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Die einen vergleichen sie mit Pippi Langstrumpf. Für andere ist sie der erste große deutsche Weltstar nach Marlene Dietrich. In Wahrheit ist sie wahrscheinlich die letzte große Diva, die wir Deutschen, nach dem Tod der großen Hildegard Knef im Februar 2002, noch haben: Nina Hagen. Wer behauptet, sie sei ein Kind ihrer Umstände, der hat vermutlich sogar recht. In kurzen Worten: Geboren in eine Künstlerfamilie, Scheidung der Eltern, Wolf Biermann, Stasi, das enge Korsett der DDR. Und dann der phänomenale Erfolg mit dem Schlager "Du hast den Farbfilm vergessen". Noch Fragen? Es ist beinahe eine…mehr

Produktbeschreibung
Die einen vergleichen sie mit Pippi Langstrumpf. Für andere ist sie der erste große deutsche Weltstar nach Marlene Dietrich. In Wahrheit ist sie wahrscheinlich die letzte große Diva, die wir Deutschen, nach dem Tod der großen Hildegard Knef im Februar 2002, noch haben: Nina Hagen.
Wer behauptet, sie sei ein Kind ihrer Umstände, der hat vermutlich sogar recht. In kurzen Worten: Geboren in eine Künstlerfamilie, Scheidung der Eltern, Wolf Biermann, Stasi, das enge Korsett der DDR.
Und dann der phänomenale Erfolg mit dem Schlager "Du hast den Farbfilm vergessen". Noch Fragen?
Es ist beinahe eine logische Konsequenz, dass Nina Hagen, als sie im November 1976 den realexistierenden Sozialismus verlassen und in die Freiheit der Bundesrepublik Deutschland eintauchen darf, die Ketten sprengt, und mit dazu die Tabus und Moralvorstellungen ihrer Mitbürger. In Anlehnung an die LP der britischen Punk-Heroes Sex Pistoles soll ihr Rock-Musical, das sie Anfang der 80er Jahre veröffentlichen möchte, "Anarchy in Deutschland" heißen.
Dazu kommt es am Ende dann zwar nicht, doch der Wirbelwind Nina H. fegt über Deutschland und den Rest der Welt. Bis heute - und besonders in diesem Buch.

That´s why the lady is a punk geht der Geschichte von Nina Hagen auf den Grund. Das mit vielen Fotos und Dokumenten, Briefen und Zeichnungen illustrierte Buch schildert die Geschichte von Nina Hagen. Angefangen in jener Zeit, als die kleine Göre nichts lieber mag als Rollschuhfahren auf dem Berliner "Prenzl Berg" über den revolutionären Erfolg der Nina Hagen Band bis hin zur Erleuchtung in Fernost.
Nina hat immer wieder viel erreicht, sich aber dann bestens darauf verstanden, das Erreichte achtlos zu verwerfen und ein neues Kapitel aufzuschlagen: That´s why the lady is a punk ist daher eine Geschichte vieler Neuanfänge. Wir lesen vom ersten Treffen mit Wolf Biermann, von der ersten Liebe, dem ersten LSD-Trip, der ersten Begegnung mit Gott, dem ersten Auftritt und Ninas ersten großen Hit. Nicht zu vergessen auch das erste Mal im gelobten Westen, das erste Mal in London, der legendäre Auftritt im "Quartier Latin", die erste Goldene Schallplatte, der große Knall, das erste UFO, das eigene Kind, das erste Mal in Indien. Das Buch erzählt Geschichten. Viele Fans und Freunde von Nina Hagen kommen zu Wort, Musiker und Musikanten, Kollegen und Liebhaber, Skeptiker und Kritiker. That´s why the lady is a punk!

Autorenporträt
Nina Hagen, geboren 1955, mischt seit einem Vierteljahrhundert im Popgeschäft mit. Ihren ersten Hit hat sie 1974 in der DDR mit "Du hast den Farbfilm vergessen". Mit "TV-Glotzer" setzt sie 1978 ihren Erfolg in Westdeutschland fort. Ihre Stellung im Musik-Biz und ihre Originalität sind unerreicht, ebenso ihre schrille Unberechenbarkeit. Bis heute hat das Enfant terrible über ein Dutzend Langspielplatten veröffentlicht.

Marcel Feige, geboren 1971, lebt als Schriftsteller in Berlin. Seine Themenschwerpunkte sind Lifestyle, Musik, Film & Literatur. Er blickt auf eine Vielzahl von Veröffentlichungen zurück, unter anderem Deep in Techno - Die ganze Geschichte des Movements, Big Brother - Wie Reality-Soaps das Fernsehen verändern und Tattoo-Theo - Der Tätowierte vom Kiez.
Rezensionen
Zwischen Ost-Berlin und Indien
Nina Hagen ist ein Phänomen. Die Tochter der Schauspielerin Eva-Maria Hagen verließ wie Wolf Biermann, der Lebensgefährte ihrer Mutter, die DDR in Richtung Westen. Schon in der damaligen DDR war sie zum Star avanciert, unter anderem mit ihrem Song "Du hast den Farbfilm vergessen". Im Westen startete sie eine neue Karriere und feierte phänomenale Erfolge mit der Nina-Hagen-Band. Ihre Punkmusik, ihre kompromiss- und tabulose Art begeisterte die Leute, auch in Amerika, wo zuletzt alle ihre Konzerte ausverkauft waren. Nebenbei scheint sie einen Stammplatz in deutschen Talkshows zu haben.
Zeugen einer Karriere
Der Band ist eine wahre Hagen-Hommage. Wer wissen will, wie es war mit der ersten großen Liebe, mit der ersten Goldenen Schallplatte und ersten Erweckungserlebnissen in Indien, sollte sich dieses Buch unbedingt zulegen. Es ist reich bebildert mit exzellenten Fotos des ehemaligen Bandmanagers und Starfotografen Jim Rakete sowie weiteren etwa 1.000 Abbildungen auf 500 großformatigen Seiten. Nicht zuletzt lebt der Band auch von den zahlreichen Interviews mit den Menschen, die Nina Hagen auf ihrem Weg begleitet haben, darunter ihre Mutter, ihre Tochter Cosma Shiva und viele Berufskollegen.
"Ein Vorreiter"
Eine Jugendfreundin der Hagen, die Sängerin Angelika Mann, sagt: "Nina hatte etwas in sich drinne, das wir nicht drinne hatten. Oder was wir drinne hatten, aber nicht raus ließen; weil es noch nie einer gemacht hatte. Nina war ein Vorreiter." Und Kurt Demmler, der Texter des Farbfilm-Songs, meint: "Die Zusammenarbeit mit Nina war das Schaurigste, Schlimmste, Witzigste, Schillerndste meiner Texterlaufbahn." Wahrscheinlich treffen diese Attribute am besten den Charakter dieser einzigartigen Persönlichkeit. So ausgesprochen sind sie ein veritables Kompliment für eine extravagante Künstlerin.
(Mathias Voigt, literaturtest.de)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Immer präsent in ihrer Zeit und doch wie von einem fremden Stern. So erscheint Rezensent Tobias Kniebe das "heiter-schöne Gesamtkunstwerk" Nina Hagen. Der Katalog dazu, "That?s Why The Lady is A Punk", ist für Kniebe ein "erstaunlicher Trip". Man muss wild blättern darin und seine eigenen Schneisen schlagen durch die Fülle des Materials, der Fotos, der Faksimile-Briefe, rät Kniebe, sonst droht man darin zu versinken. Kniebe hat seine eigenen Schneisen geschlagen und berichtet begeistert vom Werdegang der exaltierten Künstlerin, von ihren Anfängen in Ostberlin, ihrer Freundschaft mit Wolf Biermann, den wilden Drogenparties mit Ost-Medikamenten, ersten Sexerlebnissen, ihrem ersten Hit, der Übersiedlung in den Westen, von Punk und spititueller Erleuchtung. Beim Blättern ist Kniebe dann auch klar geworden, dass Hagens Musik im Grunde immer ein Nebenprodukt war: "Das einzige Werk, um das es geht, ist Nina Hagen selbst", erkennt Kniebe, "ihr Leben, ihre Lieben, ihr Weg zur Erleuchtung." Gerade deshalb sei sie eine sehr fortschrittliche Künstlerin. "Und gerade deshalb", so Kniebe, "könnte dieser Bild-Bekenntnisband das wahre Vermächtnis ihrer Karriere sein."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.12.2002

Du hast den Starschnitt vergessen
Blättern, lesen, staunen: Ein Katalog zum heiter-schönen Gesamtkunstwerk Nina Hagen
Vermutlich hat es wenig Sinn, nach der wahren Nina Hagen zu fragen. Das beginnt schon mit diesem Gesicht. Alle zehn Seiten sieht sie anders aus, und das ist, bei mehr als 500 Seiten und 800 Fotos, ein erstaunlicher Trip. Immer ist sie präsent in ihrer Zeit – und scheint doch immer auch von einem fremden Stern zu kommen. Die späten sechziger Jahre zum Beispiel, als Künstlerkind in Ostberlin, zuweilen an die Schulter des Ziehvaters Wolf Biermann gelehnt: Riesige dunkle Augen, ein ernstes Gesicht, ein simpler Pagenschnitt – die Jean Seberg vom Prenzlauer Berg. Um sie herum, ihre Freunde und Liebhaber, das sind fusselbärtige, langhaarige DDR-Rebellen. Nina Hagen dagegen bleibt unfassbar, ein echter Hipster in dieser Umgebung. Sie sieht unschuldig aus und erzählt doch schon von Drogenparties mit Ost- Medikamenten, vom ersten Sexerlebnis mit zwölf und dann, wenige Seiten später, von der zweiten Abtreibung.
Man muss wild blättern in diesem Bekenntnisbuch, diesem Katalog zum lebenden Gesamtkunstwerk, muss seine eigenen Schneisen schlagen durch die Fülle des Materials, der Fotos, der Faksimile-Briefe – sonst droht man darin zu versinken. Allein die Zerwürfnisse mit der Mutter Eva-Maria Hagen, dieser selbst schon reichlich exaltierten DDR-Diva, die Bestrafungen, Internatsverbannungen, Wiederversöhnungen – sie sind nicht mehr zu zählen, bevor Nina zwanzig ist. Dazu kommt die Stasi-Beobachtung des Biermann-Clans, Nina als blutjunge Staatsfeindin und dann doch wieder als sozialistische Schlagerhoffnung. „Du hast den Farbfilm vergessen” heißt ihr Monsterhit in der DDR, im Jahr 1974. Da ist sie der süße Fratz im Staatsfernsehen, trägt unerhörte Hüte und Blumenkleider und macht auf Mireille Mathieu.
Wie sie diesen Zehn-Seiten-Lebensrhythmus durchgehalten hat, der einem noch beim Nachlesen den Atem nimmt, das ist wohl ihr eigentliches Geheimnis. Alles geht unheimlich schnell, sie startet eine DEFA-Filmkarriere wie ihre Mutter, dann wird Biermann ausgewiesen, Nina Hagen folgt in den Westen, plötzlich ist sie in London im Jahr 1977, der Regisseur Julien Temple nimmt sie mit zum Sex-Pistols-Konzert, Nina Hagen saugt das alles in sich auf, aber selbst Punk ist nur eine ihrer tausend Facetten.
Alles kommt zusammen, ein Jahr später in Berlin, mit der „Nina Hagen Band”: Der schwarze Catsuit ist gefunden, der Liza-Minelli-Clownslook, die Fröhlichkeit, die Frauenpower, der stimmgewaltige Wahnsinn. Nina Hagen wird Nina Hagen, die erste Platte erschüttert die Republik – „Rangehn”, „TV- Glotzer”, „Unbeschreiblich weiblich”. Und wer sich miterschüttern lässt, im Jahr 1978, in diesem anderen deutschen Herbst, der kommt nie mehr so ganz davon weg. Alles stimmt in diesem einen Moment – aber es kann und darf für Nina Hagen nur ein Moment bleiben: Schon die zweite Platte ist eigentlich eine Lüge, Musik und Gesang müssen getrennt eingespielt werden, Nina und die Band sind hoffnungslos zerstritten.
Die meisten Jünger hat sie danach bald wieder verloren. Was nun beginnt, scheint eine Freakshow in Endlosschleife: Immer mehr Provokationen, immer weniger Musik, immer neue Liebhaber, die oft nicht einmal volljährig sind, immer neue spirituelle „Hochzeiten”, Erleuchtungen, Gurus, und mittendrin Nina als fabelhafte Madonnen-Mutter mit zwei wunderhübschen Kindern, die Väter dagegen Fehlbesetzungen, unzuverlässig, egoman, absent: Der eine ein aidskranker Junkie, der an einer Überdosis stirbt, der andere ein goldgelockter Engel, der sich zeitweise zum rachsüchtigen Kindesentführer wandelt. Man kann darum trauern, dass Nina Hagens Musik nun keinerlei Linie mehr erkennen lässt, nicht einmal ein Album lang will sie sich auf irgendwas festlegen – aber dann versteht man beim Blättern in diesem Werk, dass die Musik im Grunde ein Nebenprodukt ist: Das einzige Werk, um das es geht, ist Nina Hagen selbst – ihr Leben, ihre Lieben, ihr Weg zur Erleuchtung. Gerade deshalb ist sie eine sehr fortschrittliche Künstlerin – und gerade deshalb könnte dieser Bild-Bekenntnisband das wahre Vermächtnis ihrer Karriere sein.
Den Begriff Bekenntnis nämlich, den darf man hier keinesfalls im klassischen Sinn verstehen. Man hat zwar durchaus das Gefühl, dass Nina Hagen ihrem Biographen Marcel Feige beinah alles erzählt – kaum eine unangenehme Begebenheit wird verschwiegen. Bis man begreift, dass es „unangenehm” für Nina Hagen wohl gar nicht gibt – alles ist Teil derselben Erfahrung. „Folge der Religion, die du in deinem Herzen findest”, so einfach ist die Botschaft ihres indischen Gurus – und das hat Nina Hagen, bewusst oder unbewusst, schon immer getan. Sie hat in den späten siebziger Jahren, als die Philosophie gerade eine andere Ökonomie der Körper und Lüste zu ahnen begann, diese Ökonomie bereits gelebt. Wer noch in den alten Vorstellungen von Sexualität und Wahrheit verfangen ist, wird den Impuls nicht leugnen können, Nina Hagen in die Psychatrie einzuweisen. Alle anderen aber kommen nicht umhin, die heitere Schönheit dieses Lebens zu bewundern.
TOBIAS KNIEBE
NINA HAGEN, MARCEL FEIGE: Nina Hagen: That’s Why The Lady is A Punk. Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002. 504 Seiten, 855 Fotos. 59,90 Euro.
Nina in den Achtzigern, die vollendet natürliche Kunstgestalt, fotografiert von Jim Rakete
Fotos: Verlag Schwarzkopf &
Schwarzkopf
Immer herzergreifend: Nina als Jean Seberg der DDR und als Coverlady von „Vogue”
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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