Wieder einmal stellt Thomas Franke in seinem neuesten Roman sein einzigartiges Talent zum Schreiben und seinen unverkennbaren Humor unter Beweis. Diesmal handelt es sich um einen literarischen Adventskalender. Doch wer tatsächlich die Selbstdisziplin besitzt, täglich nur ein Kapitel dieses Buches zu
lesen- tja, ich drücke es mal so aus: Glaube ich nicht und wenn doch- ich hatte diese Gabe während…mehrWieder einmal stellt Thomas Franke in seinem neuesten Roman sein einzigartiges Talent zum Schreiben und seinen unverkennbaren Humor unter Beweis. Diesmal handelt es sich um einen literarischen Adventskalender. Doch wer tatsächlich die Selbstdisziplin besitzt, täglich nur ein Kapitel dieses Buches zu lesen- tja, ich drücke es mal so aus: Glaube ich nicht und wenn doch- ich hatte diese Gabe während des Lesens nicht. Es packte mich vom ersten Kapitel an und ich verschlang das Buch innerhalb kürzester Zeit.
Der Leser wird quasi direkt hineingenommen in einen turbulenten Alltag einer kleinen Großfamilie, jedoch ohne die Anwesenheit einer wichtigen Person: Johann ist seit einigen Jahren Witwer und zieht seine vier Kinder alleine groß, denn seine Frau starb einige Jahre zuvor an Krebs. Er gibt sein Bestes um Kinder und Job unter einen Hut zu bringen, doch das ist oft gar nicht so einfach: Da sind die Bedürfnisse von vier kleinen Menschen, die Finanzen, das Haus, sein neues Buchprojekt, bei welchem die Deadline zur Abgabe immer näher rückt und zu allem Überfluss stellt er fest, dass er die Adventskalender für die Kinder vergessen hat. Seine Schwiegermutter hilft ihm last minute, damit müsste eigentlich alles in bester Ordnung sein. Doch schon nach einer Nacht bleibt von dem schokoladigen Kalender nichts übrig. Was nun? Die Familie entschließt sich für eine andere Art von Kalender und ausgerechnet diese Idee führt zu überraschenden Veränderungen ihres Lebens…
Was musste ich doch beim Lesen oft herzlich lachen! Franke versteht es hervorragend, den Leser mit hineinzunehmen in die Geschichte. Ich fühlte mich oft als stille Beobachterin am Frühstückstisch der Familie, so nahbar und authentisch fühlt es sich an. Dabei sind es nicht nur die liebevoll chaotischen Situationen an sich, die lustig sind, sondern die pfiffigen Dialoge, die dabei zwischen den Charakteren entstehen. Sprachlich hat Franke viel zu bieten, er schreibt unglaublich treffend, locker und mit sehr viel urkomischen Humor. Situationskomik vom feinsten. Seine Figuren im Roman sind total sympathisch, die Kinder nicht auf den Mund gefallen und jeder für sich besonders. Mit Johann hab ich durchgehend mitgefühlt, konnte seine Herausforderungen allzu gut nachvollziehen, ziehe aber auch meinen imaginären Hut vor seiner Geduld und seinem Ehrgeiz, alles zu schaffen, die er seiner Familie gegenüber an den Tag legt. Bei all dem Chaos merkt man trotzdem den starken Zusammenhalt innerhalb der Familie und auch, dass jedes Mitglied so sein darf, wie es ist.
Thematisch ist der Roman vielschichtig: Bei all der Lockerheit und dem Witz, der geboten wird, kommt auch das Tiefgründige nicht zu kurz. Durch den Jungen Till ist Inklusion ein Thema und verleiht der gesamten Geschichte eine einzigartige Besonderheit. Fragen nach den Prioritäten und den echten Werten im Leben sind geschickt und feinfühlig eingewoben. Die Themen Trauer, Festhalten und Loslassen von schmerzhaften vergangenen Erlebnissen klingen an sowie die Ermutigung dazu, sich trotz Problemen und Trubel des Alltags den neuen Chancen im Leben zu öffnen. Das Alte hinter zu lassen, dem Licht erlauben, in den eigenen Schmerz und die Dunkelheit zu kommen- der Kern von Weihnachten.
Die christliche Botschaft ist so schön eingebunden. Die Idee des besonderen Adventskalenders inspiriert und fordert dazu auf, gerade in der doch oft stressigen Vorweihnachtszeit besinnlicher und aufmerksamer mit seinen Mitmenschen (und sich selbst) umzugehen. Liebevoller, geduldiger, authentischer, bereit zu guten Taten- eben bereit zur Ausübung von Nächstenliebe und auch vertrauensvoll Gott gegenüber zu sein, wie Franke es treffend und wunderbar in einem meiner Lieblingszitate des Romans formuliert hat: „Es geht darum, dem zu vertrauen, aus dessen Hand alles Leben hervorspross, und das im Kleinen nachzuahmen, was dieser im Großen getan hat.“ (S. 199)
Eine so wunderbare herzerwärmende und erfrischende Geschichte, ich empfehle sie von Herzen gerne weiter. Am besten ist es, man überzeugt sich selbst von dem Roman. Und ja, die Botschaft ist besser als Schokolade :)