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Die Geliebten der deutschen Soldaten galten bei ihren Landsleuten als Kollaborateurinnen, viele wurden nach Kriegsende wie Verbrecherinnen verfolgt und bestraft. Aber welcher Art waren diese Beziehungen wirklich? Warum wurden und werden "Besatzerbräute" generell verachtet, ja gehaßt? Dieses Buch erzählt Geschichten über einen Aspekt des Krieges, über den wir wenig wissen: Geschichten von törichten und mutigen Frauen, von jungen Leuten, die sich verliebten, und von Zeiten, die nicht danach waren.

Produktbeschreibung
Die Geliebten der deutschen Soldaten galten bei ihren Landsleuten als Kollaborateurinnen, viele wurden nach Kriegsende wie Verbrecherinnen verfolgt und bestraft. Aber welcher Art waren diese Beziehungen wirklich? Warum wurden und werden "Besatzerbräute" generell verachtet, ja gehaßt? Dieses Buch erzählt Geschichten über einen Aspekt des Krieges, über den wir wenig wissen: Geschichten von törichten und mutigen Frauen, von jungen Leuten, die sich verliebten, und von Zeiten, die nicht danach waren.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.12.1998

Schöne Männer
Ebba D. Drolshagen über Frauen, die (Besatzungs-)Soldaten liebten

Ebba D. Drolshagen: Nicht ungeschoren davonkommen. Das Schicksal der Frauen in den besetzten Ländern, die Wehrmachtssoldaten liebten. Hoffmann und Campe, Hamburg 1998. 271 Seiten, 39,80 Mark.

"Ein Mädchen scheren, weil es in Liebe einem offiziellen Feind seines Landes angehört, ist ein Absolutes an Scheußlichkeit und an Dummheit zugleich", schrieb Marguerite Duras 1960 im Exposé zum Spielfilm "Hiroshima mon amour", und Klaus Theweleit stellt im Vorwort zum hier besprochenen Band fest: "Die historische Niederlage wird, retrospektiv, auf ,der Frau' abgeheftet, auf der nicht genügend widerstandswilligen Frau. In den Geschorenen wird dieser Vorwurf zum Denkmal, in ihm reinigt sich der Rest vom Vorwurf des nicht (genügend) geleisteten Widerstands." Muß man sehr viel mehr zu diesem Thema sagen? Ebba D. Drolshagen meint ja, sehr viel mehr, obwohl sie gar nicht mehr mitzuteilen hat.

Eine Arbeit über Frauen, die sich in die Besatzungssoldaten der Wehrmacht verliebten und deswegen nach der Befreiung gedemütigt wurden, könnte man ganz unterschiedlich anlegen: historisch, politisch, psychologisch, man könnte es zur Frauenforschung schlagen oder eine Humaninterest-story schreiben. Man könnte das auch verfeinern in: Geschichte der Wehrmacht, von Armeen überhaupt, einzelner Länder und ihrer Formen des Widerstands, oder man könnte Völker- oder Gruppenpsychologie betreiben oder "oral history" oder "gender studies" oder das Begehren zwischen den Geschlechtern schildern, man könnte auch einfach seine persönlichen Ansichten niederschreiben. Ebba D. Drolshagen entschied sich für alle diese Möglichkeiten, und zwar gleichzeitig. Und so liest sich dieses Buch über weite Strecken wie eine Einleitung, denn in einem fort springt die Autorin nicht nur zwischen den Betrachtungsweisen, sondern auch zwischen verschiedenen Ländern hin und her, darüber hinaus auch noch zwischen den Zeiten, so daß man oft gar nicht weiß, worum es nun gerade geht und wo man eigentlich ist. Island, Frankreich, Norwegen, Kanalinseln, Dänemark, Nachkriegsdeutschland, überall dasselbe Bild: Frauen, die sich mit Angehörigen der Besatzungsmacht zeigten, waren schlecht angesehen. Ebba D. Drolshagens Quellen sind vielfältig, Theater, Oper, Märchen, Film stehen gleichberechtigt neben wissenschaftlichen Arbeiten, und Marguerite Duras' "Mädchen aus Nevers" in einer Reihe mit den prominenten "femmes à boches" Arletty und Coco Chanel. Zwei Einschränkungen gibt es allerdings: Ebba D. Drolshagen behandelt nur West- und Nordeuropa (vor allem aber Norwegen) und nur Liebesbeziehungen, also weder Vergewaltigungen noch Prostitution - Ausnahmen bestätigen die Regel.

Ein ums andere Mal wird erläutert, wie außerordentlich verständlich es sei, daß sich junge Frauen in ländlichen Gebieten für die Soldaten interessierten, die plötzlich in Massen durch die karge Landschaft liefen. Das habe nicht allein daran gelegen, daß sonst nicht viel passierte und man die einheimischen Männer und ihre Rüpelhaftigkeit schon kannte, sondern auch daran, daß die Soldaten so freundlich, diszipliniert, charmant und vor allem gutaussehend gewesen seien: "Die Deutschen in ihren Uniformen, mein Gott, waren das schöne Männer, wir haben unseren Augen nicht getraut." Gegen diese "Strategie . . . der ,eisernen Faust im Samthandschuh'" war die norwegische "Eisfront" ebenso machtlos wie die französische Résistance.

Das "Schicksal der Frauen in den besetzten Ländern, die Wehrmachtssoldaten liebten", bleibt dabei eigentümlich verschwommen. Erst nach über der Hälfte des Buches kommt die Autorin zum Kriegsende, wo das Schicksal endlich mal anfangen könnte; hierzu führt sie verschiedene Berichte von widerwärtigen Übergriffen auf Frauen in verschiedenen Ländern an, zuletzt eine Begebenheit in Bayreuth im November 1945. Zwar hat sie sich von einigen Norwegerinnen und einer Französin, die im Krieg in Wehrmachtssoldaten verliebt waren, deren Geschichten erzählen lassen, aber wie es denen nun erging, teilt sie nur in sparsamen Häppchen mit.

Das "Schicksal" besteht am Ende darin, daß keiner darüber redet. Die betroffenen Frauen reden nicht darüber, und die anderen schämen sich und reden auch nicht darüber. Ein wie übles Schimpfwort "Deutschenmädchen" oder "Deutschenbalg" im Norwegischen ist, könne man auf deutsch gar nicht verstehen, beklagt die Autorin (auf deutsch gibt es eben bloß "Amihuren" mit ihren "Bastarden"). Nebenbei erfahren wir, daß "keineswegs alle, nicht einmal die meisten ,Deutschenmädchen' geschoren wurden. Viele . . . wurden zwar auf die eine oder andere Weise belästigt . . ., sie kamen jedoch im Wortsinn ungeschoren davon." Wozu dann aber der scheußliche Titel dieses Buches?

Und wozu überhaupt dieses Buch? Manche der Frauen haben ihren Liebsten geheiratet, andere wurden von ihm verlassen. Manche wurden öffentlich gedemütigt, einige sogar ermordet. Wie es bei den einen zu diesem und bei den anderen zu jenem kam, mag am bürgerlichen Hintergrund der einen und der Hilflosigkeit der anderen gelegen haben. Am Ende sind es Schicksalsmuster, die seit der Antike erzählt werden - Klaus Theweleit verweist in seinem Vorwort unter anderem auf die Geschichte von Jason und Medea. Im Geschlechterkrieg hat sich nicht viel getan seither.

IRIS HANIKA

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