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Eine Hommage an die Zigarette und eine Erkundung der Sucht - Gregor Hens hat aufgehört zu rauchen und sucht nach den Nikotinspuren in seinem Leben.
"Ich rauche nicht mehr, aber es gibt immer wieder Momente, in denen ich an nichts anderes denken kann als an Zigaretten. Gerade ist so ein Moment. Ich sollte dieses Buch wirklich nicht schreiben, es ist viel zu riskant."
Gregor Hens geht das Risiko ein und erinnert sich: An die erste Zigarette in einer kalten Silvesternacht, mit der er Raketen anzündete und schließlich daran zog, um seine Mutter zu beeindrucken, an den dichten blauen Dunst im
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Produktbeschreibung
Eine Hommage an die Zigarette und eine Erkundung der Sucht - Gregor Hens hat aufgehört zu rauchen und sucht nach den Nikotinspuren in seinem Leben.

"Ich rauche nicht mehr, aber es gibt immer wieder Momente, in denen ich an nichts anderes denken kann als an Zigaretten. Gerade ist so ein Moment. Ich sollte dieses Buch wirklich nicht schreiben, es ist viel zu riskant."

Gregor Hens geht das Risiko ein und erinnert sich: An die erste Zigarette in einer kalten Silvesternacht, mit der er Raketen anzündete und schließlich daran zog, um seine Mutter zu beeindrucken, an den dichten blauen Dunst im Mercedes 280 SE seiner Eltern auf der Fahrt in die Ferien, und natürlich an den Genuss des Rauchens, an die Lust auf die nächste Zigarette und viele phantasievolle Spielarten des Aufhörens.

Ein leidenschaftlicher Versuch, die Sucht schreibend zu bannen.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Hens, GregorGregor Hens, geboren 1965 in Köln, lehrte zwei Jahrzehnte lang an verschiedenen amerikanischen Universitäten, zuletzt an der Ohio State University. Seit 2013 lebt er als freier Autor in Berlin. Er hat zahlreiche Romane übersetzt, unter anderem von Leonard Cohen, Rawi Hage, Marlon Brando und Will Self.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.03.2011

Welch Adernglück nach langer Abstinenz!

Gregor Hens raucht nicht mehr. Um diesen Zustand zu erhalten, setzt der Erzähler auf eine teuflische Strategie: Er preist uns die Zigarette an.

Von Jochen Hieber

Gregor Hens hat ein Triumphbuch geschrieben und deshalb als Erzählhaltung die "Siegerperspektive" gewählt. Die frohe Botschaft des Triumphbuchs besteht aus einem einzigen Satz: "Ich rauche nicht mehr." Alle übrigen Sätze des 190 Seiten umfassenden Essays "Nikotin" haben demzufolge auch nur eine einzige Aufgabe: Sie müssen die triumphale Leitsentenz begründen, beglaubigen, vor allem jedoch: immer wieder bekräftigen.

1965 in Köln geboren, hat Hens seine Nikotin-Initiation am Silvesterabend des Jahres 1970 erlebt. Erstmals darf er aufbleiben, um mit den beiden älteren Brüdern und den Erwachsenen zu Mitternacht die Raketen abzufeuern. Die Mutter reicht ihm ihre Kippe, eine Kim, damit er mit deren Glut die Zündschnur entfache. Und gibt gleich danach, der Junge hat die fast erloschene Zigarette noch in der Hand, den entscheidenden Verlockungsbefehl: "Du musst daran ziehen." Natürlich hustet er, natürlich tränen die Augen, natürlich wird ihm schlecht - die Schwelle aber ist überschritten.

Zudem ist er als Passivraucher bereits ein Profi. Vater wie Mutter frönen dem Laster. Während der Urlaubsfahrten verwandelt sich der Familien-Mercedes ob der programmatisch geschlossenen Fenster - es könnte ja ziehen - regelmäßig in "eine Art Erstickungskammer". Hens, Asthmatiker von klein auf, beginnt seine Triumphschrift gleichwohl mit dem Bekenntnis, er habe in seinem bisherigen Leben "weit über hunderttausend Zigaretten" geraucht - und jede von ihnen sei "eine gute Zigarette" gewesen.

Zwei Erzählbände und zwei Romane hat dieser Autor, im Brotberuf Sprachwissenschaftler in Columbus/Ohio, seit 2002 veröffentlicht. Das bisher letzte Buch, der Roman "In diesem neuen Licht", liegt allerdings fast fünf Jahre zurück. Das lässt vermuten, er habe irgendwann in dieser Zeit mit dem Rauchen aufgehört und sich danach als Schreibender auf Entzug erst neu erfinden müssen - ganz so wie Judith Hermann, die nach den Geschichten von "Nichts als Gespenster" (2003) dem Tabak entsagte und danach sechs Jahre benötigte, um den Erzählzyklus "Alice" ohne Rückfall beenden zu können: Es gibt kaum eine engere Symbiose als jene zwischen Rauchen und Schreiben.

Über alles, was mit seiner Nikotin-Karriere einherging, berichtet und reflektiert Hens sehr offen, über "das ewige Ringen mit der Sucht" etwa, über die Therapien, denen er sich unterzog, über die Lektüren in Sachen Zigarette - nach wie vor unübertrefflich: Italo Svevos Roman "Zeno Cosini" von 1923 -, ja selbst über die Szene, in der er sich mit einer Bekannten die allerletzte American Spirit teilte. Gerade deshalb fällt es besonders auf, dass er just dieses Finale undatiert und uns deshalb im Ungewissen darüber lässt, wie lange er nun schon "trocken" ist.

Jeder richtige Raucher hat auch Erfahrung mit dem Aufhören und wird deshalb an der "Siegerperspektive" des Gregor Hens wenigstens zwei weitere Male zweifeln. So gibt sich dieser Selbstchronist, dessen klugem Essay wir nun auch den schönen Neologismus "Fumotop" verdanken, als Entweder-oder-Typ zu erkennen - er raucht heftig oder er treibt "intensiv Ausdauersport". Was, wenn er zu Letzterem mal keine Lust oder einer Verletzung wegen absehbar keine Chance hat? Noch gravierender wird der Zweifel angesichts der einbekannten Obsession nicht etwa für "die letzte Zigarette" (die Svevo meisterhaft zelebrierte), sondern für "den Rausch des Rückfalls". "Ich spürte", so Hens im Rückblick, "wie mir das Nikotin nach der langen Abstinenz in die Adern schoss, . . . spürte dieses großartige Feuerwerk." Wohl wahr. Aber sucht nicht gerade dieses Erleben Wiederholung?

Gregor Hens erweist sich in "Nikotin" als wissender, deshalb frohgemuter Masochist. Seine geschriebenen Elogen auf die Sucht sollen ihn, die Strategie ist klar, im wirklichen Leben gegen sie immunisieren. Zur Strategie gehört auch, dass er uns am Ende auffordert: "Rauchen Sie eine, tun Sie mir den Gefallen." Das machen wir gern, schon weil wir dem Autor auf diese Weise helfen, den Triumph seines Nichtrauchens zu stabilisieren.

Gregor Hens: "Nikotin".

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011. 190 S., geb., 17,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Eine Gesellschaft ohne Laster hat etwas Bedrohliches, vermerkt Ursula März in den einleitenden Notizen ihres Artikel. Überall wird um des bloßen Längerlebens willen Verzicht gepredigt: Verzicht auf Alkohol, auf Zigaretten, auf Fleisch. Und, wer weiß, demnächst wohl auch auf Sex: Auch diesem Thema wird sich die dem Religiösen so zugewandte "Zeit" früher oder später stellen müssen! Vorerst aber plädiert März aber noch für Gelassenheit und bespricht Gregor Hens' Reflexion über das süße Gift des Nikotins (zusammen mit Peter Richters Buch "Über das Trinken") mit großer Freude: Er beschönige nichts, schreibe als Nichtraucher aus der noch recht heiklen Kurzperspektive von nur acht Monaten Abstinenz. Da ist man nicht nicht drüber weg! Für März ist sein Buch ein "Ratgeber", aber im besten Sinne, den dieses Wort haben kann.

© Perlentaucher Medien GmbH
Ein faszinierendes Buch, wohl das beste des Autors bisher, lobt Christoph Schröder. Insbesondere die bislang so von Gregor Hens noch nicht gelesene Mischung mache das Gelingen dabei aus. Einerseits nämlich sei das Ganze ein Essay über die eigene Nikotinsucht und die Vorgeschichte des Rauchens in der eigenen Familie - weil eine Großtante beim Tabakfabrikanten Brinkmann gearbeitet hat, gibt es, erfährt man zum Beispiel, noch bis ins Jahr 2071 monatlich zwei Stangen Zigaretten pro Monat umsonst. Richtig großartig aber werde dieser Band, weil Hens in diese biografisch-essayistischen Berichte und Überlegungen die sehr bittere Beziehungsgeschichte zu seinem überaus konservativen Vater einzuflechten versteht. Das "Offene" und "Ungeschützte" daran sei wohl gerade der scheinbaren Distanzierung in der Essayform zu verdanken. Der Rezensent jedenfalls ist gebührend beeindruckt.

© Perlentaucher Medien GmbH