In der Philosophie Friedrich Nietzsches wird die kritische Wahrheit des Lebens atheistisch und doch in quasi-religiöser Totalität behauptet - und dies in einer Sprachmächtigkeit, die der zeitgenössischen Theologie zu fehlen schien. Tom Kleffmann interpretiert zunächst Nietzsches Lebensbegriff nach der chronologischen Reihenfolge seiner Schriften. Dann beschäftigt er sich mit der Rezeption dieses Lebensbegriffs in der deutschen evangelischen Theologie bis ca. 1930. Hierbei wird neben Untersuchungen von Albert Schweitzers 'Kultur und Ethik' und der 2. Auflage des Römerbriefkommentars von Karl Barth erstmals eine Gesamtinterpretation von P. Tillichs 'Marburger Dogmatik' vorgelegt. Ein Schlußkapitel stellt die Ergebnisse für den systematisch-theologischen Lebensbegriff dar.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mit seiner Untersuchung über den Einfluss Friedrich Nietzsches auf das protestantische Denken hat Tom Kleffmann nach Ansicht von Rezensent Friedrich Wilhelm Graf eine "brillante Habilitationsschrift" vorgelegt. Im Mittelpunkt der Arbeit sieht Graf eine "subtile Analyse" von Nietzsches Lebensphilosophie, gedeutet als Versuch, "den Selbstwiderspruch endlichen Lebens durch einen titanischen Willen zur Überwindung der eigenen Endlichkeit aufzulösen", dem Kleffmann das christliche Lebensverständnis entgegen setzte. Mittels Fallstudien zur Nietzsche-Rezeption Albert Schweitzers, Paul Tillichs und Karl Barths zeige Kleffmann, inwiefern die drei Theologen Nietzsches Fundamentalkritik des theologischen Historismus teilten, um ein von christlicher Einsicht geprägtes Leben jenseits historischer Begründungen zu bestimmen, berichtet Graf. Er hebt hervor, dass es Kleffmann darüber hinaus um eine neue Wahrnehmung des Lebens geht, die das Geheimnis geisterfüllten Lebens ernst nehme.
© Perlentaucher Medien GmbH
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