiederum ein schmales Buch mit schlanken Aufnahmen der Bewohner Manhattans, herausgenommen aus der Welt und hineingestellt in ein gleißendes weißes Nichts. Großartige Bücher allesamt - und doch blieb in dem OEuvre stets eine Lücke spürbar. Jetzt hat Hamann sie geschlossen: mit weiten, breiten Panoramen, dem klassischen Blick vom Aussichtsturm.
Und so findet sich in dem breiten Bildband selbstredend ein Foto des Häusermeers von oben, das sich ausbreitet zwischen Hudson und East River und in dem die Zacken und Spitzen der Türme wirken wie Schaumkronen über einem Wellenkamm. Aber Hamann sucht mehr. In seinen schönsten Aufnahmen stellt er Verbindungen her zwischen Dingen, die weit auseinander stehen: Fassaden links und rechts der Straße etwa, ergänzt um Reklametafeln; oder hier Kirchtürme und dort eine Plastik; oder auch der Menschenauflauf im Grand Central Terminal während des Berufsverkehrs. Es ist eine bizarre, fast paradoxe Darstellung, weil sie dem Betrachter Weite vorspielt, obwohl in den Schluchten der Hochhäuser nichts als Enge herrscht. Kaum aber hat man das begriffen, muten manche der Aufnahmen fast bedrohlich an, und man ahnt, weshalb Hamann den Effekt immer weiter ausreizte, sich am Ende nur noch an den Bildproportionen orientierte und nicht wenige der Motive sogar aus Teleaufnahmen herausvergrößerte, als handele es sich um den Blick durch den Sehschlitz eines Spähwagens: "New York Panorama" erzählt vom Drama der Klaustrophobie.
FREDDY LANGER
"New York Panorama" von Horst Hamann. Mit einem Vorwort von Iris Lemanczyk. Erschienen in der Reihe: "Global". Edition Panaroma, Mannheim 2007. Ohne Paginierung, fünfzig Farbfotos. Gebunden, 14,95 Euro.
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