In seinem Buch Flucht aus der Kategorie hat Gerhard Gamm die Leitunterscheidungen einer Semantik des Unbestimmten freigelegt. In den hier vorgelegten Studien geht es um eine Ausdifferenzierung dieser Semantik und darum, ihre Erschließungskraft auch im Kontext von Wissen, Moral und Technik zu erproben. Das erste Kapitel rekonstruiert die Grundlinien einer Theorie der modernen Welt. Im Zentrum der unter dem Begriff des Wissens versammelten Beiträge steht eine Auseinandersetzung mit der neueren Entwicklung der sprachanalytischen Philosophie. Das dritte Kapitel dient der Explikation des sprachlichen Sinns der Moral, es sucht sich der normativen Gehalte der Unausdeutbarkeit (des Selbst) zu vergewissern und für ein zeitgemäßes Moralverständnis fruchtbar zu machen. Technik als Medium lautet im vierten Kapitel der Begriff für eine Philosophie der modernen Technik.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Martin Seel kann sich für diesen Band nicht wirklich erwärmen. Es geht hier, wie der Leser erfährt, um das nicht Erfassbare, um `Unbestimmbarkeit`, etwas womit sich der Autor schon seit geraumer Zeit intensiv beschäftigt. Im vorliegenden Band geht es Gamm, so der Rezensent, jedoch nicht darum, seine Überlegungen dazu zu präzisieren, sondern um eine "Ausdehnung seiner ursprünglichen Einsicht". So ist das nicht Erfassbare nach Gemm jedoch `nicht nichts`, sondern entlasse `alles Seiende in einen Raum unauslotbarer Möglichkeiten`. Als Beispiel dafür folgt bei Gamm eine Analyse von Thomas Bernhards Roman `Korrektur`, die seine Thesen belegen soll. Doch hier scheitert der Autor nach Seel vor allem daran, dass er Bernhard (besonders die "humoristischen" Seiten) völlig missversteht, wie er anschließend genauer darlegt. Auch den "moraltheoretische Konsequenzen" des Autors, die Seel kurz erläutert, kann sich der Rezensent nicht anschließen. Aus Gamms Überzeugungen, die eine Nähe zu Emmanuel Levinas aufweisen, folgert Seel, dass demnach Moral "gar keine Unterschiede mehr macht", egal ob es um Dinge, Menschen, Täter oder Opfer geht. Dies schließe letztlich die "Möglichkeit (aus), einen Anderen überhaupt als bedürftig wahrzunehmen".
© Perlentaucher Medien GmbH
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