Nietzsche-Interpreten sind bisher meist "wie plündernde Soldaten verfahren: sie nehmen sich Einiges, was sie brauchen können, heraus, beschmutzen und verwirren das Uebrige und lästern auf das Ganze." Man unterstellte Nietzsche regelmäßig Ambivalenzen und Widersprüche, um sie dann selbst durch System-Entwürfe bereinigen zu können. Statt dessen wird am V. Buch der Fröhlichen Wissenschaft, das Nietzsche nach Also sprach Zarathustra und Jenseits von Gut und Böse erscheinen ließ und in dem seine Aphorismen-Kunst ihren Höhepunkt erreicht, die Methode einer kontextuellen Interpretation erprobt. An Stelle eines begrifflich fixierten Systems hat Nietzsche Geflechte von Aphorismen geschaffen, die einander differenzieren und perspektivieren. Ihre Kontexte schließen außer den ins Spiel gebrachten Begriffen, die meist eine signifikante Geschichte in Nietzsches Werk haben, auch die schriftstellerischen Formen ein, die Nietzsche die Musik seiner Texte genannt hat, ferner den Ort im jeweiligen Buch, vorbereitende und erläuternde Notate und Anschlüsse an Quellen. Anders als bei einem historisch-philologischen Kommentar geht es um eine philosophisch vertiefende Erschließung der immer überraschenden und nahezu unerschöpflichen Texte Nietzsches.