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Nicolas Born, der "immer auf der Suche nach einem richtigen, authentischen Leben" (Dieter Wellershoff) war galt vielen Kollegen als talen-tiertester Schriftsteller seiner Generation.Der Band enthält bisher unveröffentlichte Gedichte und Briefe Borns, Beiträge über seine Lyrik und Prosa, über die Edition der Briefe und Borns Versuche, in seiner Arbeit die Sehnsucht nach Utopie zu stillen. Borns Verhältnis zum Wendland wird geschildert und Weggefährten kommen zu Wort. Eine Bibliografie beschließt das Heft.

Produktbeschreibung
Nicolas Born, der "immer auf der Suche nach einem richtigen, authentischen Leben" (Dieter Wellershoff) war galt vielen Kollegen als talen-tiertester Schriftsteller seiner Generation.Der Band enthält bisher unveröffentlichte Gedichte und Briefe Borns, Beiträge über seine Lyrik und Prosa, über die Edition der Briefe und Borns Versuche, in seiner Arbeit die Sehnsucht nach Utopie zu stillen. Borns Verhältnis zum Wendland wird geschildert und Weggefährten kommen zu Wort. Eine Bibliografie beschließt das Heft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2006

Für ein paar Wörter mehr
Gedichte gegen den Tod: "Text + Kritik" widmet sich Nicolas Born

"Es ist das schlimmste als junger Mann zu sterben", heißt es in einem bisher unbekannten Gedicht Nicolas Borns. Es fand sich in einem Textkonvolut, das Arnfrid Astel 1974 im Saarländischen Rundfunk gesendet hatte. Acht der zwölf Gedichte stehen nicht in der von Borns Tochter Katharina edierten Gesamtausgabe. Die Originalmanuskripte verbrannten vermutlich 1976 mit dem Haus, das Born sich im niedersächsischen Wendland gekauft hatte.

Daß es schlimm ist, als junger Mann zu sterben, mußte der Dichter selbst erfahren: Er starb, noch nicht zweiundvierzigjährig, am 7. Dezember 1979 an Lungenkrebs. Das nachgelassene Gedicht, das seinen Tod zu antizipieren scheint, ist freilich mehr als eine lyrische Klage. Auf den Vers "Es ist das schlimmste als junger Mann zu sterben" läßt es, gut dialektisch, diesen anderen folgen: "Es ist auch das schlimmste als alter Mann zu sterben."

Das Nicolas Born gewidmete Heft 170 von "Text + Kritik" legt die Frage nahe, wie über das Werk eines heute Siebzigjährigen zu sprechen wäre, wenn es diesen Abbruch nicht gegeben hätte. Es markiert den Schmerz über den frühen Verlust. "Sterben ist wie ein Biß, der endlich sitzt", heißt es in dem schon zitierten Gedicht, und weiter: "Wenn wir ein schönes Leben wollen / dürfen wir kein häßliches Gedicht schreiben."

Die acht bisher unbekannten Gedichte, die das Heft eröffnen, geben ihm einen starken Akzent. Hugo Dittberner kommentiert sie unter dem Titel "Beim Entsichern der Verse" und stellt sie den Texten Rolf Dieter Brinkmanns als ebenbürtig zur Seite. Ihre Schönheit ist ungeglättet, ihr utopischer Impuls berührt uns wie etwas, das wir verloren haben. Born war jemand, der in dem, was er schrieb, ganz enthalten war. Das wünschte er sich auch von seinen Briefen. Tochter Katharina gibt uns Einblick in ihre Arbeit an einer Briefausgabe, die für 2007 geplant ist.

"Ich wüßte keinen Freund, der so vielen ein Freund war", schrieb Friedrich Christian Delius nach Borns Tod. Zur Freundschaft gehörte auch, daß man wechselseitig Kritik übte und Kritik vertrug. Als die Literatur totgesagt wurde, wehrte Born sich gegen die aufkommende Ideologisierung. "Vielleicht kann Literatur das Gefühl der Weltsicherheit erschüttern", hoffte er. Der Schreibende, heißt es einmal, sei selbst ein Erbärmlicher. Gegen solche Skepsis bringen Hermann Peter Piwitt und Martin Grzimek noch einmal die Utopie in Stellung, sichtet Delius den Roman "Die erdabgewandte Seite der Geschichte" auf die weiterführenden Elemente in Borns Werk. Michael Töteberg dagegen erzählt die Geschichte einer "doppelten Fälschung", nämlich die Umstände der ebenso ambitionierten wie mißlungenen Verfilmung von Borns "Fälschung" durch Volker Schlöndorff. Weitere Texte bringen Lokales, also Wendländisches, und Persönliches. Als "Echo einer Existenz" versteht Hannelies Taschau, mit Born seit frühen Essener Tagen bekannt, ihre Erinnerungen. So erzählt sie die Geschichte von den vier Wörtern, die sie und Born für irgendein Projekt von Ernst Meister haben wollten. Meister gab ihnen hintersinnig die Wörter "Wen also grüßest du" in die Hand. "Aber wir haben sie nicht gebraucht", schreibt Taschau. Und so fuhr man reumütig nach Hagen und gab Meister die vier Wörter zurück. Aus dem Spiel wurde Ernst, weil Meister die jungen Leute ernst genommen hatte. Born ging nach Berlin und erkannte: "Mit zunehmender Meisterschaft wird alles schwerer." Auch das eine Zeile aus dem eingangs zitierten Gedicht, das, wie das ganze Heft, nicht so schnell auszuschöpfen ist.

HARALD HARTUNG

"Nicolas Born". Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur Heft 170. April 2006. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold, edition text + kritik, München 2006. 125 S., br. 15,- [Euro].

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