Der Dichter G. K. Chesterton schrieb einmal: »Die großen Gälen von Irland sind die Menschen, die Gott verrückt gemacht hat, denn alle ihre Kriege sind fröhlich und alle ihre Lieder sind traurig.« Und Sigmund Freud hat behauptet, dass die Iren das einzige Volk seien, dem durch Psychoanalyse nicht zu helfen sei. Sie seien voller Widersprüche und immun gegen rationale Denkprozesse.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.10.2010Das grüne Band der Sympathie
Seit den fünfziger Jahren, als von Heinrich Böll das "Irische Tagebuch" erschien, haben die Deutschen einen Narren an den Iren gefressen. Unzählige sind auf die Grüne Insel gefahren, von der sie glaubten, dort ein besseres Deutschland als zu Hause anzutreffen hofften; gastfreundliche, trinkfeste Menschen, die Scherz, Musik und Krakeel herzlich aufgeschlossen waren. Erste Einbrüche der Begeisterung brachte der Wirtschaftsboom der neunziger Jahre, als die Iren anfingen, Autobahnen zu bauen und James Joyces' lieb-dreckig Dublin in einen internationalen Finanzplatz zu verwandeln. Inzwischen ist der Keltische Tiger als Bettvorleger gelandet, aber eine neue Generation reist an, die Dublin seiner hippen Kulturszene wegen schätzt. Ihnen und den unbeirrbaren alten Fans, die "ihr" Irland gern als Reservat für Sumpftrotter erhielten, erzählt Ralf Sotscheck, Korrespondent der "tageszeitung" und eingeheirateter Ire, ein paar Wahrheiten über seine Nachbarn. Er schont sie nicht. Schluss mit dem Gesäusel über die köstlichen Käuze, kein Wort über den Regen, den Gesang oder das "Guinness" genannte schwarze Bier. Hier geht es um die Inkompetenz der nationalen Telefongesellschaft, das beklagenswerte Gesundheitssystem, das marode Transportwesen, um die "peinliche Polithure Bono", die Verschleuderung von Steuergeldern und die Korruptheit politischer Spitzenkräfte. Die Texte sind überarbeitete Kolumnen aus der "taz", und manchmal knirscht es ein wenig in den Scharnieren, aber Sotscheck gelingt es bei allem glänzend geschliffenen Spott, mit dem er die Zustände in der grünen "Bananenrepublik" überzieht, dass ein Grundton amüsierter Sympathie für das "komische Volk" durch seine Texte summt. So viel kann es gar nicht verkehrt machen, dass man es nicht mehr liebt.
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"Nichts gegen Iren - Psychogramm eines komischen Volkes" von Ralf Sotscheck, illustriert von TOM. Edition Tiamat im Verlag Klaus Bittermann, Berlin 2009. 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 13 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Seit den fünfziger Jahren, als von Heinrich Böll das "Irische Tagebuch" erschien, haben die Deutschen einen Narren an den Iren gefressen. Unzählige sind auf die Grüne Insel gefahren, von der sie glaubten, dort ein besseres Deutschland als zu Hause anzutreffen hofften; gastfreundliche, trinkfeste Menschen, die Scherz, Musik und Krakeel herzlich aufgeschlossen waren. Erste Einbrüche der Begeisterung brachte der Wirtschaftsboom der neunziger Jahre, als die Iren anfingen, Autobahnen zu bauen und James Joyces' lieb-dreckig Dublin in einen internationalen Finanzplatz zu verwandeln. Inzwischen ist der Keltische Tiger als Bettvorleger gelandet, aber eine neue Generation reist an, die Dublin seiner hippen Kulturszene wegen schätzt. Ihnen und den unbeirrbaren alten Fans, die "ihr" Irland gern als Reservat für Sumpftrotter erhielten, erzählt Ralf Sotscheck, Korrespondent der "tageszeitung" und eingeheirateter Ire, ein paar Wahrheiten über seine Nachbarn. Er schont sie nicht. Schluss mit dem Gesäusel über die köstlichen Käuze, kein Wort über den Regen, den Gesang oder das "Guinness" genannte schwarze Bier. Hier geht es um die Inkompetenz der nationalen Telefongesellschaft, das beklagenswerte Gesundheitssystem, das marode Transportwesen, um die "peinliche Polithure Bono", die Verschleuderung von Steuergeldern und die Korruptheit politischer Spitzenkräfte. Die Texte sind überarbeitete Kolumnen aus der "taz", und manchmal knirscht es ein wenig in den Scharnieren, aber Sotscheck gelingt es bei allem glänzend geschliffenen Spott, mit dem er die Zustände in der grünen "Bananenrepublik" überzieht, dass ein Grundton amüsierter Sympathie für das "komische Volk" durch seine Texte summt. So viel kann es gar nicht verkehrt machen, dass man es nicht mehr liebt.
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"Nichts gegen Iren - Psychogramm eines komischen Volkes" von Ralf Sotscheck, illustriert von TOM. Edition Tiamat im Verlag Klaus Bittermann, Berlin 2009. 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Broschiert, 13 Euro.
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