New York, die Stadt, das Faszinosum in all seinen Spiegelbildern spielt die Hauptfigur in der Reportage der Kulturkorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Am Gedächtnis von New York entlang, das von Beginn an die Stadt der Außenseiter war, in der sich die die Welt getroffen hat, schreibt Verena Lueken ihre Reportage, in der der Übergang der vergangenen Monate und ein Stück Stadtgeschichte sich verbinden zum Bild des augenblicklichen Zustands einer Metropole. Was wird die "Hauptstadt der Welt" in der Zukunft sein können? Verena Lueken folgt in New York den Bewegungen der Menschen, in den Straßen, über das Wasser und die Brücken; vor allem aber durch das U-Bahnnetz. Sie folgt den Bewegungen des Mülls der Bewohner dieser Stadt, und das ist neuerdings auch der Abtransport der Millionen Tonnen Schutt von Ground Zero. Und schließlich folgt Verena Lueken den spekulativen Strömen des Geldes im nicht mehr ganz heimlichen neuen Finanz- und Unterhaltungsviertel in Midtown. Ve rena Luekens Reportage ist voller Bewegungen, hält Augenblicke fest und bietet elegant geschriebene originelle Erkundungen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.10.2002VERENA LUEKEN, in den vergangenen sieben Jahren Kulturkorrespondentin dieser Zeitung in New York, erzählt in ihrem Buch, wie diese Stadt wurde, was sie ist: wie das Transportsystem funktioniert, der Immobilienmarkt und das Verbrechen. Sie sagt, welche Männer, die nie gewählt wurden, das Stadtbild schufen, das wir heute kennen, und warum Ground Zero nicht New York gehört. Sie schreibt über die vielen Versionen New Yorks, die in der Literatur entstanden sind, und versucht zu verstehen, warum die Phantasie stillstand, als Bürgermeister Giuliani begann, Ordnung zu schaffen, die in der U-Bahn zum Beispiel hoch willkommen ist. Schließlich geht es auch darum, was von dem bleibt, das wir so dringend haben wollten und dann nicht mehr: um den Müll. (Verena Lueken: "New York. Reportage aus einer alten Stadt". Dumont Verlag, Köln 2002. 180 S., geb., 19,90 [Euro].)
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ein kleines Buch, aber eine großartige Reportage, schwärmt Volker Breidecker. Ihm kommt es so vor, als habe New York mit den Ereignissen vom 11. September 2001 auch sein Gedächtnis wiedergefunden, denn bis dahin sei die Vorstellung des Älterwerdens und physischen Verfalls mit New York eigentlich unvereinbar gewesen. Insofern trifft Luekens Buch, das im Untertitel "Reportage aus einer alten Stadt" heißt, den Nerv der Zeit. Die Autorin versenkt Breidecker zufolge ihren Blick in die Tiefen der Stadt, in die Tunnel- und Röhrensysteme, Wasser- und Verkehrsstraßen, Transport- und Kommunikationsmittel der auf Wasser gebauten Stadt, die heute ein fast unlösbares Transportproblem hat und zugleich von unten schlicht wegrostet. Die Leser erfahren anhand von vielen kleinen und längeren Geschichten die Vorgeschichte des heutigen New Yorks, das 1643 von etwa 500 Siedlern angelegt wurde. Anders als in konventionellen Reportagen, schwärmt Breidecker weiter, entstehe hier "ein wirkliches Bild der Stadt", das er als fragmentarisch, flüchtig und transitorisch empfindet. Allerdings, bemängelt er, sind einige der Reportagen mit allzu großer Hast geschrieben.
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