Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 15,00 €
  • Gebundenes Buch

No Enchanted Palace" traces the origins and early development of the United Nations, one of the most influential yet perhaps least understood organizations active in the world today. Acclaimed historian Mark Mazower forces us to set aside the popular myth that the UN miraculously rose from the ashes of World War II as the guardian of a new and peaceful global order, offering instead a strikingly original interpretation of the UN's ideological roots, early history, and changing role in world affairs. Mazower brings the founding of the UN brilliantly to life. He shows how the UN's creators…mehr

Produktbeschreibung
No Enchanted Palace" traces the origins and early development of the United Nations, one of the most influential yet perhaps least understood organizations active in the world today. Acclaimed historian Mark Mazower forces us to set aside the popular myth that the UN miraculously rose from the ashes of World War II as the guardian of a new and peaceful global order, offering instead a strikingly original interpretation of the UN's ideological roots, early history, and changing role in world affairs. Mazower brings the founding of the UN brilliantly to life. He shows how the UN's creators envisioned a world organization that would protect the interests of empire, yet how this imperial vision was decisively reshaped by the postwar reaffirmation of national sovereignty and the unanticipated rise of India and other former colonial powers. This is a story told through the clash of personalities, such as South African statesman Jan Smuts, who saw in the UN a means to protect the old imperial and racial order; Raphael Lemkin and Joseph Schechtman, Jewish intellectuals at odds over how the UN should combat genocide and other atrocities; and Jawaharlal Nehru, India's first prime minister, who helped transform the UN from an instrument of empire into a forum for ending it. A much-needed historical reappraisal of the early development of this vital world institution, "No Enchanted Palace" reveals how the UN outgrew its origins and has exhibited an extraordinary flexibility that has enabled it to endure to the present day.
Autorenporträt
Mark Mazower leitet heute, nach Professuren in London und Yale, das Center for International History der Columbia University in NYC. Er schreibt für mehrere britische Zeitschriften und kommentiert für Radio- und TV-Sender.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.06.2010

Von der Wirklichkeit guter weltbürgerlicher Absichten

Pointiert, kenntnisreich und nüchtern: Mark Mazowers Entzauberung der Anfänge der Vereinten Nationen ist ein bestechender Beitrag zur Diskussion um die Zukunft dieser Institution.

Über die Zukunft der Vereinten Nationen wird immer wieder heftig diskutiert. Ist die Geschichte der UN nicht eine Chronik des Scheiterns? Soll man darum nicht, wie die gegenwärtige Chefstrategin im amerikanischen Außenministerium, lieber auf ein "concert of democracies", eine Allianz liberaler Demokratien, setzen? Solch enttäuschte Abwendung gründet in hohen Erwartungen oder doch jedenfalls in der Annahme, dass es solche einmal gab. Die Herkunft der Weltorganisation, die Geschichte ihrer Gründung in San Francisco im Sommer 1945 und der damit verbundenen Hoffnungen scheint auf den ersten Blick keine Fragen aufzuwerfen.

Ein Neubeginn, ein revolutionärer Moment, in dem nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges und der Schoa die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einen neuen institutionellen Garanten erhielten - so lautet das offizielle Narrativ, und so stellt sich die Genese der Vereinten Nationen in einer Reihe neuerer zeitgeschichtlicher Arbeiten dar. Nachdem die Geschichte der internationalen Organisationen seit 1945 von den Historikern lange ignoriert worden war, hat die forsche Hegemonialpolitik des George W. Bush eine historiographische Befassung mit den Ursprüngen der globalen Ordnung in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts angestoßen, in der eigensinnigem amerikanischen Unilateralismus in bester weltbürgerlicher Absicht weitsichtiger Multilateralismus gegenübergestellt wird. Engagierte Vordenker des internationalen Menschenrechtsschutzes wie Eleanor Roosevelt und René Cassin werden dabei mitunter zu Lichtgestalten, die vor allem die Utopien ihrer entfernten Beobachter spiegeln und hinter deren leidenschaftlichem Einsatz in der historiographischen Darstellung die Komplexität der tatsächlichen Ereignisse verschwindet.

Der in New York lehrende Historiker Mark Mazower, gerade erst mit einem vielbeachteten Buch über Europa unter der Herrschaft des Nationalsozialismus hervorgetreten, entfaltet eine andere Gründungsgeschichte der Vereinten Nationen. Seine glänzend erzählte Darstellung der Ursprünge und Anfänge der Weltorganisation, hervorgegangen aus einer Reihe von Vorlesungen in Princeton und an der Columbia University, ist eine ideengeschichtliche Entzauberung, die hinter Pathos und Patina der UN-Charta ideologische Konflikte, politische Spannungen und moralische Widersprüche freilegt.

Mazower argumentiert, dass mit den Vereinten Nationen die Geschichte des Völkerbunds nahtlos fortgeführt wurde, angepasst an die neue weltpolitische Konstellation. Durch die Privilegierung der "Big Five" und ihre Vetomacht im UN-Sicherheitsrat waren die Großmächte geneigter, die Weltorganisation zu unterstützen, die auf ihre Kooperation angewiesen war - und die just deswegen auch gelegentlich einfach ignoriert wurde. Für Mazower sind die Vereinten Nationen von 1945 ein "wiedergeborener Völkerbund", geprägt vom imperialen Internationalismus des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, von Vorstellungen und Visionen einer globalen Ordnung, die im britischen Empire in der Phase seines Niedergangs entwickelt wurden und den dauerhaften Erfolg der zivilisatorischen Mission des weißen Mannes sichern sollten. Wichtiger als das Völkerrecht sei die Realpolitik geworden, was sich exemplarisch in der Ablösung des Minderheitenschutzsystems des Völkerbundes durch das am klassischen Souveränitätsparadigma orientierte Selbstbestimmungsrecht zeige.

Seine Thesen entwickelt Mazower exemplarisch in vier klug konzipierten Kapiteln, intellektuellen Porträts zentraler Figuren der Gründungsgeschichte der Vereinten Nationen. Der südafrikanische Premierminister Jan Smuts, ein staatsmännischer Veteran noch aus Versailler Zeiten, verkörpert dabei mit seinem imperialistisch gefärbten Kosmopolitismus die Ambivalenz der nur auf den ersten Blick neuen Weltordnung. In San Francisco formulierte der Verfechter eines immer repressiveren Apartheidregimes am Kap die Präambel der UN-Charta, mit ihrer Bekräftigung eines universalen Glaubens "an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein". Im Rekurs auf Alfred Zimmern, einen heute fast vergessenen Vordenker des moralisch aufgeladenen liberalen Internationalismus der Zwischenkriegszeit, werden die historischen Wurzeln eines außenpolitischen Denkens sichtbar, das im Zeichen von Freiheit und Demokratie heute auf die sanfte, global vernetzte Hegemonie der Vereinigten Staaten als Fluchtpunkt einer "neuen Weltordnung" setzt.

Der vergleichende Blick auf Denken und Einfluss zweier jüdischer Emigranten, Raphael Lemkin und Joseph Schechtman, erschließt den Wechsel vom rechtlich zementierten Minderheitenschutzsystem des Völkerbundes zur politisch flexibleren Orientierung am Selbstbestimmungsrecht aller Völker in einer Ordnung souveräner Staaten unter der Ägide der Vereinten Nationen. Das spannende Kapitel über Jawaharlal Nehru und die Parteinahme der UN-Generalversammlung für die Rechte der indischen Minderheit in Südafrika schließlich skizziert die Anfänge des in den sechziger Jahren vollzogenen Wandels der Vereinten Nationen vom Werkzeug der Kolonialmächte zum Forum und Motor der Entkolonialisierung, zu wirklichen "Global United Nations", die indessen in der Paralyse des Kalten Krieges zur machtlosen Agora der Nationalstaaten wurden.

Mark Mazower lenkt das Augenmerk seiner Leser auf die grundlegenden Wandlungen der Vereinten Nationen, auf die Strukturen hinter der hochgestimmten Rhetorik, von der oft nur Ernüchterung bleibt. Die über lange Zeiträume bewiesene Flexibilität und Erneuerungsfähigkeit der UN seien schließlich mindestens so bemerkenswert wie ihre Schwächen. Der Titel seines Buches, "No Enchanted Palace", spielt auf eine Stellungnahme des britischen Botschafters Lord Halifax an, der sich am 26. Juni 1945 auf der Gründungskonferenz der neuen Weltorganisation in San Francisco zugleich nüchtern und hoffnungsvoll äußerte: "In der Tat können wir nicht behaupten, unsere Arbeit sei perfekt oder wir hätten eine unverbrüchliche Garantie des Friedens geschaffen. Denn was wir geschaffen haben, ist kein Zauberschloss, das uns plötzlich vor Augen gestellt wird, durch magische Hand oder verborgene Kräfte. Aber ich bin überzeugt, dass wir ein Instrument zusammengefügt haben, mit dem die Menschen den Frieden gewinnen können, wenn sie ihn ernsthaft wollen und bereit sind, dafür Opfer zu bringen."

Mazowers pointiert und kenntnisreich geschriebene Entzauberung ist ein konstruktiver Beitrag zur Diskussion um die Zukunft der Vereinten Nationen. Die dunklen Spuren des Imperialismus, die Gefahren moralischer Aufladung politischer Strukturen sind mit in den Blick zu nehmen, wenn es um Reformen und künftige Aufgaben der UN geht - etwa in der Diskussion um die "Responsibility to Protect", das Recht und die Verpflichtung zur humanitären Intervention. Mark Mazowers Vereinte Nationen sind eben in der Tat kein Zauberschloss, kein Mythos, sondern ein Werkzeug, mit dem sich auch fünfundsechzig Jahre nach dem Sommer von San Francisco noch viel gewinnen lässt.

ALEXANDRA KEMMERER

Mark Mazower: "No Enchanted Palace". The End of Empire and the Ideological Origins of the United Nations. Princeton University Press, Princeton und Oxford 2009. 236 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr