Irgendwo in der Schweiz erhält eine Frau einen Anruf aus Süditalien - ihr Vater liegt im Sterben. Hals über Kopf nimmt Dora den Zug, und eine Reise mit 'besonderen Vorkommnissen' beginnt.In Mailand verpasst sie ihren Anschluss, wo es doch möglicherweise um unwiederbringliche Minuten geht. Und der nächste Zug wird wegen eines Unglücks stundenlang auf freiem Feld stehen bleiben. Im Speisewagen dann hat Dora, eigentlich in Richtung Trauer unterwegs, eine - vielleicht schicksalhafte - Begegnung. Sie trifft auf Francesco, steigt mit ihm auf halber Strecke aus, und sie verbringen zusammen die Nacht.Fügung oder Absicht, ihr Elternhaus erreicht Dora, als schon alles zu spät ist; ihr Vater ist längst begraben und die Famiie schon wieder in alle Himmelsrichtungen verstreut. Mit ihrem erstem Roman, der in der Figurenkonstellation an Marguerite Duras erinnert, erweist sich Sylvie Neeman Romascano als große Stilistin. In einem ganz eigenen Ton, einer originellen, rhythmischen Sprache und köstlichen Dialogen gelingt ihr die Nahaufnahme einer Frau in einer dramatischen Lebenssituation. Dabei wirft sie mit Leichtigkeit und Humor die ganz wesentlichen Fragen auf, die das Leben, der Tod und das Spiel von Liebe und Zufall mit sich bringen. Ob es eine Amour fou mit Zukunft geben kann, das bleibt weiterhin ein Rätsel; wie es aber dazu kommen kann, dass einen das Leben selber überrascht, wird anschaulich vorgeführt. - Ein verblüffendes wie hinreißendes Debüt!
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Diese Autorin merkt sich Martin Zingg. Derart leicht und doch präzis erzählt ihm Sylvie Neeman Romascano von einer heftigen, lautlosen Krise einer jungen Frau, der es nicht gelingt, ein klares Selbstbild zu bekommen. Außergewöhnlich erscheint dem Rezensenten Neeman Romascanos Fähigkeit, Wahrnehmung und Reflexion ihrer Figur einander beständig ablösen zu lassen. Laut Zingg befördert das die Spannung und dient der Charakterisierung der Heldin. Dafür dass ihn auch der Stil in diesem Roman überzeugt, sorgt auch Claudia Steinitz' Übersetzung, die noch die kleinste Schattierung elegant wiedergibt, wie es hier heißt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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